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17. Mai 2009 - Luz Maria de Stefano de Lenkait:

Kommentar in Süddeutsche Zeitung (SZ) vom 13.5.09:
„Die Botschaft der Vorsicht“ von Matthias Drobinski,

SZ-Leitartikel vom 15.5.09:
„Papst, Pilger und Politiker“ von Stefan Ulrich

Nicht zu vertuschen: Kernpunkte für eine Friedenspolitik in Nahost.

Der Dialog zwischen Christen und Juden muß auf einer unbestreitbaren ethisch gerechten Basis beruhen und wird um so bereichernder sein, je klarer sich Christen ablehnend zur radikalen Politik der israelischen Regierung äußern. Die meisten Israelis sind keine Juden sowie die meisten Juden keine Israelis sind. Das Judentum ist eine Religion und „Juden“ ist eine ähnliche Bezeichnung wie „Christen“ oder „Mohammedaner“. Diese Unterscheidung ist wesentlich, um uns nicht verwirren lassen.

Abgesehen von einer mehr oder weniger vorsichtigen Kritik an der israelischen Politik ist es am wichtigsten, das Problem aller heutigen Probleme richtig zu begreifen, um es anzupacken, ohne auf Ablenkungsmanöver hereinzufallen und ohne zu gestatten, daß Vertreter der israelischen Regierungspolitik den Spieß unwidersprochen einfach bloß umdrehen.

Der gravierende Punkt der Unverhältnismäßigkeit der israelischen Regierungspolitik ist allgemein bekannt und durch nichts zu rechtfertigen. Deshalb darf das öffentlich geschickte Ausweichen vor dieser auszusprechenden, für alle sichtbaren Unannehmlichkeit der Politik der Olmert-Netanjahu Regierung nicht gelingen.

Die israelische Regierungspolitik hat zu keinem Frieden und zu keiner Entspannung in Nahost geführt, sondern immer wieder zur Eskalation und Verschlimmerung der Lage. Ungeachtet ihrer falschen Politik versucht die rechtsextremistische Clique in Tel-Aviv - unterstützt vom hiesigen Zentralrat der Juden - starrsinnig Israel als Opfer darzustellen, so wie sie es schon immer entlang des israelo-palästinensischen Konfliktes ständig getan hat.

Heute muß ein zu erhöhender starker Druck dringend die Aufhebung der Blockade und die Öffnung der Grenze in Gaza erzielen, und dann muß der Druck aus Washington, London und Paris erreichen, daß sich Israel aus allen geraubten Territorien zurückzieht, die den Palästinensern, Libanesen und Syriern gehören.

Die Verurteilung der Aggressionen Israels durch den vorigen und durch den gegenwärtigen UN-Generalsekretär, Kofi Annan und Ban-Ki-Moon, die Anklagen gegen die Spitze der Regierung Tel-Avivs und die massive Kritik der Blockfreien Staaten an Israel und auch von den Arabischen Staaten im Gouverneursrat der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien am 9.3.07 mit ihrer Forderung nach einer "atomwaffenfreien Zone im Mittleren Osten" sind aktuelle Kernpunkte für eine Friedenspolitik im Nahen Osten.

Anders als der Iran, dem nicht einmal ein militärisches Atomwaffenprogramm nachgewiesen werden kann, verfügt Israel über ein ganzes Atomwaffenarsenal. Mit dieser besorgniserregenden Realität müssen sich Deutschland und die EU befassen.

Washington tut es schon. (Washington Times vom 6.5.09 und Washington Post).

Vor der internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) beklagt die Arabische Liga "Israels Besitz von Atomwaffen als einen eindeutigen Verstoß gegen den Willen der internationalen Gemeinschaft." Zugleich betont der ägyptische Botschafter die Notwendigkeit, daß Israels Atomkapazitäten endlich auf den Tisch der IAEA kommen müssen, denn dies sei "eine ernste Angelegenheit, die nicht verschwinden wird." (Meldung von 10/11.3.07)

Es sei „Israels militärisches Nuklearprogramm, das die arabischen Länder beängstige...“ Es sei bewiesen, daß dieses militärisch sei, so der Generalsekretär der Arabischen Liga in der saudischen Zeitung Al Medina im April 2009. (Meldung vom 12.5.09)

Israel will sich weiter weigern, irgendwelche Änderungen in seiner Atomwaffenpolitik vorzunehmen. Es ist an der Zeit endlich die Teilung Palästinas und die Gründung des Staates Israels durch eine UN-Resolution im November 1947 gründlich zu erforschen, eine Teilung, die unter Umständen von Erpressung und Kauf von Stimmen bei den Vereinten Nationen erfolgte.

Israels wurde als Mitglied in den Vereinten Nationen (11.5.1949) lediglich unter der Bedingung zugelassen, den vertriebenen Palästinensern ihre Eigentümer zurückzugeben oder sie zu entschädigen und ihnen zu erlauben, nach Palästina zurückzukehren. Die Vereinten Nationen bestätigten in wiederholten Resolutionen diesen fairen Standpunkt der Weltstaatengemeinschaft. Die Weigerung Israels führte zu einem vollständigen Impasse. Die Hälfte der Palästinenser wurde zu Flüchtlingen. Unsicherheit für alle Bewohner war die unmittelbare Folge.

Jeder Diplomat weiß, daß Israel in seiner privilegierten Beziehung zur EU auch an den europäischen Menschenrechtsmaßstäben gemessen werden muß. Wie soll die europäische Öffentlichkeit es weiter dulden, daß Israel angesichts der andauernden brutalen Verletzungen von Völkerrecht, Genfer Konventionen und Europäische Menschenrechtskonvention diese EU-Privilegien weiterhin zugestanden werden?

Eine neue Regierung mit einem aufgeklärten Präsidenten ist in Washington angetreten. Nicht aber in Tel-Aviv, wo Rechtsextremisten wie Ehud Olmert und andere an der Spitze der Regierung wegen Kriegsverbrechen angeklagt sind. Ausgerechnet diese friedensstörenden Figuren, diese Extremisten an der Spitze der Macht Tel Avivs, sperren den Weg für einen gerechten Frieden im Nahen und Mittleren Osten.

Trotz aller dunklen Ausweich-, Ablenkungs- und Verwirrungsmanöver israelischer Regierungskreise und ihrer Lobbys wie der Zentralrat der Juden in Deutschland gibt es genug Licht zur Einsicht für alle Israelis, Palästinenser und Araber, um sich aus dieser selbstverschuldeten Hölle heraus zu retten. Die gegenwärtige Bosheit hat jeden menschlichen Maßstab überschritten. Der Gaza-Streifen ist ein Katastrophen-Gebiet geworden. Davon darf nicht abgelenkt werden, auch nicht in Deutschland mit der angeblichen Sorge über Antisemitismus. Eine derartige aggressive Haltung wird durch die untragbare israelische Politik erst hervorgerufen, denn solche Uneinsichtigkeit, Ungerechtigkeit und Unmenschlichkeit der israelischen Regierung sind für jeden sichtbar und erkennbar, vor allem nach dem massiven Morden in Gaza. Ob zu Recht oder Unrecht wird die israelische Regierung mit Judentum gleichgesetzt. Nicht Europa, das sich emanzipiert kritisch äußert, ist hier das Problem, sondern der zügellose Extremismus der Regierung Tel-Avivs. Im Dialog mit Bürgern Israels und Mitgliedern des Rates der Juden in Deutschland ist dieses Problem klarzustellen.

Lobbyisten der israelischen Regierung wie der Zentralrat der Juden können es nicht vertuschen: Auch wenn sie sich weigern, das brutale Ausmaß der israelischen Besatzungspolitik zu erkennen, wird es ihnen nicht gelingen, daß immer mehr Menschen die Wahrheit über das Heilige Land begreifen. Sie kommt früher oder später immer ans Licht.

Luz María De Stéfano de Lenkait,

Juristin und Diplomatin a.D.