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12. Mai 2009 - Luz Maria de Stefano de Lenkait:

Iran und Israel

Woher der Wind weht

Es sollte selbstverständlich sein, dass niemand, weder die USA noch die Bundesrepublik, dem Iran je das Recht der zivilen Nutzung der Atomenergie abspricht, ein Standpunkt, der bisher nicht offiziell von diesen Regierungen veröffentlicht ist. Um so deplazierter die Dreistigkeit der Merkel-Bundesregierung an der Seite der Bush-Regierung, eine Vorbedingung für Gespräche und Annäherung dem Iran gestellt zu haben, nämlich den Stopp der Uran-Anreicherung, die gerade für die zivile Nutzung notwendig ist und deshalb eine völlig inakzeptable Forderung. Noch billiger und beschämender war die sogenannte europäische “Diplomatie” von “Zucker und Peitsche” gegenüber dem Iran, worüber deutsche Presseorgane bedenkenlos geschrieben haben.

Nun wäre es wünschenswert in Anbetracht der fehlgeleiteten Außenpolitik in dieser Beziehung Klarheit in den Medien zu schaffen. Wie jeder feststellen kann, ist die Debatte schief gelaufen. Internationale Beziehungen beruhen auf gegenseitigem Vertrauen. Iran hält sich an internationale Abkommen, auch an den NPT. Bekanntgegebene Berichte der IAEA und das Wort des IAEA-Direktors lassen keinen Zweifel darüber. Nicht aber andere Länder, ausgerechnet diejenigen, die mit dem Finger auf den Iran zeigen. Nach dem Rechtsgrundsatz der Bona Fide, fällt die Beweislast auf diejenigen, die das Gegenteil dem Iran unterstellen. Ja, die Rechtslage ist an der Seite Irans, der gar nicht verpflichtet ist, etwas zu beweisen.

Tatsachen, die niemand leugnen kann, da überprüfbar, sind unter anderen:

1. Iran ist Mitglied des Nichtverbreitungsvertrags von Atomwaffen (NPT-Vertrag). Niemals hat Iran diesen Vertrag gebrochen, wie die zuständige Behörde festgestellt hat (Internationale Atomenergiebehörde, Wien);
2. Der Iran hat für eine atomwaffenfreie Welt und für eine atomwaffenfreie Zone im Mittleren und Nahe Osten mehrfach plädiert. Seine offizielle Position ist international bekannt.
3. Der Iran hat niemals ein Land bedroht oder angegriffen in den letzten 30 Jahren. Er hat auch nicht das Existenzrecht Israels aberkannt.
4. Der Iran hat nicht nur keine Atomwaffen, sondern hat auch mehrfach erklärt, keine Atomwaffen haben zu wollen.

Alles Gegenteilige sind Behauptungen anderer.
Wer sind diese anderen?
Und wie sieht ihre Außenpolitik aus?
Was zeigen ihre Taten?

Die Beantwortung dieser Fragen im Vergleich mit der offiziellen Position Irans würde genügen, zu aufklärenden Schlußfolgerungen in dieser strittigen Angelegenheit zu gelangen.

Die Position vom Iran ist der Öffentlichkeit lange Zeit bekannt. Sie war von Anfang an konsistent: Kein Verzicht auf sein verbrieftes Recht der friedlichen Nutzung der Kernenergie. Das Problem für die deutsche Presse rührt aus einer zweideutigen Stellung der deutschen Bundesregierung, nämlich einerseits gemeinsame Sache mit den Washingtoner und israelischen Falken machen zu wollen, andererseits nicht ungerecht gegenüber dem Iran zu sein, beides unvereinbar miteinander, was zu einer unglaubwürdigen und daher unwirksamen Außenpolitik geführt hat. Von Anfang an zum Scheitern und zu Mißkredit verurteilt. Die Antwort vom Iran ist längst bekanntgegeben, sogar im Original-Ton des iranischen Präsidenten gut dargestellt von einem hoch professionellen unabhängigen Sender wie BBC-World (4.6.2006 um 8 Uhr) und hat sich nicht geändert: Kein ernsthaftes Angebotspaket wird ein Verzicht auf ein verbrieftes Recht bedeuten. Deutsche Journalisten dürfen die Konsistenz der iranischen Position nicht verkennen, so dass sie die Lage sachlich angemessen einschätzen können.

Die Welt weiß, woher der Wind weht: Aus einem Land, das sich wiederholt als Aggressor im Nahen-Osten darstellt, unbestreitbar im Besitz von 200 Atombomben ist, sich gegen den Friedensprozeß in Palästina stellt und neulich als Kriegsverbrecher vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag auch von den Vereinten Nationen angeklagt ist. Gegen dieses Land unternimmt die EU bisher keinen harten Kurs, keine Sanktionen, obwohl nur die Härte sich wirksam gegenüber einem extrem radikalisierten Land zeigt: Unter Druck des Weißen Hauses mit dem Präsidenten Barack Obama hat Israel jetzt ein Teil der geraubten Territorien an den Libanon zurückgegeben (Meldung vom 5.5.09). Europa manifestierte sich als eine Eskorte der israelischen Falken, als es Irans gutes Recht nicht eindeutig anerkennen will, Technologien für die friedliche Nutzung der Kernenergie zu entwickeln und zu nutzen, dazu die Urananreicherung. Das Recht eines Landes steht nicht zur Disposition, zumindest für alle diejenigen Staaten, die das Völkerrecht und die Prinzipien der Rechtstaatlichkeit achten. Das Recht ist nicht Objekt für Kompromisse, denn dass der Iran die Kernenergie nutzt, ist völkerrechtsmäßig nach internationalen Verträgen, die alle Parteien verpflichten. So ungeschickt selbstgerecht hat Europa agiert, dass genau das, was es vermeiden will, nämlich die Produktion von Atomwaffen, seine falsche ungerechte törichte Politik provozieren könnte. Iran hat sich mehrmals für eine friedliche Welt geäußert und sich für eine atomfreie Welt entschieden, obwohl das Land von atomaren Staaten umgeben ist, von Israel bis Rußland, Indien und Pakistan. Wer bedroht wen? Es ist eine Sache der ungestörten Wahrnehmung, auf die sich die SZ einlassen sollte, damit die Einseitigkeit und Befangenheit der Sicht in Deutschland aufhört. Solche Befangenheit und Einseitigkeit wurde schon vor einiger Zeit bloßgestellt durch die Sendung “Krieg in Nahost” in Arte, am 8.8.2006, 20,40 Uhr. Eine hervorragende Sendung.

Nicht nur für einen stabilen und glaubwürdigen Frieden in der Region ist die Entwaffnung Israels dringend erforderlich, sondern weil Israels Atomwaffen auch Europas Existenz seit langem bedrohen, besonders seit eine rechtsradikale extremistische Clique hinter der Regierung Israels steht, eine Clique ohne Friedenswillen, die den Friedensprozeß absichtlich blockiert und in eine Sackgasse geführt hat. Jetzt wird diese Angelegenheit so gefährlich wie nie zuvor. Israel ist umgehend Einhalt zu gebieten.

Eine konstruktive Initiative im Zusammenhang mit der Vision des amerikanischen Präsidenten, Barack Obama, eine atomwaffenfreie Welt zu schaffen, bestünde darin, eine atomwaffenfreie Nahost-Region und eine atomwaffenfreie Europa-Region zu fördern. Deutschland könnte in der Tat dabei Impuls geben, indem es das stationierte nukleare Arsenal von deutschem Boden verschwinden läßt. Iran würde sicherlich dafür kooperieren, was die Nahost-Region betrifft.

Allerdings müssen sich Europa und die USA auf konkrete Schritte verpflichten, anstatt immer noch auf der irrationalen, selbstzerstörerischen Abschreckung mit der Androhung des atomaren Erstschlags zu beharren. Gerade hier, bei diesem entscheidenden Punkt von Sein oder Nicht-Sein der sogenannten Sechs-Industrie Staaten-Gruppierung, fehlt die notwendige Einschätzung und Bewertung in der gesamten führenden deutschen Presse.

Wenn Europa, wenn der Westen den Abrüstungswillen hätte, vor allem, den Willen auf die atomaren Waffen zu verzichten, dann würden sie sich nicht so sehr um Teheran kümmern, sondern vor allem um Israel und auch um sich selbst, um die atomaren Arsenale aus dem Kontinent zu beseitigen, wie es die Rationalität und das Rechtsverständnis längst gebieten. Dieser notwendige Schritt wäre in ihrem eigenen Interesse, aber auch im Interesse der globalen Abrüstung, denn nach so vielen Worten, nach so vielen offiziellen Erklärungen seit 1958 müssen jetzt Taten folgen. Es ist die Glaubwürdigkeit des erklärten Willens zur Abrüstung, die auf dem Prüfstein steht, wie der amerikanische Präsident Barack Obama richtig erkannt hat.

Die Nichtverbreitungsvertrag von Atomwaffen , auch Atomwaffensperrvertrag genannt (NPT) ist seit 1970 in Kraft. Er verpflichtet die Vertragspartner zu umfassender Abrüstung aller Atomwaffen und Einstellung ihrer Produktion, was bisher nicht geschehen ist. Im Gegenteil setzt man eine Modernisierung fort, die trotz des unterzeichneten Vertrages weiter betrieben wird. Verträge sind internationales Recht. Wohin eine Mißachtung von Recht und Gesetz führt, weiß Deutschland seit der Nazi-Zeit mit allen fatalen Folgen so tragisch wie nie zuvor.

Das Problem muß da angefaßt werden, wo es begann. Nicht Teheran, weder Nordkorea, noch Indien begannen mit dem Wahn von Atombomben, sondern die USA. Als einzige Demokratie sind es die USA, die dieses zerstörerisches Potential einmal skrupellos benutzten und wiederholt kriminell damit gedroht haben.

Der Sicherheitsrat kann und darf das Völkerrecht nicht ersetzen, er kann es auch nicht neu schaffen. Das statuierte Völkerrecht für die Vereinten Nationen ist die UN-Charta. Der Sicherheitsrat ist gemäß dieser Charta nicht einzuberufen, sich damit zu befassen, wenn jemand den Verdacht sät, ein Staat plane oder hätte die Atombombe, sondern nur im Fall einer Aggression oder Friedensgefahr.

Die beste Antwort auf den unzulässigen impertinenten Druck der israelischen Falken ist, den Besitz Israels von Atombomben zu thematisieren.

Vernichtung, Tod und Bedrohung sind in der Tat faschistische Einstellungen und Handlungen. Sie sind den Vereinten Nationen fremd und der Internationale Gerichtshof der Vereinten Nationen bezeichnet sie deshalb als illegitim. Eine einstimmige Resolution der internationalen Richter in Den Haag hat infolgedessen deutlich die NATO-Strategie als illegal, völkerrechtswidrig erklärt (8.7.1996).

Luz María De Stéfano de Lenkait