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Attac fordert, die Doha-Runde endgültig zu Grabe zu tragen

Keine Fortsetzung der Gespräche im Herbst

Mit Kritik hat das globalisierungskritische Netzwerk Attac auf die Ankündigung der Bundesregierung reagiert, sich dafür einzusetzen, dass die am Dienstag gescheiterten Verhandlungen der Welthandelsorganisation WTO im Herbst fortgesetzt werden. "Der Versuch, den Entwicklungsländern im Interesse der Konzerne des Nordens umfassende Marktöffnungen aufzuzwängen, ist gescheitert. Es ist Zeit, die so genannte Doha-Runde endgültig zu Grabe tragen und einen Paradigmenwechsel hin zu einer sozialen und ökologischen Regulierung der Weltwirtschaft einzuleiten", sagte Alexis Passadakis, Welthandelexperte im bundesweiten Attac-Koordinierungskreis. "Zu oft konnte man in der vergangenen Tagen hören, dass mehr Liberalisierung den Ländern des Südens nutze und angeblich sogar die Ernährungskrise lindern könne. Das Gegenteil ist der Fall: Die WTO ist nicht die Lösung, sondern Teil des Problems. Ein Schutz von kleinen Produzenten ist nicht mit ihr, sondern nur gegen ihre Logik der Marktöffnungen machbar. Zölle und andere Regulierungen sind essentiell für eine stabile Entwicklung der ländlichen Räume im Süden."

Die informellen Gespräche waren am Dienstag anlässlich eines Streits über Schutzmechanismen für Bauern im Süden gegen plötzliche Importfluten gescheitert. Bei der heutigen formellen Sitzung des WTO-Verhandlungesrates (Trade Negotiation Committee) plädierten zahlreiche Handelsminister sowie EU-Handelskommissar Peter Mandelson dafür, die Gespräche im Herbst wieder aufzunehmen. In dasselbe Horn stieß auch die Bundesregierung.

"Die Behauptung, die Entwicklungs- und Schwellenländer hätten die Chance für Entwicklung durch mehr Marktzugang leichtfertig verspielt und die Verhandlungsrunde zum Platzen gebracht, ist absurd", sagte Johannes Lauterbach, WTO-Experte bei Attac. Dieselben Verhandlungsführer der Industriestaaten, die in den letzten Tagen nichts unversucht gelassen hätten, um die Entwicklungsländer über den Tisch zu ziehen und dabei nur die Interessen der eigenen Unternehmen verfolgten, vergössen jetzt Krokodilstränen über verpasste Entwicklungschancen.

"Für viele Länder des Südens hätte ein Abschluss nicht nur keine Vorteile, sondern deutliche Nachteile bedeutet", ergänzte Alexis Passadakis. Studien internationaler Organisationen haben festgestellt, dass die meisten Entwicklungsländer die Verlierer der WTO-Verhandlungen wären. Einer Weltbankstudie von 2005 zufolge wäre der Gewinn der Entwicklungsländer durch höheren Marktzugang bei einem wahrscheinlich anzunehmenden Szenario auf 16 Milliarden Dollar anzusetzen – das sind 0,14 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Andere Studien kamen zum Ergebnis, dass 50 Prozent dieser Gewinne auf nur acht Länder und dort im Wesentlichen auf große Agrokonzerne entfallen würden. Dem stehen erhebliche volkswirtschaftliche Verluste für viele Bevölkerungsgruppen und ein Negativwachstum in zahlreichen Ländern gegenüber. Allein bei den Zolleinnahmen hätten die Entwicklungsländer 60 Milliarden Dollar Verluste hinzunehmen.

"Angesichts der aktuellen Krisen in der Weltwirtschaft und dieser prognostizierten Desaster ist es Zeit, die extreme Exportorientierung Deutschlands zu überdenken", sagte Johannes Lauterbach. "Die Vorschläge von sozialen Bewegungen für ein soziales und am Umweltschutz orientiertes Welthandelsystem liegen auf dem Tisch. Ein Ende der Doha-Runde würde endlich Raum bieten, diesen Politikwechsel einzuleiten."


Für Rückfragen:

  • Alexis Passadakis, Attac-Koordinierungskreis, Tel. 0170 - 268 4445
  • Johannes Lauterbach, WTO-AG von Attac, Tel. 01577 - 183 2424