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20. November 2007: Nahost-Konferenz ohne internationale Legitimität

zur geplanten Nahost-Konferenz in den USA Ende November

Nahost-Konferenz ohne internationale Legitimität

Der geplanten Nahost-Konferenz von US-Präsident Bush - bisher ohne festgelegten Termin, ohne ausgesandte Einladungen und ohne Agenda - fehlt die internationale Legitimität, nämlich die Beteiligung aller Protagonisten auf der Grundlage der legitimen internationalen UN-Resolutionen, die für die Gründung des Staats Palästina umzusetzen sind. Wie sieht Europa einen palästinensischen Staat, wenn das Territorium dazu besetzt ist und der Besatzer keine Absicht hat, sich zurückzuziehen?

In der UNO-Generalversammlung, nämlich dem Parlament der Weltgemeinschaft, stellen heute die arabischen, islamischen und mit ihnen verbündete Dritte-Welt-Staaten die große Mehrheit. Und: Kein anderer Staat der Welt wird so oft mit UN-Resolutionen konfrontiert wie Israel. Schwerwiegend genug, um darüber nachzudenken.

Der Abzug aus dem Gaza-Streifen 2005 wäre ein Anfang für eine Normalisierung der Beziehungen zwischen Israelis und Palästinenser gewesen, vorausgesetzt israelische Siedlungen im Westjordanland wären nicht zugleich ausgebaut worden. Diese Tat wurde von der Öffentlichkeit bei ihrem Enthusiasmus über den israelischen Gaza-Abzug völlig übersehen. Seitdem ist das Westjordanland an der Reihe, wo nicht 8.000 Siedler wie im Gaza-Streifen leben, sondern 270.000, und es werden emsig weiter Häuser dort gebaut aller internationaler Kritik zum Trotz. Das erzeugt weitere Konflikte, keinen Frieden.

Israel verfolgt nicht nur gegen die Palästinenser und ihr Territorium eine aggressive Politik, sondern auch gegenüber seinen Nachbarn mit verhängnisvollen Folgen für Israel selbst: Am Ende des ersten Libanon-Kriegs 1982 mussten Blauhelm-Soldaten den Abmarsch der israelischen Truppen beobachten und gleichzeitig der libanesischen Armee den Rücken stärken. Gleichzeitig konnte sich die Hisbollah unter UN-Augen als stärkste Kraft im Südlibanon etablieren. Der Angriffskrieg Israels gegen den Libanon Juli-August 2006, geführt mit Rückendeckung, wenn nicht gar auf Initiative der Vereinigten Staaten, hat weiter die Hisbollah gestärkt. Dieser israelische Angriffskrieg war der vorerst letzte Schritt auf dem Kriegskurs Richtung Teheran.
Jedoch scheiterte dieser Erprobungskrieg ebenso wie der Irak-Krieg.

Im November 1947 verabschiedete die UN mehrheitlich eine Vorlage, welche die Teilung des damaligen Palästina in einen jüdischen und einen arabischen Staat vorsah. Die arabischen Staaten aber lehnten die Resolution ab. Im Mai 1948 hatte David Ben Gurion die Gründung des Staates Israels bekanntgegeben. Kurz danach überfielen fünf arabische Anrainerstaaten Israel. Die UN-Resolution 3379 verurteilte den Zionismus als "Form von Rassismus".

Mit derselben Energie, mit der die Vereinten Nationen den Staat Israel mit Resolutionen überziehen, ignoriert Israel diese, hauptsächlich die völkerrechtlich verbindlichen UN-Resolutionen 242 und 338, die die Aufgabe sämtlicher von Israel seit 1967 besetzten Gebiete fordern. Somit wurde die Gründung des Staates Palästina vernachlässigt bis heute noch und gezielt unterminiert durch die Siedlungspolitik derSharon- und Olmert-Regierungen. Die heutigen Versprechen und Parolen einer sich verweigernden israelischen Regierung gehen ins Leere wegen ihrer Unglaubwürdigkeit. 440 palästinensiche Gefangene freizulassen
von insgesamt mehr als 11.000 und das als "Geste guten Willens" zu verkaufen, wirkt höhnisch.

Die furchtbaren menschenverachtenden Attentate palästinensischer Selbstmörder sind ein entsetzliches Zeichen der Verzweiflung, in die sich die palästinensische Bevölkerung Tag für Tag in ständigem crescendo in einer unvorstellbaren Hoffnungslosigkeit hineingetrieben sieht.

Deutschland, Europa und die USA, alle Vermittler, aber vor allem Israel selbst als Hauptprotagonist, müssen die gesamte Lage im Nahen-Osten seit ihrem Ursprung betrachten: Ein Staat wurde auf einem Territorium, wo zwei Völker lebten, gegründet, aber nur eines von ihnen wurde Subjekt des gegründeten Staates, während das andere Volk als Paria verfolgt, von Grund und Boden, Haus und Hof vertrieben und enteignet wurde. So erfolgte Haus- und Landnahme als Politik Israels über 60 Jahre hinweg seit der Staatsgründung. Die Weltgemeinschaft hat dieser zum Himmel schreienden Ungerechtigkeit tatenlos zugesehen, trotz

zahlreicher UN-Resolutionen, die von Israel absolut unbefolgt geblieben sind, eine Lage, die heute, mehr als ein halbes Jahrhundert später, außer Kontrolle geraten ist. Auf allen Seiten.

Es muss ein Weg zurück auf die Bahn der verloren gegangenen Gerechtigkeit und Zivilisation gefunden werden. Israel muss sich von den okkupierten Territorien zurückziehen und so, wie damals der Staat Israel für das israelische Volk, muss heute der Staat Palästina für das palästinensische Volk innerhalb völkerrechtmäßig vorgesehenen Grenzen gegründet werden. Mit vollem Einverständnis Israels entsprechend dem Willen der großen Mehrheit der israelischen Bevölkerung. Beide Staaten sind dann aufgerufen, die Entwicklung der Region durch Abrüstung und Entwaffnung voranzutreiben. Daran ist die globale Dimension des Friedens im Nahen-Osten objektiv zu messen. Dann und nur dann ist ökonomische Hilfe angebracht, sowohl für Palästina wie für Israel.

Harte Kritik an der Politik der Regierung Olmert ist keineswegs eine anti-israelische Haltung und noch weniger antisemitisches Empfinden, wie die Falken unter den israelischen Lobbyisten jede Kritik an ihnen umzudrehen oder zu diskreditieren versuchen. Im Gegenteil. Gegen diesen gefährlichen Trend haben sich viele intelligente kritische Stimmen innerhalb des intellektuellen Milieus Israels erhoben und zwar seit 1967. Universelle Ideale sind korrumpiert worden, seit Israel begann, ungestraft wehrlose Palästinenser zu unterdrücken, sie zu enteignen und ihr Land zu besetzen in Verstoß gegen unzählige UN-Resolutionen. 

Es ist höchste Zeit, das Völkerrecht in den Vordergrund zu rücken und sich daran zu halten - nicht nur für eine dauerhafte Lösung des Nahost-Konflikt, sondern für alle internationalen Beziehungen.

Luz María De Stéfano de Lenkait,

Juristin und Diplomatin a.D.