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25. September 2010 - Luz Maria de Stefano de Lenkait:

Die Ambition der Bundesregierung auf eine Mitgliedschaft im UN-Sicherheitsrat bleibt zur Zeit ein wichtiges Thema deutscher Aussenpolitik. Deshalb hier noch einmal eine Stellungnahme zum

Leitartikel in Süddeutsche Zeitung (SZ) vom 24.9.2010:
„Deutsche Wünsche“ von Daniel Brössler ,

SZ-Kommentar vom 22.9.2010:
„Ausreden für die Armen“ von jth,

und SZ-Kommentar vom 23.9.2010:
„Merkels leiser Rückzug“ von Stefan Braun

Europa vor einem Lernprozess:

Warum Deutschland nicht Mitglied im UN-Sicherheitsrat werden darf.

Seit Jahrzehnten, wenn nicht seit der Gründung der westdeutschen Bundesrepublik ist ein Kreis deutscher konservativer Persönlichkeiten an den Machthebeln und beherrscht Politik, Wirtschaft und Bankwesen. Es ist dieselbe Clique, die keine Bedenken und keinen Skrupel gegen Krieg und militärische Gewalt hat. Diese unverbesserlichen Ewig-Gestrigen posaunen ihren angeblichen Glauben an die Identität Europas auf der Basis christlicher Werte in alle Himmelsrichtungen und spielen sich als Befürworter der sogenannten christlichen Kultur Europas auf. „An ihren Früchten werdet Ihr sie erkennen“, sagt uns Christus im Evangelium. Angriffskriege, Zerstörung von Kulturen und Vernichtungsschläge haben Menschen im Ausland aus diesem Europa in letzten Jahrzehnten erlebt, Vernichtungsschläge und Bombenangriffe aus einem Deutschland, das von einer angeblich „christlichen Partei“ und einer angeblich „christlichen“ Kanzlerin regiert ist. Dieselbe Kanzlerin, die keine Solidarität mit den Ärmsten der Welt jetzt in New York zeigt und keinen Willen, wirksam und entschlossen Hunger und Krankheit zu bekämpfen. Stattdessen steigert sie skrupel- und schamlos die Militärkosten für weitere Massaker im Ausland, und dies trotz Wirtschafts- und Finanzkrise. Ist das christlich, ist das human? Was versteht diese rückständige Neokon-Unions-Clique von Menschenrechten, wenn sie mit einer Vernichtungsmaschinerie Menschenleben und Schöpfung auslöscht? Dieser perverse Ungeist spiegelt viel deutlicher den Horror des Anti-Christ wider.

Eine fehlende selbstkritische Betrachtung der westlichen Geschichte ist das Problem. Unaufgeklärt auf höchster Ebene bleiben so die Defizite der westlichen Zivilisation bestehen. Sie werden zu wenig bewusst: Der Zeit der Aufklärung zum Trotz hat der Westen eine hässliche Geschichte von Plünderung, Raub und geplantem Mord an anderen Völkern und Menschen durch die Kreuzfahrten, die gewaltsame Kolonisierung, die Sklaverei, die Vernichtung und Ausrottung der Völker in Übersee, vor allem der Einheimischen von Nordamerika, Australien und Teilen von Afrika. Diese massenmörderische Geschichte geht weiter im 20. Jahrhundert mit dem Ersten und Zweiten Weltkrieg und mit weiteren Angriffskriegen in den letzten Jahrzehnten: Bombenangriffe auf Jugoslawien, mehrmals auf Irak, und Afghanistan. Sind diese grausamen bösen Taten Zeichen von Aufklärung Europas, sind sie Zeichen christlicher europäischer Kultur? Wo waren die Kirchen, sowohl die katholische als auch die evangelischen, hinsichtlich dieser massenmörderischen Attentate der sogenannten christlichen Welt?

Die Erzfeinde der Menschheit - skrupellose Falken oder Neokonservative in der US-Regierung – sind die Freunde einer Recht missachtenden Clique, die rücksichtslos über die Macht in Deutschland verfügt. Deshalb bleibt Deutschland international gefährlich unzuverlässig. Deshalb darf es nicht Mitglied im Sicherheitsrat werden, denn ein solches Deutschland würde ein noch größeres Problem für die Menschheit schaffen. Weil das geltende Völkerrecht von den reichen Industrieländern missachtet wird, konnte dieses Deutschland seine Ergebenheit gegenüber einem Militärbündnis bis ins letzte beweisen mit allen blutigen und mörderischen Folgen für andere Menschen und Völker. Das Land braucht dringend eine Wende, eine existentielle Wende. Den lebensbedrohlichen internationalen Verhältnissen, hervorgebracht von einer Macht-Clique gegen Recht und Gesetz, sind ein Ende zu setzen. Die deutsche Bevölkerung ist dabei zu erkennen, wo ihr Gegner steht. Auch eine aufgeklärte Opposition ist dazu verpflichtet und herausgefordert, diesen Gegner von der Macht so bald wie möglich auszuschalten. Merkel disqualifiziert sich immer wieder mit ihrer abenteuerlichen Äußerung als Vorsitzende einer großen sogenannten „christlichen“ Volkspartei und noch mehr als Kanzlerin. Ihre Regierung wird wirklich grotesk nach ihrer wiederholten Demonstration völliger außenpolitischer Inkompetenz vor der ganzen Welt beim dreitägigen UN-Sondergipfel gegen die Armut in New York (20-21-22.9.). Wie tief ist diese Republik gesunken, die sich solch eine Figur als Spitzenpolitikerin erlaubt, die sich agierenden Lügnern und Fälschern andient, dazu willig Menschenleben riskiert und finanzielle Mittel einsetzen will, die in ihrem Land, in Europa und bei der Bedürftigen in anderen Kontinenten dringend benötigt werden? Die menschenfeindliche Politik der „christlichen“ CDU-Kanzlerin mit Kürzungen für Soziales und für die ärmsten Länder der Welt findet nur beschämenden Applaus unter den reaktionären Kreisen, insbesondere denen in der CDU-Fraktion, aber sie findet scharfe Ablehnung in der Bevölkerung Deutschlands und in der Weltstaatengemeinschaft von 192 Nationen. Die Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen, Hannelore Kraft, verkörpert dagegen eine solide Hoffnung für die erforderliche Wende, die ganz Deutschland braucht, sowohl in der Innen- wie in der Außenpolitik. Eine Außenpolitik, die nicht an Militär- und Polizeimissionen der Vereinten Nationen zu messen ist, sondern an Respekt für Recht und Gesetz, an Menschlichkeit und Gerechtigkeit. Ist Deutschland diesen Anforderungen gewachsen?

Die Aufklärung identifiziert, wie Erasmus von Rotterdam, Frieden und Vernunft, radikalisiert diesen Zusammenhang jedoch insofern, als sie Vernunft eher als Horizont faßt, dem sich Geschichte, - als Fortschritt – unaufhaltsam annähert. Aus dieser Perspektive wird Krieg zu einem Überrest archaischer Barbarei. Dazu legt Denis Diderot in der Enzyklopädie fest: „Er (der Krieg) ist eine krampfhafte und heftige Krankheit des politischen Körpers, der nur dann gesund, d.h. in seinem natürlichen Zustand ist, wenn er den Frieden genießt.“

Von den aufgeklärten französischen Denkern hat Deutschland noch viel zu lernen: „Die aufgeklärten Völker werden allmählich lernen, den Krieg als die unheilvollste Geißel, als das größte aller Verbrechen anzusehen“ (Condorcet). „Es gibt viele Vorwände für Kriege, aber nur einen Grund dafür, nämlich das Heer. Schafft das Heer ab, und ihr habt den Krieg abgeschafft.“ (Victor Hugo).

Der Individualismus des christlichen Abendlandes hat sich in einen ekelhaften Egoismus verwandelt. Ein extremer Egoismus einer Gesellschaft, die ihren Sinn für Mitmenschlichkeit verloren hat. So haben Deutschland und andere Geldgeber es schon früher mit ihren Zusagen für die Armutsbekämpfung nicht ernst gemeint. Hier geht es nicht um Nicht-Können, sondern um Nicht-Wollen, wie völlig zutreffend der SZ-Kommentar vom 22.9.2010: „Ausreden für die Armen“ von jthbloßstellt.

Bombenangriffe verursachen enorme humanitäre Katastrophen. Diese Wahrheit anzuerkennen, entspricht nicht dem propagandistischen perfiden und verlogenen Muster en vogue, militärische Einsätze dienten „humanitärer Ziele“ oder dem „Schutz von Menschenrechten“. Die Medien folgen immer noch einer völlig falschen Denk- und Sichtweise. Höchste Zeit, sie zu überdenken, um den falschen Kurs zu korrigieren.

Solange wir die eigenen Verbrechen des Westens nicht einsehen und nicht stoppen wollen, ist die sogenannte westliche Zivilisation Ziel von Hass und Attentaten, unerwünschte Wirkungen, die sie selbst durch ihre Verbrechen und Bosheit gegen andere Menschen verursacht hat. Die Spirale der Gewalt ist endgültig zu durchbrechen.

Humanitäre Hilfe und die Notlage von Menschen und Völkern als Anlass zu nutzen, um militärische Einsätze zu rechtfertigen, ist höchst perfid. Die Debatte darüber betrifft eine grundsätzlich ethische und prinzipiell politische Frage. Der Theologe und Ethiker Dr. Lienemann hat dies mehrfach erläutert und klargestellt: Die Bewahrung von Menschenrechten erreicht man nur durch die Herrschaft des Rechtes. Zur Herrschaft des Rechtes gehört vor allem eine humanistische Kultur, die aus einem überzeugten Bewusstsein herrühren muss und die entsprechend handelnde Vorbilder braucht. Europa steht heute mehr denn je vor einem Lernprozess, was Respekt, Menschenwürde und Wahrung der Menschenrechte in einer vielfältigen Welt betrifft.

Ganz Europa, Frankreich und Deutschland an erster Stelle, müssen den Mut aufbringen, sich von Denkkategorien des 19. Jahrhunderts abzuwenden. Es gilt im 21. Jahrhundert eine gemeinsame Außenpolitik des Vertrauens unter aller Staaten und Völkern aufzubauen und zu fördern. Vertrauensbildende Maßnahmen sind die Grundlage einer gemeinsamen Außenpolitik.

Um seine Außenpolitik bekannt zu geben, braucht Deutschland nicht Mitglied des Sicherheitsrats zu sein. Durch seine Handlungen und Taten wird sich Deutschland erkennen lassen. Eher als den UN-Sicherheitsrat braucht es das Weltparlament als universelles Forum aller Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen, d.h. die UN-Vollversammlung, wo 192 Staaten zusammentreffen. Die UN-Vollversammlung ist das wichtigste Organ der Vereinten Nationen. Nicht der Sicherheitsrat, der sich ohne die notwendige Kontrolle in eine Diktatur für den Krieg verwandelt hat, sondern die UN-Vollversammlung sollte nach dem Prinzip von "check and balances" gestärkt werden, um das Veto im Sicherheitsrat gegen ihre mehrheitlichen Resolutionen zu verhindern oder zu überwinden durch eine noch bedeutsamere Mehrheit in der Vollversammlung. Hier ist die Reform der UN-Charta gefordert.

In der Vollversammlung muss sich Deutschland als Friedensstifter im Sinne der UN-Charta und der Menschlichkeit beweisen. Aber solange es einen Guttenberg mit seinen Truppen im Ausland und mindestens ein geduldetes straf-freies Massaker bevorzugt, bleibt Deutschland unglaubwürdig als Friedensstifter im Sinne der UN-Charta und im Sinne der Universellen Erklärung der Menschenrechte.

Luz María De Stéfano de Lenkait