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26. September 2010 - Luz Maria de Stefano de Lenkait:

Eine Stellungnahme zum Thema UN aus Anlass eines WDR2-Radio-Interviews mit einem hohen deutschen Diplomaten, nämlich das

WDR2-Interview mit Günther Pleuger am 24.9.2010,

Pressemeldungen zur möglichen Mitgliedschaft Deutschlands im UN-Sicherheitsrat

Begreifen, was Völkerrecht, was Recht überhaupt bedeutet

„... und der Sicherheitsrat setzt auch neues Völkerrecht“ hört man erstaunt aus dem Mund eines ehemaligen hohen deutschen Diplomaten in WDR-Interview am 24.9.2010. Offensichtlich hat dieser Diplomat nicht begriffen, was Völkerrecht, was Recht überhaupt bedeutet. Keine Kenntnis der UN-Charta manifestiert der angebliche Rechtswissenschaftler mit einer langen diplomatischen Karriere vor der UN. Sein Zynismus, seine Oberflächlichkeit und sein fehlender Respekt für die Vereinten Nationen zeigen sich schon in seinen ersten banalen Bemerkungen über UN-Gipfel (SZ-Außenansicht: „Es gilt das geschriebene Wort“ von Günther Pleuger - 25.9.2010)

Seine irreführende Intervention im WDR (24.9.2010) im Kontext der Bewerbung Deutschlands für den UN-Sicherheitsrat, die von keinem Journalist konterkariert wurde, verlangt korrigiert zu werden, um die Deutung der UN-Mechanismen richtig zu stellen.

Nicht alle UN-Resolutionen sind völkerrechtsmäßig, wie nicht alle Gesetze verfassungsmäßig sind. Jeder gut gebildete Rechtswissenschaftler kennt diese unbestreitbare Tatsache. Auf nationaler Ebene besteht deshalb das Bundesverfassungsgericht, um die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetz zu prüfen. Nicht aber auf internationaler Ebene. Allerdings sollte der UN-Gerichtshof in Den Haag über eine viel breitere Jurisdiktion verfügen, um die UN-Resolutionen im Sinne des Völkerrechts, nämlich der UN-Charta, zu prüfen und auszulegen. Auf diese Weise kann man verhindern, dass UN-Resolutionen für das Unrecht benutzt werden, wie die Weltstaatengemeinschaft mit allen unmenschlichen katastrophalen Konsequenzen in den letzten Jahrzehnten erlebt hat. Eine Wertvorstellung ist dazu entscheidend.

Der Frieden repräsentiert ein a-priori-Prinzip oder ein immanentes Recht der Menschheit, das die Charta der Vereinten Nationen wie die politische Verfassung eines zivilisierten Staates anerkennt. Der Frieden ist das höchste Gut der Menschheit. A-priori Prinzipien oder ein immanentes Recht sind unantastbar, wie die Würde des Menschen und der Frieden. Genauso wie eine Verfassungsänderung sollte eine international festgelegten Ordnungsänderung das Ergebnis eines geordneten Verfahrens sein, das der internationalen Gemeinschaft ernsten Schutz bietet. Mit anderen Worten darf eine Änderung der internationalen Ordnung in keinster Weise das Ergebnis einer bestimmten Politik oder autoritärer Entscheidungen sein, die situationsbedingt Interessen dominierender Minderheiten dienen, wie die im UN-Sicherheitsrat, die sich auf die Kraft bestehender Macht berufen, ohne allgemeine Interessen der Weltgemeinschaft zu berücksichtigen. Der internationale wie der nationale Konsens stellen die Grundlage für jeden Wechsel, jede Änderung des geltenden Rechts dar.

Das internationale Recht ist gemäß der sich gesteckten Ziele aufgerufen, internationale Politik zu orientieren und zu ordnen. Das Recht ist eine Schöpfung, die a priori und dem Wesen nach von Zielen und Zwecken bestimmt wird, die dem Auftrag, dem Anliegen der Politik und den Erwartungen der Weltgemeinschaft dienen muss, wobei sie die Perspektive der internationalen Ordnung reflektieren muss, die alle interessiert.

Es ist mit der Entwicklung des Rechts, die die Völker erreicht haben, unvereinbar, daß die internationale Politik der Staaten mittels autoritärer Entscheidungen im Sicherheitsrat ein „internationales Recht“ diktieren, als Rechtfertigung im nachhinein von bereits ausgeführter Aktionen, die gegen das Recht verstoßen. Stattdessen ist das Recht der Rahmen jeder Handlung, jeder internationalen Politik. Die Kontrolle der Einhaltung des Rechts muß deshalb vor allem anderen autorisiert und darf niemals willkürlich sein. Mehr als bei irgendeiner anderen Art von Entscheidungen muss sich die Kontrollfunktion nach dem universell anerkannten Prinzip der „check and balances“ an geordnete und vorgeschriebene Verfahren halten, die die Gewähr für die Ernsthaftigkeit und Sicherheit der Kategorien von zu kontrollierenden Entscheidungen leistet. Ist das Gegenteil der Fall, öffnet sich ein Feld, das jede Art von Missbrauch und Willkür zulässt, das partikulären Interessen dient, unvereinbar mit jedweder Idee von Gleichheit und internationaler Gerechtigkeit. Die angemessene Kombination von Autorität und Kontrolle, die zur Konstituierung des internationalen Rechts erforderlich ist, kann nur anhand konkreter Fälle und Probleme richtig gefunden werden.

Wenn irgendein Recht existiert, das die Bedingung der Generalität der Gesetze erfüllt, dann ist es das internationale öffentliche Recht, dessen dem Wesen nach universeller Charakter übergeordneten Werten entspricht, die in ihrer Entfaltung der zwischenstaatlichen Beziehungen im Interesse der gesamten Menschheit sind.

Der Gebrauch von Gewalt ist immer häufiger in den internationalen Beziehungen erfolgt. Die militärische Gewalt wurde zum bestimmenden Element von Dominanz geprägtem Ungleichgewicht. Das Machtgetue eines einzigen Landes in verschiedensten Regionen der Welt stellt eine schwerwiegende wie andauernde Gefahr dar. Es sind die Nuklearwaffen und die Politik der Beherrschung und Intervention entgegen der Grundsätze internationalen Rechts, die den Weltfrieden heute gefährden. Damit geht die Tendenz einher, der Politik der Stärke Vorrang vor der Kraft des Rechts in internationalen Beziehungen zu geben.Im Rahmen der chronischen Politik der Stärke der Vereinigten Staaten und einigen Verbündeten zeigt sich die Tendenz zur Militarisierung der Welt mit der steigenden Gefahr, dass sich die Waffenarsenale in eine autonome Kraft verselbständigen, die für sich selbst die internationalen Kontroversen zu lösen versucht, wie bis zum letzten Moment die Bush-Administration mit ihrer ungezügelten Hingabe zur Militärintervention riskierte. Dieselbe verfehlte Haltung findet sich in militärischen Kreisen der regionalen Verteidigungsorganisationen Europas, die die militärische Instanz vor das Primat der Politik gesetzt sehen wollen. Diese Situation ist Grundfür internationalen Alarm und die dringende Notwendigkeit, die Reform der Charta der Vereinten Nationen für den Frieden zu erreichen, damit weiterer Missbrauch durch Waffengewalt durch zwei, drei Staaten vorgebeugt wird, die sich die Weltführung anmaßen.

Nachdem das sogenannte System des Mächtegleichgewichts verschwunden ist und die im Westen konzentrierten militärischen Kräfte vorherrschen, öffnet sich der Abgrund einer ungebremsten Militärintervention mittels der Militärorganisationen, die den Grund ihrer Existenz verloren haben und deren Bürokratien verzweifelt versuchen, ihr Bestehen auf Kosten der Gefährdung der Existenz des Kontinentes und des Weltfriedens zu rechtfertigen, was offensichtlich die grundlegenden Prinzipien des öffentlichen internationalen Rechts in ihrer Kraft schwächt und sie unterminiert. Es ist unerlässlich, im Innern der Vereinten Nationen gegenüber der Interventionspolitik, die in einigen wenigen Ländern des Sicherheitsrates vorherrscht, institutionell eine Bremse zu schaffen. In einer Welt voller Abhängigkeiten ist es unaufschiebar, einen Mechanismus von „checks and balances“ von Kontrollen und Gegengewichten, einzurichten, um das Veto-System zu ersetzen und ein Gleichgewicht der Kräfte, eine Voraussetzung für eine Plattform gleichberechtigter Konsensfindung in der Weltorganisation zu schaffen.

Luz María De Stéfano de Lenkait