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11. November 2010 - Luz Maria de Stefano de Lenkait:

Der zurückliegende Besuch des deutschen Außenministers in Israel ist Anlass für folgende Stellungnahme zu

Süddeutsche Zeitung (SZ) vom 10.11.2010:
„Israel torpediert Friedensprozess“ von Peter Münch

Wozu reiste der deutsche Außenminister nach Tel-Aviv?

Diplomatie muss in konstruktiven Gesprächen erfolgen. Gerade das fehlt von Anfang an bei jeder Annäherung an die israelische Regierung. Wozu reiste der deutsche Außenminister Guido Westerwelle nach Tel-Aviv? Was für einen Sonderauftritt hatte er sich vorgestellt als seine Amtskollegen aus Frankreich und Spanien, von dem rechtsextremisten Israeli Avigdor Liebermann brüskiert wurden? Was wollte Westerwelle bei einer Regierung Israels suchen, wenn hochrangige israelische Politiker wie die frühere Außenministerin Zipi Livni, der stellvertretende Ministerpräsident und der amtierende Verteidigungsminister Ehud Barak von dem britischen Kriegsverbrechergesetz betroffen sind und eine Festnahme in London befürchten müssen? Wegen einer entsprechenden Anklage musste der Israeli Ehud Barak schon im September 2009 auf eine Reise nach Großbritannien verzichten. Aufgrund des geltenden Kriegsverbrechergesetz sei es für israelische Minister besser, nicht nach Großbritannien zu reisen, so die Empfehlung von Außenminister William Hague, (Meldung vom 6.11.2010), um ihre Festnahme in London nicht zu riskieren. In einer solchen eindeutigen Sachlage, die keine Missverständnisse zulässt, will oder kann Westerwelle nicht den falschen Gesprächspartner Israel erkennen? Nachgiebigkeit ist die allerletzte unangemessene Haltung gegenüber der unverschämten Dreistigkeit der israelischen Regierung. Sie drängt weiter auf radikale Konfrontation in Washington. An einem Friedensprozess mit den Palästinensern ist sie überhaupt nicht interessiert, sondern an einer kriegerischen Konfrontation mit dem Iran. Am Sonntag (7.11.2010) begann der Ministerpräsident Israels einen viertägigen Aufenthalt in den USA mit dem verhängnisvollen demaskierten Ziel, weitere Kriegsvorbereitungen gegen den Iran anzustiften. Israel, das selbst über mindestens 200 Nuklearwaffen verfügt, ist der lauteste und hartnäckigste Kriegstreiber gegen den Iran. Sowohl der US-Vizepräsident Joe Biden wie der Verteidigungsminister Robert Gates haben den wahnsinnigen Bellizisten zurückgewiesen.

Die Verurteilung Israels durch eine absolute Mehrheit der UN-Vollversammlung am 5. und 6.11. 2009 aufgrund des zugehörigen UN-Goldstone-Bericht bleibt auf der Tagesordnung trotz aller israelischen Manipulationsversuche des US-Kongress, Zornausbrüchen und Inszenierungen. Es ist zu hoffen, dass sich der deutsche Außenminister Guido Westerwelle darüber im Klaren ist und das zum Ausdruck bringt.

Bis in die späten 50er Jahre, in der Epoche des "Kalten Krieges", betrachtete die US-Regierung Präsident Eisenhowers Israel eher als eine Bürde bei der Suche nach Verbündeten im Nahen und Mittleren Osten. Gerade die Existenz Israels erschwerte den Aufbau eines westlichen Paktsystems mit allen arabischen Staaten in dieser Region.

Zu erheblichen Spannungen kam es während und nach dem Sinai-Feldzug vom Oktober/November 1956. Nur durch erheblichen amerikanischen Druck von US-Präsident Dwight Eisenhower konnte Israel schließlich im März 1957 zum Rückzug aus den besetzten Gebieten veranlasst werden. Ein historischer Beweis dafür, dass Israel sich nur unter Druck bewegen lässt.

Am Vorabend des Sechs-Tages-Kriegs im Juni 1967 zögerten die USA mit ihrer Unterstützung. Ebenso wenig waren die USA bereit, eine israelische Einverleibung der in diesem Krieg eroberten Gebiete zuzustimmen.

Zudem werden heute alle Bemühungen der USA und der EU im nahöstlichen Friedensprozess durch die Ankündigung neuer Siedlungsbau-Vorhaben zunichte gemacht. Scharfsinnig beobachtet Peter Münch den Kontext und Zeitpunkt der inakzeptablen israelischen Ankündigung in seinem SZ-Artikel : „Israel torpediert Friedensprozess“ vom 10.11.2010: „Auffällig ist, dass die neuen Baupläne zu einer Zeit publik gemacht werden, in der Premier Benjamin Netanjahu durch die Vereinigten Staaten reist. ... In jedem Fall  ist dies eine neuerliche Belastung für das amerikanisch-israelische Verhältnis...“, schreibt treffend der SZ-Journalist. „Ob Obama nach den Kongresswahlen wieder einen schärferen Ton gegenüber Israel anschlägt?...So könnte die Bau-Ankündigung zu diesem Zeitpunkt  von der Regierung als Versuchsballon gedacht sein, um auszuloten, wie weit sie jetzt bei Obama gehen kann.“ Das State Department verurteilte sofort die Vorhaben relativ scharf: „Dies untergrabe das Vertrauen“ in den Friedensprozess.

Zur guten Berichtserstattung von Peter Münch erübrigt sich in diesem Sinn jeder weiterer Kommentar. Es ist nur zu betonen, dass sich in diesem Zusammenhang der jüngste Besuch von Außenminister Guido Westerwelle sich als absolut nutz- und sinnlos erweist. Nicht einmal eine richtige Erklärung kam aus dem deutschen Außenministerium in Berlin. Nicht einmal der Trost für Westerwelle, sich im deutschen Fernsehen zu hören oder zu sehen.

Dagegen forderte klipp und klar die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton aus Brüssel Israel auf, die Baupläne sofort rückgängig zu machen. „Die Siedlungen sind nach internationalem Recht illegal, sind ein Hindernis für den Frieden und machen eine Zwei-Staaten-Lösung unmöglich.“ So gelangte aus Brüssel die nüchterne Wahrheit an die Öffentlichkeit.

Nun muss sich Catherine Ashton von dem Druck der USA befreien. Die US-Regierung drängt auf weitere internationale Strafmaßnahmen gegen den Iran. Die seit dem 13.9.2010 in Wien stattfindende IAEA-Vorstandssitzung nutzen die USA für heftige Angriffe gegen Iran. Die Doppel-Standard-US-Außenpolitik ist von der Weltöffentlichkeit einfach zu durchschauen, denn gleichzeitig unternimmt die US-Regierung große Anstrengungen, um Kritik der Atombehörde am Nuklearwaffen-Arsenal Israels zu verhindern. Die EU darf sich keineswegs auf dieses falsche Spiel einlassen.

Luz María De Stéfano de Lenkait