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WTO-Verhandlungen: EU und USA pokern mit gezinkten Karten

Attac fordert Kooperation statt Konkurrenz

Das globalisierungskritische Netzwerk Attac hat der Europäischen Union und den USA vorgeworfen, beim Verhandlungspoker der Welthandelsorganisation WTO in Genf mit gezinkten Karten zu spielen. "Angebliche Zugeständnisse der EU entpuppen sich bei genauerer Betrachtung als heiße Luft, und eventuelle Angebote der USA sind ohne Bedeutung, da die US-Regierung ohne Mandat des Kongresses verhandelt", sagte Johannes Lauterbach von der bundesweiten WTO-Arbeitsgruppe von Attac.

Als Beispiel für das unlautere Vorgehen der EU nannte er Angebote zur Senkung der Agrarsubventionen, die gestern teilweise durch die Presse gingen. "Das klingt gut. Tatsächlich könnte die EU ihre derzeitigen Agrarbeihilfen in voller Höhe weiter zahlen", stellte Johannes Lauterbach klar. Der Trick: Basis für Senkungsangebote sind die der EU bei der WTO Gründung vertraglich erlaubten handelsverzerrenden Subventionen, die weit über den heute gezahlten Subventionen liegen. Nach Berechnungen des Third World Network würden die derzeit auf dem Tisch liegenden Vorschläge eine Reduktion der handelsverzerrenden EU-Subventionen auf 33 Milliarden Euro bedeuten. Für 2008 werden voraussichtlich aber nur 26,8 Millarden Euro gezahlt – die Senkung wäre praktisch wirkungslos.

Ein ähnliches Bild bietet sich laut Attac bei den EU-Agrarzöllen: EU-Verhandler Peter Mandelson hatte am Montag eine Senkung um 60 Prozent angekündigt, dies später aber dementiert: Das bestehende Angebot von 54 Prozent sei nur neu durchgerechnet worden (FTD, 21.7.08, "Europäer bleiben in WTO-Runde hart"). "Die EU versucht mit dem Verwirrspiel nur zu verschleiern, dass sie beinhart Interessen europäischer Konzerne durchsetzen will", erklärte Roland Süß vom bundesweiten Attac-Koordinierungskreis. So soll Indien etwa seine Zölle auf Industriegüter um zirka 61 Prozent senken. "Für die hauptsächlich im Norden hergestellten Industriegüter - 70 Prozent des Welthandels - sollen Schwellen- und Entwicklungsländer die Zölle doppelt so stark senken wie die Industriestaaten. Wer von dieser Regelung profitieren würde, liegt auf der Hand", betonte Roland Süß. Es sei aber gefährlich zu glauben, dass dies europäischen Arbeitnehmern nütze. "Die Verschärfung des globalen Konkurrenzkampfes durch die Doha-Runde würde auch bei uns das Lohn- und Sozialleistungsniveau senken. Angesichts der aktuellen globalen Krisen wird es Zeit, das vorsintflutliche Konkurrenzdenken aufzugeben und globale Fragen kooperativ zu lösen", sagte Roland Süß.

Attac warnte zudem vor möglichen Schein-Zugeständnissen der USA.. Grund: Die Sondervollmacht des US-Kongresses für Präsident George W. Bush, Handelsabkommen ohne Beteiligung des Kongresses zu verhandeln (Trade Promotion Authority, im Jargon auch "Fast Track" genannt) ist bereits im vergangenen Sommer abgelaufen. Johannes Lauterbach: "Es steht zu befürchten, dass die US-Delegation versucht, die Verhandlungsrunde mit Versprechungen zu retten, die dann vom Kongress wieder kassiert werden. Verlierer wären die Entwicklungsländer, deren dann gemachte Zugeständnisse natürlich Verhandlungsgrundlage bleiben."

Attac fordert einen Abbruch der WTO-Verhandlungen. Notwendig sei eine radikal veränderte Welthandelspolitik hin zu einem kooperativen Welthandelssystem. Als Sofortmaßnahme in der akuten Nahrungsmittelpreiskrise müssten Entwicklungs- und Schwellenländer die Möglichkeit haben, ihre bäuerliche Landwirtschaft zu schützen, um die Abhängigkeit von teuren Nahrungsmittelimporten zu verringern.



Für Rückfragen:

  • Johannes Lauterbach, WTO-AG von Attac, Tel. 01577 - 183 2424
  • Roland Süß, Attac-Koordinierungskreis, Tel. 0175 - 2725893