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Ausverkauf der Demokratie durch das Kommunalvertretungsstärkungsgesetz NRW vom 10.06.2016

 

Wovor haben SPD, CDU und Bündnis 90/Die Grünen Angst?

Ich darf Ihnen versichern, sie müssen keine Angst haben. Die kommunalen Wählervereinigungen kümmern sich ausschließlich um regionale, kommunale und lokale Angelegenheiten mit erstaunlich qualitativ hoher, verständiger Sach- und Fachkenntnis. Als Begründung kann nicht gelten, SPD, CDU und Grüne sehen die Arbeits-, Funktions- und Mehrheitsfähigkeit der Parlamente dadurch gefährdet. Wären ihre eigenen Vorlagen in den Kommunal- und Gemeindevertretungen mehrheitsfähig, gäbe es die Befürchtung nicht. Gute Vorlagen sind mehrheitsfähig oder bilden Kompromisse der Vertreter aller Bürgerinnen und Bürger ab. Die Vorlagen in den Kommunal- und Gemeindevertretungen würden in der Logik des Landtagsbeschlusses von SPD, CDU und Grünen erst durch Ausschluss der Vertreter eines Teils der Bürgerinnen und Bürger im Sinne der Bürgerinnen und Bürger gesellschaftlich gut und sinnvoll werden. Diese Logik hat mit Demokratie absolut nichts zu tun. Die Vorgehensweise ist demokratie- und gesellschaftsfeindlich. Das dürfte auch die Auffassung des Verfassungsgerichtshofes NRW sein, das in seinem Urteil v. 06.07.1999, AZ. VerfGH 14/98, 15/98 im Leitsatz die Funktionsfähigkeit von Kommunalvertretungen bejaht, an eine Regulierung durch eine Sperrklausel jedoch hohe Anforderungen stellt. Ob die Begründung des Gesetzgebers für eine 2,5 % v.H. Sperrklausel in dem jetzigen Gesetz die hohen Anforderungen erfüllt, darf bezweifelt werden.

Grundsätzlich sollten Kommunen wegen der Vielfalt ihrer Aufgaben gestärkt werden, wie es Mehr Demokratie e.V. seit Langem fordert. Da wäre es fatal und töricht, wenn ein Teil der Bürgerinnen und Bürger von der Entscheidungsfindung ausgeschlossen wird. Pikanterweise fallen die unter die Sperrklausel fallenden Wählerstimmen den nicht unter die Sperrklausel fallenden Parteien proportional zu. Gerade das war nicht die Absicht der Wähler, den sonst hätten sie nicht eine andere Politik wählen wollen! Politik muss sich vor allem am Grundgesetz orientieren, das müssen auch die etablierten Parteien erkennen!

Der Brexit, der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU, stellt nicht die Ablehnung des Europäischen Gedankens dar, er ist schlicht wegen der mehrheitlichen Ablehnung britischer und europäischer arroganter Politiker und deren Politik durch die Mehrheit der Briten erfolgt.

Jean-Claude Juncker bestätigte nur fünf Tage nach dem Brexit die Auffassung der Briten, indem er selbst die nationalen Parlamente der EU von der Abstimmung zu CETA und damit der Einschränkung ihrer eigenen Verfassungen ausschließt. Über solche grundlegenden Fragen der eigenen Staatswesen müssen die Völker, die Bürgerinnen und Bürger entscheiden. Mit CETA verlieren die Bürgerinnen und Bürger den Schutz ihrer Rechte durch ihre Verfassungen. Schiedsverfahren ausserhalb der jeweiligen Verfassungen sollen Verfassungen und Verfassungsgerichte ersetzen. Schiedsverfahren sollen über die Gesetzgebung der einzelnen Mitgliedsstaaten bestimmen. Zwischenzeitlich ist die EU-Kommission eingeknickt und hat die nationalen Prlamente entgegen eines eigenen juristischen EU-Gutachtens beteiligt.

Es wäre ehrlich, demokratisch und gesellschaftskonform gewesen, wenn SPD, CDU und Grüne die Bürgerinnen und Bürger über den Wegfall ihrer Wahlstimmen für Parteien und Wählervereinigungen mit einem Stimmenanteil von unter 2,5 v.H. bei Kommunalwahlen in einem Volksentscheid hätten abstimmen lassen. Der Ausschluss der Vertretung eines Teils dieser Bürgerinnen und Bürger durch Vertreterinnen und Vertreter ihrer politischen Überzeugung stellt verfassungsrechtlich die Aberkennung politischer Grundrechte dar. Die Aberkennung politischer Grundrechte verstößt gegen die Landesverfassung NRW und das Grundgesetz. Es gilt der Grundsatz der Wahlfreiheit, Art. 28, Abs. 1, Satz 2GG. Parteien und Politikerinnen und Politiker haben den Wählerwillen zu respektieren und nicht mit einer Sperrklausel für eigene Zwecke zu manipulieren!

 

Ein Beitrag von Mehr Demokratie e.V., Regionalgruppe Lippe