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20. Dezember 2011 - Luz Maria de Stefano de Lenkait:

Leitartikel in Süddeutsche Zeitung (SZ) vom 16.12.2011:
„Am Ende des Krieges“ von Stefan Kornelius

Neues Denken in Europa

Stefan Kornelius, Ressortleiter Außenpolitik der Süddeutschen Zeitung (SZ), ist dabei zu erkennen, dass die US-Regierung von George W. Bush, der als amerikanischer Präsident den Irak-Krieg 2003 führte, „ein großes Unrecht begangen hat“. In seinem Leitartikel „Am Ende des Krieges“ vom 16.12.2011 zweifelt er zutreffend: „Hätte das große Unrecht, das diese US-Regierung mit dem Krieg begangen hat, je wieder gut gemacht werden können?“ Stefan Kornelius Frage ist völlig berechtigt. Aber nicht nur die falschen Kriegsbegründungen des zweiten Irak-Kriegs klagen die Politik der amerikanischen Regierungen an, sondern genauso jene unsäglichen Umstände, die zum ersten Irak-Krieg im Januar 1991 führten, den George Bush Sr. zu verantworten hat.

Jener erste verhängnisvolle Krieg gegen den Irak konnte nur aufgrund einer Menge gut verstrickter amerikanischer Intrigen und Finten stattfinden. Dieses Vorgehen bildet bis heute das Muster für alle weiteren perfiden US-Aggressionen. Deutschland, damals unter der Regierung von Helmut Kohl und Hans-Dietrich Genscher, war strikt gegen den Angriff auf den Irak. Letztendlich hatte die deutsche Regierung fast 12 Milliarden D-Mark an die USA gezahlt, um sich direkten Kriegsaktivitäten zu entziehen. Daher entsteht der Verdacht, dass die spätere Affäre mit den schwarzen Koffern die Rückgabe eines Teils dieses Geldes als kleine Aufmerksamkeit von den Washingtoner reaktionären bellizistischen Kräften an die CDU sein konnte, denn eine solche politische wie finanzielle Unterstützung seitens der CDU wollte man sich auch für die Zukunft sichern.

Es ist an der Zeit, diesen wiederholten verheerenden Weg in den Krieg und Kriegseinsatz gründlich zu recherchieren und an den Pranger zu stellen. Wenn nicht in den USA, mindestens in Europa. Eine öffentliche Aufarbeitung hat bisher nicht stattgefunden, nicht einmal ansatzweise. Während die deutsche Bevölkerung erheblich gegen den Krieg eingestellt bleibt, stehen weiterhin die großen Privat-Medien und eine stagnierende CDU-FDP-SPD-Politik hinter dem Krieg als Mittel von Politik, aber glücklicherweise nicht geschlossen. Stefan Kornelius ist aufgerufen, diese lebenswichtige Debatte für die Außenpolitik zu eröffnen, damit es hierzulande endlich zu Korrekturen und klaren Grundsätzen kommt, die mit dem Völkerrecht vereinbar sind. Er darf nicht erwarten, dass erst einmal in den USA eine solche Arbeit geleistet wird, weil sie dort nicht opportun ist, da die USA kein Interesse daran haben können, ein bewährtes Muster für ihre weitere Weltherrschaftspolitik zu demontieren.

Nach dem verheerenden Irak-Krieg 1991 folgten die US-geführten Aggressionen gegen Jugoslawien 1999, gegen Afghanistan 2001, der zweite Krieg gegen den Irak 2003 und die grausame Aggression gegen Libyen 2011. Alle nach demselben Muster des Golfkriegs 1991, nämlich nach konstruierten Kriegsgründen, Intrigen und Finten. Alle mit desaströsen Folgen, die nicht nur die USA, sondern auch Europa bislang nicht bereit sind, einzugestehen. Die Paralyse Amerikas in Bezug auf eine Aufarbeitung der verübten Ungerechtigkeit und Unverhältnismäßigkeit ihrer kriegerischen Außenpolitik ist kein Grund für eine ähnliche Paralyse Europas. Was Washington tut oder nicht tut, muss für Europa ganz egal sein, wenn es hier darum geht, das richtige zu tun. Diese Entscheidung müssen die Europäer treffen, wenn nicht die Politiker, dann alerte Journalisten wie Stefan Kornelius. Sie sind aufgerufen, den ersten Schritt zu tun, damit die Radikalität, der Extremismus und die Unverhältnismäßigkeit der US-Gewaltpolitik analysiert und entlarvt wird, die ganze verhängnisvolle Kette der militärischen Kriegsaggressionen seit dem Irak-Krieg 1991.

Der erste Golf-Krieg wies mit dramatischer Deutlichkeit darauf hin, wie dringend es ist, eine wirksame gesamteuropäische Sicherheitsstruktur zu errichten. Der Kalte Krieg war nicht beendet worden, um Konflikte mit dem Süden zu verschärfen oder sie sogar zur Eskalation zu treiben. Welche Rolle spielte hier die sogenannte zivilisierte Welt? Der Westen hat beim Golf-Krieg seine Grundprinzipien als bloße Worte über Bord geworfen, gerade dann, als die politischen Umstände die Regierungen herausforderten, ihre Absichtserklärungen in der Tat zu beweisen. Die damalige Situation am Golf im August 1990 stellte eine konkrete Gelegenheit dazu dar. Jedoch war die Welt Zeuge des Gegenteils.

Die erste „Supermacht“ der Welt, die sich aufgrund des fehlenden europäischen Gewichts die Führung in der Welt um jeden Preis anmaßt, hatte 1991 im Alleingang einen massiven militärischen Einmarsch in der Golfregion vollzogen. Die USA wollten die UN-Sanktionen gegen Irak notfalls mit militärischer Gewalt durchsetzen. Nach ihrer Alleinentscheidung wollten sie den Irak auch von Lebensmittellieferungen abschneiden, um die irakische Bevölkerung zum Hunger zu zwingen. Diese Position, die der Position der Völkergemeinschaft nicht entsprach und ein Verstoß gegen die UN-Charta darstellt, wurde damals lediglich von Großbritannien unterstützt. Gleichzeitig versuchte Washington von Anfang an den Konflikt zu internationalisieren, ohne eine politische Lösung abzuwarten und sie innerhalb der arabischen Welt zu befürworten.

Europa wollte sich in dieses abenteuerliche internationale Manöver keineswegs hineinziehen lassen. Aber es hatte nicht gleich verantwortungsvoll reagiert und entsprechende Initiativen ergriffen. Vor allem Deutschland hätte schon damals für die friedliche Beilegung des Konflikts eine Vermittlerrolle spielen und militärische Maßnahmen bremsen müssen. Worin liegt sonst die Lehre, die es aus zwei Weltkriegen gezogen haben muss? Haben die europäischen Länder, hat Deutschland tatsächlich dem Militarismus abgeschworen?

Bei der ersten Golf-Krise ging es natürlich nicht lediglich darum, das Grundgesetz auszulegen. Vielmehr handelte es sich darum, eine Außenpolitik nach Prinzip und Recht folgerichtig zu treiben und die Interessen – alle Interessen, arabische wie westliche – danach abzuwägen. Die Außenpolitik Deutschlands muss dem Frieden dienen. Auf keinen Fall darf sie wieder einen Krieg in Kauf nehmen.

Nach mehr als 2000 Jahren schien die zivilisierte Welt von der Weisheit Sokrates nichts gelernt zu haben. Es sind nicht die Institutionen, die fehlerhaft sind, sondern die Menschen. Der Mensch, der immer noch korrupt ist. Die Tragödie der Welt heute wie damals liegt darin, dass das Recht noch nicht in voller Kraft ist. Das Recht als die Auslegung der Gerechtigkeit oder als unermüdliche Suche nach ihr und entsprechendes Handeln steht über den Gesetzen, die verändert werden können und müssen, wenn sie nicht mehr mit dem Recht, mit dem Gerechten vereinbar sind.

Im Golf-Konflikt ist ein Staat zu weit gegangen. Seit dem Vietnam-Krieg hatten die USA einen Schritt solchen militärischen Ausmaßes nicht unternommen. Schon damals waren die laufenden Kosten jener Militärexpedition exorbitant. Eine US-Militäraggression nach der anderen katapultierte die US-Schulden in schwindelnde Höhe, tödlich für die ernsthaften Sparprogramme der US-Regierung und eine Katastrophe für die Weltwirtschaft, wie sich auch in der andauernden Finanzkrise heute beweist.

Jenseits eines solchen Irrsinns war die militärische Einmischung der USA in der Golf-Krise umso gefährlicher, als die Rechtsgrundlage für diesen Alleingang völlig fehlte. Die Verwundbarkeit des Friedens erscheint offenkundig, wenn das Recht und die Kräfte der Institutionen nicht mehr gelten, sondern der Opportunismus und die Politik der Stärke herrschen, die sich vorgeblich als bloße Reaktion auf eine Unrechtstat durchsetzen wollten. Diese Exzesse waren schon offensichtlich bei der Golfkrise 1990.

Zu banal schien die Aussage des Weißen Hauses, Sadam Hussein mit Hitler zu vergleichen. Die Außenpolitik der USA hat zur Gewohnheit, einen Regierungschef mit Anschuldigungen der Psychopathie oder irgendeiner Perversion vor der internationalen Öffentlichkeit zu diskreditieren, wenn die USA in Konflikt mit ihm geraten ist, einen Konflikt, den sie nur mit Rambo-Gewalt zu beenden wissen. Dies ist fatalerweise die Außenpolitik der USA nicht nur in Lateinamerika gewesen (Fidel Castro, Salvador Allende, Noriega), sondern auch gegen Ghadafi. Amerika kannte keine Skrupel, beim Golf-Konflikt einen dritten Weltkrieg in Kauf zu nehmen. Diese Region war schon 1991 mit Mittelstrecken-Raketen und Chemiewaffen, die von den Großmächten dorthin geliefert wurden, hoch gerüstet.

Die Suche nach einer politischen Lösung und einen entschlossenen Beitrag zur De-Eskalation der Spannungen am Golf damals zu leisten, war dringend und sie war möglich. Irak war bereit zum Dialog. Der irakische Außenminister erklärte öffentlich, sein Land habe keine Absicht Saudi-Arabien anzugreifen. Irak bedrohe das Nachbarland weder direkt noch indirekt. Übertriebener Argwohn nutzten die USA offensichtlich aus, um sich ein Hilfsgesuch seitens Saudi-Arabien mit dem Ziel zu sichern, den militärischen US-Einmarsch im Golf-Gebiet zu ermöglichen. In Anbetracht des militärischen Ausmaßes der amerikanischen Mobilisierung am Golf wurde sie von der arabischen Welt als Bedrohung wahrgenommen. Mit Recht stellte sich damals der Zweifel ein, ob eine solche Inkursion nur defensiv war oder ob dahinter nicht die Absicht steckte, einen Angriff auf den Irak und damit auf die Araber zu beginnen, was der Anfang eines totalen Krieges in der Golf-Region gewesen sein konnte, dessen Folgen nicht abzusehen waren. Die Fakten führen uns heute zur letzten Erkenntnis.

Das Weiße Haus irrt sich gewaltig, wenn es glaubt, auf diese Weise seinen seit dem Schah Reza Pahlavi verlorenen Einfluss im Nahen Osten zurückzugewinnen. Washington unterschätzt völlig die Bedeutung des Islams, dessen Kraft sich in Hass gegen Amerika verwandeln kann und dadurch in Hass gegen den Westen, wenn die Europäer sich an diesem abenteuerlichen Manöver in Abstimmung mit den Amerikaner beteiligen. Gerade das ist durch die daraus folgenden westlichen Attentate gegen arabische Ländern geschehen.

Der Einfluss des Westens wäre dort besser gesichert und solider, wenn es zu einer friedlichen, langfristig stabilen Lösung des Konflikts im gesamten Nahen Osten gekommen wäre. Dazu müssten die Amerikaner jedoch auch bereit gewesen sein, alle Interessen zu berücksichtigen und nicht aus partieller Sicht zu agieren. Schließlich hätte nicht nur die Besetzung Kuwaits (2. August 1990), sondern auch die Besetzung palästinensischer Gebiete geklärt werden müssen, denn die palästinensische Frage bleibt in der arabischen Welt immer gegenwärtig und war natürlich bei der Golf-Krise 1990 nicht auszuschließen.

Die Welt darf nicht vergessen, dass die Existenz Israels das Ergebnis einer Entscheidung der Völkergemeinschaft in den Vereinten Nationen war und nicht die Konsequenz der Ausübung des Selbstbestimmungsrechts der betroffenen Menschen. Mit der Gründung des Staates Israel wurde das Recht der Palästinenser, ihre Zukunft selbst zu bestimmen, missachtet. Die Umständen, unter denen die Staatsgründung Israels in New York (29.11.1947) zustande kam, waren sehr dubios. Die offiziellen Akten enthalten Indizien von Bestechungen einiger Delegationen (2. Session der UN-Vollversammlung, New York, 27.11.1947; US Congressional Record, 18.12.1947; Chicago Daily Tribune, 9.2.1948; „What Price Israel?“, A. Lilienthal. Chicago, 1953). Viele Länder enthielten sich der Stimme. Daher kann die Welt mit Recht von Israel erwarten, dass die Defizite bei seiner Staatsgründung jetzt endlich durch eine folgerichtige Politik korrigiert werden.

„Die Zeit für eine internationale Nahost-Konferenz ist reif, um die Zukunft der Region zu sichern.“ hob der damalige Präsident der UNO-Vollversammlung, Guido de Marco, hervor (7.1.1991).

Im Zusammenhang mit dem Golf-Krieg wurde Europa, vor allem Deutschland, laut kritisiert. Der britische Premierminister John Major warf Europa Unreife für eine einheitliche Außenpolitik vor. Er hatte recht. Aber seine Schlussfolgerungen waren falsch.

Wäre Europa durch eine eigenständige meinungsführende Außenpolitik rechtzeitig und mit Entschlossenheit für die politische Lösung des Konfliktes am Golf eingetreten – vor allem Deutschland, Österreich, Spanien, Dänemark, Italien und Frankreich – wäre jener Krieg 1991 nie ausgebrochen. Gegenüber den Vereinigten Staaten und Großbritannien hätte Kontinental-Europa fähig seine eigene Positionen vertreten und konsequent danach handeln müssen, auch wenn dies alles anders gewesen wäre als etwa die militärische Intervention oder die durch Hegemoniestreben und gewaltsame Unterdrückung anderer Völker geprägte angelsächsische Außenpolitik. Fehler der Vergangenheit müssen durch einen Wandel in Europa, durch ein neues Denken, durch ein neues Europa endlich korrigiert werden.

Bei der Golf-Krise handelte es sich darum, das Vorgehen der angelsächsischen Achse am Golf als Konsequenz der weltbeherrschenden alten Sheriff-Rolle der Außenpolitik der Vereinigten Staaten zu korrigieren. Indem sie schon damals das dominante militärische, ja kriegerische Element ihrer Weltpolitik wiederbelebten, widersprachen Washington und London dem Wunsch der Völkergemeinschaft nach Frieden und konkret der Berufung einer Nahost-Friedenskonferenz durch den UNO-Generalsekretär oder durch den Präsidenten der UNO-Vollversammlung, um den Einsatz politischer Mittel im Rahmen der Gleichbehandlung und Achtung alle Völkerrechtsprinzipien zu garantieren.

Abgesehen davon, dass Israel zur Eskalation des Konflikt antrieb und zur Anheizung eines Angriffskriegs genauso wie heute gegen den Iran, war es die angelsächsische Kriegspolitik und die ständige Blockade einer politischen Lösung am Golf bis zur Ablehnung eines europäischen Friedensplans und eine hoch intrigante US-Diplomatie, was entscheidend letztendlich zu Gewaltausbrüchen führte.

Unabhängig von der irakischen Besetzung Kuwaits (2. August 1990), die einen Angriff auf die Souveränität eines weltweiten anerkannten Staates darstellte, und als solcher von den Vereinten Nationen verurteilt und mit dem multinationalen Embargo bestraft wurde, hingen die Ansprüche Iraks auf Kuwait mit der Geschichte der britischen Mandatsgebiete im Nahen Osten zusammen. Vor diesem Hintergrund war die Haltung des State Departments bemerkenswert, als Tage vor dem irakischen Einmarsch in Kuwait, der Präsident vom Irak die US-Botschafterin in Bagdad, Mrs. April Gillespie, zu sich bestellte (25.Juli 1990), um ihr seine Ansprüche auf Kuwait darzustellen. Die amerikanische Botschafterin antwortete: „Wir haben keine Meinung zu dem interarabischen Konflikt wie zu Ihrer Grenzdifferenz mit Kuwait. Dies ist eine alte Anordnung, die James Baker seinem Sprecher zu bekräftigen angeordnet hat“. Noch mehr: Als Folge einer Erklärung von Verteidigungsminister Dick Cheney bat der Auswärtige Ausschuss des amerikanischen Kongress am 31. Juli, den Beauftragten für den Nahen Osten, Staatsminister John Kelly, das Engagement der Vereinigten Staaten zur Sicherung Kuwaits zu erklären, wenn dieses Land angegriffen würde. John Kellys Antwort war: „Wir behaupten die Unabhängigkeit und die Sicherheit der befreundeten Staaten in der Region. Seit der Truman-Administration unterhalten wir Marine-Streitkräfte in dieser Zone, aber wir haben keine Verteidigungsverträge mit den Golf-Staaten. Das ist klar.“ Der Auswärtige Ausschuss fragte weiter: „Ist es richtig zu sagen, dass wir kein Engagement haben, das uns verpflichtet, amerikanische Streitkräfte zu schicken?“ Kelly: „Das ist richtig“.

Diese Stellungnahme vom US-Staatsminister John Kelly wurde vom BBC-World Service verbreitet und in Bagdad gehört. In jenen entscheidenden Stunden wurde sicherlich diese Erklärung des US-Beauftragten für den Nahen Osten als ein Zeichen an Saddam Hussein verstanden, die Vereinigten Staaten würden bei dem irakischen Einmarsch in Kuwait nicht intervenieren. („Histoire secrète de la crise du Golfe“. Le Figaro, 23.1.1991)

„Die USA kämpfen am Golf vor allem um ihren Platz in der zukünftigen Weltordnung. Nur militärisch blieben die USA noch stark am Ende dieses 20. Jahrhunderts. Doch nach dem Zerfall des sowjetischen Imperiums schien militärische Stärke nicht mehr gefragt... Egal wie der Kampf um Kuwait endet, für Bush könnte er das Ende seiner Präsidentschaft bedeuten, für die USA das Ende ihrer Führungsrolle“. (Wirtschaftswoche Nr.5, 25.1.1991).

Eine Regierung, die weltweit als beispielhaft, demokratisch, die Menschenrechte achtend gelten will, und die gleichzeitig darüber spekuliert, wieder Atomwaffen einzusetzen, „um den Krieg zu gewinnen“, um so die führende Macht der Welt zu bleiben, ist es nicht wert, nicht einmal den letzten Platz in der zukünftigen Weltordnung zu haben. Die Welt muss sich heute dagegen wehren, bevor es zu spät ist. („Amerikas Vizepräsident Dan Quayle: USA halten Atomwaffen Einsatz für denkbar“. SZ 2/3 Februar 1991. „Schould a nuclear Bomb be used against Irak?“. Time International Nr.5, 4.2.1991)

Dass diese wahnsinnigen unberechenbaren Ziele mit Resolutionen der UNO gedeckt werden können, kann niemanden vernunftgemäß überzeugen. Vielmehr beweist diese Perversion, die Unwirksamkeit, das Scheitern dieser Welt-Institution und ihre Ausnutzung als bloßes Instrument einer Rekolonisierung. Die unglücklichen UNO-Sicherheitsresolutionen, die von den kriegerisch handelnden Mächten als ein Blankoscheck für ihren totalen Krieg gegen den Irak pervertiert worden sind, erinnern an das Ermächtigungsgesetz, als eine Bekundung des groben Irrtums einer Majorität, welche die Machtergreifung Hitlers legalisierte. Die Vereinten Nationen sind die Nachfolger des Völkerbundes, die eine Liga von kolonialen Mächten war. Die UNO arbeitet seit ihrer Gründung 1945 nach demselben Muster dieses Völkerbundes. Nur wenn die Organisation der Vereinten Nationen sich wandelt und dann auf solidem demokratischen Fundament steht, wird sie sich nicht mehr ohne weiteres benutzen lassen, um brutalste Verstöße mit höchst technisierter Gewalt zu decken. Die herrschende Prozedur ist diktatoriell. Sie lässt zu, dass eine Minderheit von wenigen Staaten im Sicherheitsrat durch ihr Veto eine mehrheitliche Entscheidung annulliert und ihre Position im Namen der Völkergemeinschaft durchsetzen kann gegen die deutliche Mehrheit im selben Organ und gegen die noch größere Mehrheit der Vollversammlung, in der alle Völker und Staaten der Welt vertreten sind. Auf diese Weise garantiert der Sicherheitsrat, dass die Interessen der alten westlichen imperialen Mächte (Großbritannien und Frankreich) und die heutige Supermacht, nämlich die USA, ständig gesichert bleiben, denn Russland und China sind diplomatisch noch nicht stark genug. Dieses willkürliche Verfahren war damals beim Golfkrieg 1991 und bleibt heute gravierender denn je, denn gerade an den kriegerischen handelnden Mächten, die im Sicherheitsrat eine Minderheit darstellen, scheitern alle politischen Friedensinitiativen, so wie es mit dem damaligen zurückgewiesenen Friedensvorschlag von Jordanien, Jemen und den fünf Maghreb Staaten geschah (New York, 23.1.1991). („Neue arabische Initiative endgültig gescheitert“, SZ. 30.1.1991) und wie es erneut im Fall Libyens geschah, als die Friedensinitiative der Afrikanischen Union und der Arabischen Liga nicht zum Zuge kommen konnte. Diese Prozedur ist für die Völkergemeinschaft vollkommen inakzeptabel und muss energisch so bald wie möglich weltweit verurteilt werden.

Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait