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Wasser wieder in kommunaler Hand

Auf der Bürgerschaftssitzung am 5.3.2014 beschloss die Hansestadt Rostock die ordentliche Kündigung des Vertrages für die Wasserversorgung, Abwasserableitung und –behandlung mit dem Privatkonzern Eurawasser zum 30.06.2018. Darüber hinaus wurde der parteilose Oberbürgermeister Roland Methling, der die Verstaatlichung unterstützt, beauftragt, spätestens im Oktober 2014 ein mit der Kommunalaufsicht abgestimmtes Konzept zur zukünftigen Organisation der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung der Hansestadt Rostock vorzulegen. Dieses Konzept soll im Vergleich zum bereits von ihm vorgeschlagenen Nordwasser-Modell ein höheres Maß an kommunaler Mitbestimmung beinhalten.

Die „Nordwasser-GmbH“ wäre das neu zu gründende kommunale Unternehmen, dessen Gesellschafter die Rostocker Versorgungs- und Verkehrsholding (RVV) und der Zweckverband WWAV werden sollen. Die Stadt hofft auf Mehreinnahmen von etwa 5 Mio Euro pro Jahr. Die Trinkwasserpreise für die Kundinnen und Kunden sollen um 10% sinken. Den Beschäftigten wurde eine Arbeitsplatzgarantie für die folgenden 5 Jahre zugesichert. Einzig die private Eurawasser GmbH hatte vergeblich versucht, die Entscheidung der Bürgerschaft mittels Desinformationen und eines offenen „Sorge-Briefes“ zu verzögern.

Die Eurawasser GmbH, als Tochter von Suez und später von Remondis, hat nunmehr seit Dezember 1992 das Zugriffsrecht auf das operative Geschäft der Trinkwasserversorgung der Rostocker Bevölkerung, während die kostenintensiven Leitungsrohre in der Hand der Stadt verblieben. Der Betreibervertrag war für eine Dauer von 25 Jahren unter dem damaligen SPD-Oberbürgermeister Klaus Kilimann und dem bündnis-grünen Umweltsenator Michael Kreuzberg mit Zustimmung der PDS vereinbart worden - eine Zeitspanne, bei deren Ende die dafür verantwortlichen Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker nicht mehr in Amt und Mandat sind und für die Folgen ihrer Privatisierungspolitik wohl nicht mehr zur Rechenschaft gezogen werden. 

Attac Rostock-Güstrow begrüßt den Beschluss der Bürgerschaft und die klare Positionierung des Oberbürgermeisters Roland Methling zur Verstaatlichung der Wasserversorgung. Wasser ist keine Ware und gehöre nicht in die Hand von Privaten. Dass Rostock als erste Stadt Deutschlands eine so elementare Daseinsvorsorge verkaufte, wurde damals wie heute als Entrechtungs- und Verarmungspolitik gesehen, ohne dass die Menschen vorab per Bürgerentscheid um ihre Meinung gefragt wurden. Schon damals war der Verkauf heftig umstritten, der Verband Kommunaler Unternehmen VKU hatte gewarnt, die Gewerkschaft sich dagegen ausgesprochen.

Die Bestandsaufnahme bei der Übergabe wird zeigen, ob das Unternehmen in einem guten Zustand oder runtergewirtschaftet übergeben werden wird.

Fest steht: Mitbestimmung über die Versorgungssicherheit, über die Qualität der Dienstleistungen, über die Preise, über die Arbeitsbedingungen und die demokratische Kontrolle sind nur möglich, wenn die Wasserversorgung zu 100 % in öffentlicher Hand liegt. Die Zeit der Geheimverträge und des Gewinnabflusses in die Taschen Weniger ist damit vorbei.

März 2014, dag

Wasser- und Schifffahrtsamt wird verkleinert - 2015

Ostsee-Zeitung vom 30. Juni 2015

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Wasserstraßen von Privatisierung und Arbeitsplatzabbau bedroht!

Stellen Sie sich vor, Sie wollen mit Ihrem Paddelboot über die Warnow fahren und müssen an jeder Schleusung eine Gebühr zahlen. Sie rudern weiter und stoßen auf Treibholz und Baumstämme, die niemand beseitigt hat und bleiben in einem flachen, verlandeten Flussabschnitt stecken. Sie wundern sich, dass Ihre Feriengäste  ausbleiben, weil sich die privaten Firmen nach der Öl-Havarie auf der Ostsee um die Zuständigkeit streiten und die Kosten der Beseitigung nicht zahlen wollen. Seit dem letzten Chemieunfall liegen überall tote Fische und Seevögel umher, und es stinkt, sodass die Tourist*innendampfer und Bootswerften mangels Nachfrage Konkurs anmelden müssen. Das Gift sickert in die Warnow und damit ins Grundwasser, doch niemand fühlt sich verantwortlich und beseitigt die Umweltkatastrophe.

Auch bei Hochwassergefahr können nur noch viel zu spät und unzureichend Schutzmaßnahmen getroffen werden, weil das Fachpersonal für die Verarbeitung der Wettervorhersagen und Schließung der Wehre längst entlassen und durch schlecht ausgebildete Billigkräfte ersetzt wurde. Dadurch drängt das Ostsee-Salzwasser in die Warnow und versalzt das Süßwasser, das zur Trinkwassergewinnung für die Rostocker Bevölkerung gebraucht wird. 

So oder ähnlich dürfen wir uns das Szenario vorstellen, wenn der Plan des Bundesverkehrsministers Peter Ramsauer, CSU, aufgeht. Er will die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes als öffentliche Trägerin der Daseinsvorsorge in ein privatwirtschaftliches Unternehmen umwandeln. Im Endstadium der Reform will der Bund nur noch eine Vergabe- und Kontrollfunktion übernehmen. Bis dahin sollen alle  Flüsse in eine Rangfolge gebracht werden, je nachdem wieviele Tonnen Güter auf ihnen transportiert werden. Nur das am meisten befahrene Wasserstraßennetz soll noch selbst betrieben werden; die anderen würden als unwirtschaftlich erklärt und entweder im Bestand erhalten, verkehrssicherungspflichtig beobachtet, stillgelegt oder auf Dritte übertragen werden.

Die volkswirtschaftliche, ökologische und trinkwasserschutzrelevante Bedeutung der Wasserstraßen wird bei dieser Umstrukturierung völlig vernachlässigt, und die regionalen Kenntnisse hydrologischer und geologischer Gegebenheiten gehen mit dem massiven Personalabbau verloren. Bundesweit sind von über 13.000 Beschäftigten 6.000 Arbeitsplätze bedroht. Allein in Rostock sind es 50 Kolleginnen und Kollegen, die in der Verkehrszentrale Warnemünde, auf dem Bauhof, auf dem Warnemünder Stützpunkt und am Mühlendammwehr bzw. an der Schleuse arbeiten.    

Die Privatisierung der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung ist ein Schritt zum Abbau  staatlicher Aufgaben der Daseinsvorsorge und Entdemokratisierung unserer Gesellschaft. Mit jedem abgebauten Arbeitsplatz geht ein tarifgebundener  Arbeitsplatz verloren, werden betriebliche Mitspracherechte und parlamentarische Einflussmöglichkeiten ausgehebelt. Eine Alternative zu dieser Umverteilung zugunsten weniger privater Baggerfirmen, Bauunternehmen und Leiharbeitsfirmen ist die finanzielle Stärkung des öffentlichen Haushaltes durch Besteuerung der Konzerne, der Reichen, der Finanztransaktionen und die Schließung der Steueroasen. Gesellschaftlich wichtige Betriebe sollen verstaatlicht und umfassend demokratisiert werden, damit Menschen nicht vom gesellschaftlichen Leben ausgegrenzt werden, sondern alle daran teilhaben können.

Juni 2011, dag