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11. September 2010 - Luz Maria de Stefano de Lenkait:

Die Klage von einem Kundus-Opfer gegen das Bundesverteidigungsministerium und der Rückblick auf den 11.9.2001 sind Anlass für folgende Stellungnahme zu Artikeln in

Süddeutsche Zeitung (SZ) vom 6.9.10:

„Kundus-Opfer verklagt Bundeswehr“ und 11.9.2001

Klarheit erlangen

 

Das deutsche Bundesverteidigungsministerium ist zu Recht angeklagt. (SZ vom 6.9.2010: „Kundus-Opfer verklagt Bundeswehr“). Der Kriegschef, Karl zu Guttenberg, hätte längst entlassen werden müssen. Vielen Politikern und Prominenten mangelt es an Verantwortungsbewusstsein für das Amt und an der Anständigkeit, opportun und prompt zurückzutreten. Es wäre wünschenswert, Prominente und Politiker wie Karl zu Guttenberg hätten die persönliche Größe, Fehler einzugestehen und vorbildlich damit umzugehen. Sein Rücktritt ist längst fällig. Zum Wohl der ganzen deutschen Bevölkerung.

Das deutsche Verteidigungsministerium ist für seine Seltsamkeit bekannt, was sein Personal betrifft. Gerade in dieser seltsamen Umgebung liegt das Handicap vom Minister Karl zu Guttenberg. Eine seltsame Umgebung mit schnurgrader Verbindung zu den Reaktionärsten in den etablierten Parteien CDU-CSU-SPD mit ihren Diensten und ihren Amigos in der Rüstungsindustrie.

Die falsche Annahme eines Verteidigungskrieges und eines angeblichen „humanitären Kriegs“ ist endlich zu entlarven. Eine inhumane Aggression der Bundesregierung, nämlich ihren rechtswidrigen Angriff auf Jugoslawien 1999, muss als solche erkannt und bloßgestellt werden, ein brutaler inhumaner Angriffskrieg, der durch nichts zu rechtfertigen war, da Deutschland nicht angegriffen wurde. Es war ein mörderischer Überfall. Genauso wie das deutsche militärische Eindringen in Afghanistan. Deutschland ist niemals von Afghanistan angegriffen worden. Auch nicht irgendeiner seiner Verbündeten, die USA eingeschlossen. Alles andere ist leere erfundene Propaganda.

Der Angriff auf die Doppeltürme in New York am 11.9.2001 bleibt bis heute noch ein unaufgeklärter Fall der Verbrechensgeschichte, wobei der Mangel an Aufklärung auf das Konto des damaligen Präsidenten George W. Bush geht. Überlegungen sind dringend nötig, vor allem bei den jungen Generationen, da die alten offensichtlich die propagierten Lügen bevorzugen und nicht fähig sind, die nackten Tatsachen wahrzunehmen und sie nach dem geltenden Grundgesetz zu bewerten, das jeden Angriffskrieg verbietet. Das Sprachbild Stalingrad verdeutlicht immer noch den blinden Hochmut einer dummen Clique an der Spitze der Macht im Dritten Reich, mit allen seinen fatalen Konsequenzen für deutsche Soldaten.

Journalisten, die unfähig sind, Tatsachen und Regierungsentscheidungen selbst nach ethischem Maßstab zu bewerten, sind von großem Nutzen für die seit 1990 andauernde offizielle Kampagne, die Militäreinsätze im Ausland fördert und Krieg als Mittel der Politik salonfähig haben will. Sie verbreiten tradierte hässliche Muster aus einer Vergangenheit, Verhaltensmuster, die offensichtlich bei den deutschen Nachkriegsgenerationen nicht genügend geklärt worden sind und arbeiten so in die Hände der Kriegslobby, ohne es zu bemerken, dass Deutschland beim NATO-Krieg gegen Belgrad (1999) und dann gegen Afghanistan (2001) wieder an völkerrechtlichen Verbrechen teilnimmt.

Dadurch demaskiert Faschismus in der Tat seine Hässlichkeit schamlos und unverschämt durch gewissenlose Journalisten und Mitarbeiter von Parlamentariern, die verzweifelt versuchen, die Tötung von Zivilisten durch deutsche Militärs zu rechtfertigen. Juristische Logik ist diesen Leuten fremd. Juristische Instrumente werden kaum erwähnt und darüber nicht einmal nachgedacht. Unbeachtet bleibt der völkerrechtliche Grundsatz, dass eine gewalttätige militärische Intervention in ein fremdes Land, das keine Aggression begangen hat, als reine Aggression zu verurteilen ist. Symptomatisch wie beim Establishment bleibt Angriffskrieg „erlaubt“ und dabei die Tötung von unschuldigen Zivilisten. Barbarischer ist es kaum vorzustellen. Eine ungeheure ewig-gestrige Geisteshaltung aus der Mitte der deutschen Gesellschaft!

Die Tragweite der Rechtlosigkeit und Rechtswidrigkeit des Faschismus ist in Deutschland verkannt worden. Es muss ja nicht erst zu Konzentrationslagern und Endlösung kommen, um die Rechtswidrigkeit des Faschismus zu begreifen und kristallklar zu erkennen: Faschismus beginnt gerade dort und entwickelt sich, wo Recht, Gesetz und Menschlichkeit missachtet werden und die rechtlichen Institutionen paralysiert, funktionsunfähig bleiben, in Deutschland sogar das Bundesverfassungsgericht.

Alarmiert kommentierte „Newsweek“ (13.11.2006) diese besorgniserregende Lage. Statt einer Besinnung auf Recht und Gesetz gewinnt rechtswidrige Gewaltanwendung in Deutschland die Oberhand bei staatlichen Institutionen: Deutsche Beteiligung am Krieg gegen Jugoslawien, Bundeswehr in Afghanistan. Entsprechende Manifestationen bei Regierungspolitik, Volksvertretern und in der Öffentlichkeit, die keine Achtung für Recht und Gesetz bezeugen, rechtfertigen im wahren Sinne des Wortes vom Faschismus in der Mitte der Gesellschaft und auf staatlicher Ebene zu sprechen. Dieser nicht nur latente, sondern bereits manifeste Faschismus in der deutschen Gesellschaft ist dringend aufzuklären, und zwar durch eine grundlegende Bildung, was Recht und Gesetz für die Zivilisation bedeuten müssen. Bezeichnenderweise bleibt ohne Bewertung, ohne die folgerichtigen Konsequenzen daraus zu ziehen, den perversen Gedanken von Kanzler Schröder, als 1999 Bomben auf Serbien fielen: „Wir führen keinen Krieg (!), aber wir sind aufgerufen eine friedliche Lösung (!) auch mit militärischen Mitteln (!) durchzusetzen.“

Die deutsche Öffentlichkeit muss Klarheit erlangen: Erst die Koalition aus Sozialdemokraten und Grünen, die Regierung Schröder/Fischer verwickelten Deutschland in seinen ersten Krieg seit dem Fall Berlins 1945. Tatsächlich waren es sogar zwei Kriege in weniger als zweieinhalb Jahren.

Im Frühjahr 1999 ordneten der SPD-Kanzler Schröder und seinen Grünen-Außenminister Joschka Fischer den 78-tägigen Bombenkrieg gegen Jugoslawien an und nach dem 7. Oktober 2001 Truppen für die Besetzung Afghanistans. Seitdem bleiben SPD und Grüne blind gefesselt in einer unaufgeklärten aggressiven mörderischen Falle: Die Teilnahme Deutschlands am ersten unprovozierten militärischen Überfall seit den Blitzkriegen Hitlers in den Jahren 1939-1941, wiederum ein Überfall, der auf einen europäischen Staat erfolgte, der kein anderes Land bedroht hatte.

Die Öffentlichkeit verbreitete wiederholt die perfide Masche des SPD-Kanzlers: „Das Ziel war ausschließlich humanitär.“ Sechzig Jahre zuvor hörte eine schockierte Welt einen anderen deutschen Kanzler: „Ich befahl der deutschen Luftwaffe eine humanitäre Kriegsführung.“ (Adolf Hitlers Rede in Danzig am 19.9.1939). Die Aggression, die Fischer billigte und durchsetzen half, war bösartig und feige. Eine schamlose Verletzung der Prinzipien, auf denen die UNO aufgebaut worden ist. Die Rückkehr zur Anwendung militärischer Gewalt fand nach 55-jähriger Unterbrechung 1999 im Krieg der NATO gegen Jugoslawien statt. Deutschland fühlte sich von seinen westlichen Verbündeten vom Makel seiner Nazi-Vergangenheit befreit, und es stand ihm frei, wieder zu morden. Diese beunruhigenden Verhältnisse sind im Licht der internationalen Normen und offiziellen Haltungen aufzuklären: Potsdamer Abkommen, UN-Charta und Wortbruch der CDU-Bundesregierung nach der deutschen Einheit 1990.

Kein zivilisierter Polizist ist autorisiert, wild um sich zu schießen und zu töten, nicht einmal gegenüber einem Verbrecher. Der rechtmäßige Waffengebrauch ist restriktiv im wahren Sinne des Wortes und darf sich nur gegen einen aktiven Aggressor richten. Der Schutz allen Menschenlebens einschließlich das eines Verbrechers, auch eines Terroristen, auch im Gefängnis, ist oberstes Gebot jeder zivilisierten Rechtsordnung. Die rechtlichen Grundlagen sind nicht zu ignorieren: Grundgesetz, Strafgesetzbuch, Völkerrecht mit Charta der Vereinten Nationen und Genfer-Konventionen. Die Öffentlichkeit ist aufgerufen, über die Natur der kriegerischen Mittel der heutigen Militärs nachzudenken. Ohne Denkfaulheit, ohne Feigheit. Eine Überlegung, die entscheidend ist, um zu begreifen, dass solche Mittel ganz klipp und klar unverhältnismäßig sind. Allein deshalb ist auch die von Anfang an bestehende Rechtswidrigkeit aller militärischen Handlungen in Afghanistan festzustellen. Von allen zivilisierten Ländern, die die internationale Rechtsstaatlichkeit wertschätzen.

Deutschland verstößt seit langem grob und brutal gegen UN-Prinzipien: Die Nicht-Einmischung und Souveränität eines fremden Landes. Das verursacht zunehmend Widerstand und Aufstand. Daraus folgen mehr Opfer, die gar nicht gerechtfertigt sind, sondern eine begründete Anklage gegen den Angreifer darstellen. Faschistische, also Rechtsgrundsätze missachtende und verachtende Ideen zur Rechtfertigung eines Massenmordes sind nichts anderes als menschenverachtende Kriegshetze. Dazu kommt im Fall von Afghanistan eine koloniale Haltung wie im alten imperialen Europa bei Queen Victoria oder Kaiser Wilhelm.

Für keine rechtsstaatliche Partei darf es ein militärisches Ziel geben, das den Tod von Zivilisten rechtfertigen kann.Die kritische Mahnung von Jerusalem Post (20.2.2010) trifft in diesem Zusammenhang den Nagel auf den Kopf: „Ob es moralisch zulässig ist, mutmaßliche Feinde zu liquidieren, wird überhaupt nicht debattiert. Interessanterweise scheint das auch die involvierten europäischen Staaten kaum zu kümmern... Das eigentliche Thema ist der Kampf gegen den Terror. Der wird sehr brutal ausgetragen, aber nicht nur von Mossad.“

Die herrschende Gleichgültigkeit vor menschlicher Tötung und Vernichtung stellt nicht nur moralische, sondern auch intellektuelle Mindeststandards bei den deutschen politischen Eliten bloß (FAZ vom 4.1.2010): „Die Akzeptanz des Tötens führt zu einem gefährlichen Bewusstseinswandel. Wer ein Massaker wochenlang als „militärisch angemessen“ bezeichnet, verändert im eigenen Land die Einstellung zur Gewalt. Nur Radikale können sich darüber freuen.“ So auch Faschisten, die sich - wie in Ministerien und Redaktionen - in der Mitte der deutschen Gesellschaft befinden. Selbsterkenntnis ist der erste notwendige Schritt zur wahren Besserung.

Vor allem angesichts eines „Bürgerkriegs“, ist es äußerst töricht, unangemessen und nach internationalem Recht gar nicht erlaubt, sich darin militärisch einzumischen. Es ist dieselbe Anmaßung aus einer Position reiner militärischer Macht heraus, wie beim Bürgerkrieg in Spanien 1936, als Nazi-Brigaden den spanischen Faschisten dabei geholfen haben, die Republikaner zu besiegen. Das Nazi-Bombardement auf spanische Städte war grausam und vernichtend. Will man den Massenmord von damals und heute den Massenmord von Bundeswehr-Oberst Georg Klein am Kundus (4.9.2009) mit derselben Nazi-Vernichtungslogik rechtfertigen? Ein Wirrwarr beliebiger Wortwahl darf keineswegs die erforderliche mentale Klarheit über ein Thema vernebeln oder verdrehen, das das mutwillige Gefährden und Auslöschen von Menschenleben betrifft.

Gezielten Irrungen und Verwirrungen sind aus der deutschen Öffentlichkeit entschieden ein für alle Male zu verbannen. Aufgeklärte Journalisten müssen sich selbstbewusst zur Rechtsstaatlichkeit bekennen, nicht zu einer faschistischen Denkweise, die Unrechtsstaaten zugrunde liegt. Deshalb muss die geltende Rechtsordnung, national wie international, in den Vordergrund gerückt werden. Gegen jeden Versuch, sie zu demontieren, ist massiver Widerstand geboten. Schreiberlinge, die sich als Kriegshetzer und Anstifter zu Mord und Totschlag betätigen, sind zu ächten und gegebenenfalls an den Pranger und sogar vor ein Strafgericht zu stellen, denn sie gefährden die staatliche Rechtsordnung, die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland. Sie versuchen rechtschaffene, aber in Dingen des Rechts eher nur wohlmeinende als gebildete Leser zu verwirren. Bei Medien, die über 500.000 Menschen erreichen, ist eine solche Angelegenheit keine Bagatelle. Damit stören sie die bestehende Rechtsordnung, auf deren Respekt alles friedliche Zusammenleben in einer zivilisierten Gesellschaft beruht.

Beim heutigen Krieg, bei heutigen bewaffneten militärischen Konflikten geht es um den Einsatz einer Vernichtungsmaschinerie, die alle Verhältnismäßigkeit sprengt. Diese feststellbare Tatsache ist nicht weiter zu verschweigen. Wie auch immer die Gründe für einen solchen Einsatz von den Regierungsmächtigen der deutschen Öffentlichkeit verkauft werden, wird die Lage der Menschen in jedem Fall dadurch noch schlimmer.

Die Lage in der deutschen Öffentlichkeit erfordert auf jeden Fall weitere deutliche Erklärungen aus beiden großen Kirchen, von möglichst vielen Ebenen sowohl der evangelischen wie der katholischen Kirche. Kein Staat hat das Recht, Menschenleben zu gefährden. Krieg ist Ausübung von Gewalt mit Verachtung von Menschenleben in höchstem Maß. Krieg ist eindeutig bloßer Terror und Brutalität. Nicht weil reiche demokratische Industriestaaten dahinter stecken, verwandelt sich der Krieg, also der Terror, in etwas harmloses hinnehmbares. Das UN-Friedensgebot gilt für alle Staaten, unabhängig davon, ob sie Demokratien oder Despotien sind. Kurz, es geht darum, einer Kultur des Todes eine Kultur des Lebens entgegenzusetzen.

Afghanistan ist allein ein Problem des Außen- und Kriegsministeriums, dessen ehrliche Lösung den Abzug der Soldaten voraussetzt und erfordert. Diese Entscheidung müssen der Außenminister Westerwelle und der Kriegsminister Guttenberg mit ihrer ganzen Autorität treffen, anstatt sich obszön für die weitere Brutalisierung der Bevölkerung einzusetzen.

Militärische Maßnahmen sind gerade deshalb auszuschließen, weil sie heute ein modernes Instrumentarium der Vernichtung darstellen, das keinerlei Maß kennt. Das Morden unschuldiger Zivilisten darf von verantwortungsvollen Politikern niemals in Kauf genommen werden. Wo sonst ist der Unterschied zu Terroristen? Terror beginnt gerade dort, wo Gewalt ausgeübt und dadurch Vernichtung von Menschenleben in Kauf genommen wird.

Die heutigen militärischen Mittel sind vernichtend und ausrottend für alles Leben. Sie sind deshalb von einer menschlichen das Völkerrecht respektierenden Weltgesellschaft zu ächten. Diese Aufklärung im Regierungsmilieu, im Bundestag und in der Öffentlichkeit ist dringend erforderlich, um die perverse Ungeheuerlichkeit zu entlarven, den Einsatz von Gewalt als notwendig und sogar als „moralisch“ zu rechtfertigen. Das Gegenteil ist feststellbar der Fall, wie das Massaker am Kundus beweist.

Die westdeutsche Justiz darf sich wegen Verschleppung von strafrechtlichen Verfahren gegen deutsche Kriegsverbrechen nicht länger diskreditieren.

Luz María De Stéfano de Lenkait