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Die Ethnologin (Ph D.), Pazifistin und Friedensforscherin Christine Schweitzer war am 29.11.2016 im Haus unter den Linden auf Grund der Einladung der Initiative »Freundschaft der Regionen Derik/Rojava und Herford« zu Gast. Dort referierte sie über die Frage wie es möglich sei, eine friedvolle demokratische Selbstverwaltung zu realisieren, umgeben von Krieg und militärischer Bedrohung.

Zuerst gab Christine Schweitzer einen kurzen Abriss über den Konflikt in Syrien (Ziviler Aufstand 2011, Giftgasangriff 2012, IS ab 2014, USA Eingreifen 2014, Russland Eingreifen 2015, Türkei Eingreifen 2016)
2012 gab es einen Aufstand in Kobane, welcher durch Assad geduldet wurde. Die Selbsverwaltung dort hat einen fortschrittlichen Ansatz, weshalb ihr weltweit von links sehr viel Symphatie entgegengebracht wird. Die Grundsätze umfassen Religionsfreiheit, Doppelspitze (d.h. immer auch eine Frau) und Rechtsstaatlichkeit. Es gibt allerdings auch Schattenseiten, so gibt es Berichte von Amnesty und Human Right Watch, welche über wilkürliche Festnahmen, Hinrichtungen  und Folter durch die Militärangehörigen berichten (siehe de.wikipedia.org/wiki/Rojava). Allerdings wird versucht diesem durch rechtsstaatliche Verurteilungen entgegen zu wirken.
Um Syrien herum gibt es überall bewaffnete Konflikte, so in Jemen, Irak und Afghanistan. In der Türkei leben zudem 16 Millionen Kurden, deren Unabhängigkeitsbestreben massiv bekämpft wird (1978 Gründung der PKK, 1984 Beginn des bewaffneten Kampfes, bis 2015 gab es Friedensverhandlungen, welche durch den Einmarsch der Türkei in Nordsyrien 2016 beendet wurden).
Das Interesse der USA ist es, dass Syrien ein einheitlicher Staat bleibt, dabei wäre ein föderales System sinnvoller.

Dann versuchte sich Christine Schweitze einer Einschätzung der Situation in Rojava. Für sie ist Rojava eine interessante Idee. Die Menschenrechtsverletzungen sind ihrer Meinung eine unvermeidbare Folge militärischen Handelsn, weswegen sie dieses grundsätzlich ablehnt. Obwohl sie andererseits der Meinung ist, dass wir uns von aussen kein Urteil über die Selbstverteidigung bilden können und sie sich auch nicht anmaßen würde dieses zu verurteilen. Trotzdem hat sie eine Statistik aufgelistet, nach welcher ziviler, gewaltfreier Widerstand erfolgreicher ist.
Von aussen plädiert sie dafür, dass die PKK nicht mehr als terroristische Vereinigung eingestuft wird und Solidaritäsreisen in das Gebiet organisiert werden.

In der anschließenden Debatte wurde zuerst die Situation der Kurden in der Türkei thematisiert und deren Menschenrechtsverletzungen dort. Zudem hätte die PKK den bewaffneten Kampf wieder aufgenommen als die Türkei die Panzer nach Kobane gerichtet hat. Dem wurde entgegengesetzt, dass in Bezug auf die Türkei das Vertrauen in militärisches Handeln falsch sei, da die Türkei nicht militärisch besiegt werden könne und ziviler Widerstand mehr internationale Unterstützung bekommt.
In Bezug auf den IS wurde eingewandt, dass viele diesen indirekt unterstützen würden (Türkei) und gegen diesen ohne Waffengewalt nichts auszurichten sei. Es sei sinnvoll gewaltfreien und gewaltlosen Widerstand parallel zu betreiben. Zudem hätte es ohne die Bekämpfung des IS durch Russland noch mehr Tote gegeben. Darauf wurde erwidert, dass es den IS ohne den Angriff des Iraks 2003 nie gegeben hätte und irgendwann mal angefangen werden müsste die Kette der Gewalt zu durchbrechen. Zudem gab es den Einwand, dass niemand einen Vorwurf gemacht werden könne, wenn er sich selbstverteidige, aber es sich aber durch kleine zivile Schritte auch was erreichen ließe.(rh)

Weitere Informationen:

 

Bericht in der Zeit über die durch Amnesty International vorgeworfenen Menschenrechtsverletzungen in Rojava: www.zeit.de

Reaktion der kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) auf die Vorwürfe: civaka-azad.org