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Stellungnahme der Arbeitsgruppe „Gesundheit“ / AG Soziale Sicherungssysteme

(Beitrag zur AG-Aktion: Fragen an die Parteien zur Gesundheitspolitik / Bundestagswahl 2009. Im Anschluss finden sich die Handlungsschwerpunkte von Attac im Gesundheitssystem, ausgehend von dieser Analyse - siehe unten)

Eine vollständige Kommentierung sämtlicher Aspekte der vorliegenden Antworten würde den Rahmen sprengen. Deswegen beschränken wir uns auf Anmerkungen zu einigen zentralen Fragen. 

 

Selbstbeteiligung / Zuzahlungen 

Zuzahlungen von PatientInnen in Form von Praxisgebühr oder Medikamentenzuzahlung sind im Zuge neoliberaler Ökonomisierung des Gesundheitswesen eingeführt worden, um angeblich falsche Anreize, den sog., „moral hazard“, innerhalb des Systems zu beseitigen. Das „moral-hazard“-Postulat von Mark Pauly besagt, „dass die öffentliche Finanzierung von Gesundheitsdiensten falsche Anreize setzt, weil die Nutzer versuchen würden, mehr Leistungen als erforderlich zu bekommen. Diese systematische Überkonzentration medizinischer Leistungen könne nur durch Zuzahlungen bzw. Franchise-Systeme beschränkt werden. Eigentlich unterstellt Pauly, dass medizinische Behandlungen ein reines Vergnügen sind, von dem man gar nicht genug haben kann – eine äußerst unrealistische Annahme“ (Reiners, 2006, abstract). 

Faktisch gibt es keine Belege dafür, dass Zuzahlungen zur Kostendämpfung wirksam sind. Erwiesen ist dagegen die Benachteiligung sozial Schwächerer: „Die Selbstbeteiligung hat nachweislich bei den sozial schwächeren Bevölkerungsgruppen eine stärkere Wirkung auf die Inanspruchnahme als bei besser Verdienenden, was zu gesundheitlichen Konsequenzen              führen kann“ (Hajen u.a.: 67ff.; Klose/Schellschmidt:132ff., zit. n. Reiners, 2006,17). 

Die Abschaffung von Zuzahlungen ist deswegen zum Schutze der Gesundheit sozial Schwächerer geboten. In den Niederlanden, die ebenfalls Zuzahlungen eingeführt hatten, sind sie inzwischen wieder abgeschafft worden. 

Auch Bonusprogramme, mit denen gesetzliche Krankenkassen gesundheitsbewusstes Verhalten ihrer Mitglieder durch Beitragsrückerstattungen belohnen, sind ein Angriff auf das Solidarprinzip, das der Idee der GKV eigentlich zugrunde liegt: Solidarische Finanzierung heißt eben nicht, dass jeder einzelne durch Verringerung seines Krankheitsrisikos einen Anspruch auf Beitragsreduktion hat. Dieses Prinzip funktioniert finanziell nur, wenn der Gesunde oder wirtschaftlich Starke für  Kranke und wirtschaftlich Schwächere in der Gemeinschaft durch seinen höheren Beitrag mit aufkommt. Bonusprogramme sind daher nur geeignet, das Solidarprinzip auszuhöhlen und die wirtschaftlich egoistische Denkweise einer kapitalistisch organisierten Risikovorsorge durch die Hintertür in der GKV zu verankern. 

 

Konkurrenz der Kassen 

Alle Parteien mit einer Einschränkung bei den Linken, die sich nicht auf eine einheitliche oder mehrere konkurrierende Versicherungen festlegen möchten, befürworteten die Beibehaltung des gegenwärtigen Systems mit einer Vielzahl von Versicherungen, die – wie die Grünen es formulieren – in einen „fairen“ Wettbewerb treten sollen. Unklar ist jedoch, was Gegenstand dieses Wettbewerbs seins soll, wenn im Bereich der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) 95 Prozent der Leistungen  gleich sein müssen. Sinn macht der Wettbewerb nur, wenn auch die Leistungen unterschiedlich sein dürfen, wie die FDP es fordert. Hierin sehen wir auch die Gefahr dieses Wettbewerbs: am Ende wird die Auflösung der solidarischen Gesetzlichen Krankenversicherung stehen. 

Das differenzierte Versicherungssystem mit mehr als 200 Anbietern allein unter den GKVen ist ursprünglich auf die ständische Gliederung dieses Systems (unterschiedliche Versicherungen für Arbeiter, Angestellte, Beamte und Selbständige) zurückzuführen, in dem es auch seine Berechtigung hatte. Mit dem (teilweisen) Schwinden der Schranken zwischen diesen Ständen entfällt jedoch die Legitimation für dieses System. Der 1993 eingeführte „Wettbewerb“ könnte eine Ersatzlegitimation schaffen – jedoch nur, wenn eine echte Konkurrenz in den Angeboten möglich ist. Die Beibehaltung unterschiedlicher Kassen führt deswegen zwangsläufig zu einer Differenzierung der Kassenleistungen und damit zum Ende der einheitlichen solidarischen Krankenversicherung für alle, die durch eine Rationierung der Leistungen Einkommensschwächere benachteiligt. 

Dass auch diejenigen Parteien, die ein solidarisches System beibehalten möchten, sich nicht getrauen, die historische gewachsene Struktur anzutasten, dürfte am zu erwartenden Widerstand derjenigen liegen, die von den alten Strukturen profitieren. Renate Hartwig (2008) verdeutlicht die Dimensionen, indem sie den ca. 94.000 Arztpraxen in Deutschland „eine gigantische Blase von 140.000 Kassenangestellten“ gegenüberstellt, die nicht etwa um die günstigsten Versicherungskosten, sondern um möglichst kostengünstige Beitragszahler konkurrieren. 

Wenn man den massiven Abwehrkampf in den USA gegen die Vorschläge des Präsidenten Obama zur Reform des Gesundheitswesens  beobachtet (u.a. Vorwürfe von „Rassismus“ und „Euthanasie“), bekommt man einen Vorgeschmack darauf, was Parteien blühen würde, wenn das jetzige System in Deutschland ernsthaft verändern wollten. 

Unsere Kritik an der Ineffizienz des Wettbewerbs bleibt jedoch erhalten. Reiners (2006, 15) erhärtet sie mit einem Vergleich der Kosten des Gesundheitssystems in den USA und Kanada: „Himmelstein/Woolhandler belegen, dass die „overheads“, d. h. die nicht bei den Versicherten bzw. Patienten ankommenden Kosten des Gesundheitswesens, in den USA sechsmal so hoch sind wie im staatlichen Versorgungssystem Kanadas.“ Diese Kosten werden in den USA auf mehr als ein Drittel der Gesamteinnahmen geschätzt. „The United States shuffels paper; Canada delivers health care“ kommentieren Evans et al.[...] diesen Sachverhalt. 

 

Demografischer Wandel 

CDU und FDP vertreten die Auffassung, dass der demografische Wandel (steigender Anteil älterer Menschen bei kleiner werdender Gesamtbevölkerung)  die Einführung von Elementen der Kapitaldeckung auch in die Krankenversicherung notwendig mache.  

Diese Argumentation ist aus mehreren Gründen nicht stichhaltig:

  1. Ein durchschnittlich höheres Lebensalter führt nicht notwendigerweise zu höheren Kosten für die Krankenkassen, weil die Menschen

      a) deswegen älter wereden, weil sie gesünder sind und

      b) die höchsten Krankenkosten in der Regel im letzen Lebensjahr entstehen –  unabhängig davon, wie alt der Mensch wird.

  1. Zinsen aus der Kapitaldeckung müssen ebenso wie die Mittel für das Umlageverfahren von der arbeitenden Bevölkerung erwirtschaftet werden. Geld vermehrt sich nicht von selbst, wie die Krise der Finanzmärkte nachdrücklich unter Beweis gestellt hat. Der Hauptunterschied zwischen Umlageverfahren und Kapitaldeckung besteht darin, dass bei letzterer zusätzliche Renditen für die Anteilseigner der Versicherungen herausspringen-
  2. Der Anteil älterer Menschen in Relation zur Gesamtbevölkerung ist seit Einführung der Sozialversicherungen unter Bismarck kontinuierlich gestiegen. Die daraus resultierenden Kosten konnten durch Produktivitätszuwächse mehr als kompensiert werden. Dies wäre auch künftig möglich, wenn diese Zuwächse auch den Arbeitnehmern zugute kämen.

  

Privatisierungen 

Bündnis 90/Grüne haben keine Einwände gegen die Übernahme weiterer Bereiche der Gesundheitsversorgung durch Kapitalgesellschaften, weil auch andere in diesem Bereich Tätige ökonomische Interessen verfolgten. Dies ist zweifellos richtig, verkennt jedoch, dass durch Kapitalgesellschaften eine Schwerpunktverlagerung vorgenommen wird. 

Überraschend ist die Antwort der SPD zu den Privatisierungen im Gesundheitswesen. Sie enthält falsche Behauptungen: so hat entgegen den Angaben der SPD tatsächlich eine Privatisierungswelle in der Trägerschaft von Krankenhäusern stattgefunden. Nach Angaben des statistischen Bundesamtes sind von 1991 – 2007 die Krankenhäuser in öffentlich rechtlicher Trägerschaft von 1110 auf 677 gesunken, im selben Zeitraum haben die Krankenhäuser in privater Trägerschaft von 358 auf 620 zugenommen. Sogar große Universitätsklinika in privater Trägerschaft (Gießen-Marburg) sind inzwischen „auf dem Markt“. Die Behauptung, bei privaten Krankenhausträgern komme es nicht zu einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten, kann man sich eigentlich nur durch gestörte Kommunikation zwischen der SPD und den Gewerkschaften erklären.  

Die Politik hat unabhängig von den jeweiligen Koalitionen im Gesundheitssystem einen ordnungspolitischen Wandel durchgesetzt, der nach Klinke darin besteht, „dass das Wirtschaftlichkeitsgebot tendenziell eine Vorrangstellung gegenüber allen anderen Zielen [...] also auch gegenüber Ansprüchen der Versicherten auf eine qualitativ hochwertige Versorgung mit allem medizinisch Notwendigen“ (2008, 40) erlangt.  

Hintergrund dieses Wandels ist die Entwicklung auf den Finanzmärkten, die in der Unternehmensführung dafür gesorgt hat, dass alle anderen Dimensionen und Faktoren wie Arbeitskosten, technische Exzellenz oder betriebliche Sozialintegration eine untergeordnete Rolle spielen. Zentrales Ziel ist die Steigerung der Rendite im Interesse der „Shareholder“, der alles andere untergeordnet wird. 

In der Gesundheitsversorgung haben Kapitalgesellschaften schon in der stationären Versorgung durch Übernahme von Krankenhäusern aus der Trägerschaft von Ländern und Kommunen Fuß gefasst. Als nächstes Ziel haben sich diese Gesellschaften die Übernahme von Teilen der ambulanten Versorgung gesetzt.. Einfallstore sind die Medizinischen Versorgungszentren (MVZ). Elintrop und Korzelius (2008, 3) verdeutlichen dies mit einem Zitat des Apobank-Bereichsleiters Hellbrügge, der die Renditeerwartungen dieser Finanzinvestoren auf 15 bis 20 Prozent beziffert: „Denen geht es um die Kapitalverszinsung und nicht darum, medizinische Versorgung zu sichern.“  

Das kann zu Lasten der Qualität gehen, wie eine Studie der „New York Times“ zeigte. Danach haben sich die Zustände in US-amerikanischen  Pflegeheimen nach dem Einstieg von Finanzinvestoren deutlich verschlechtert (S. 3). 

Wir sehen deswegen sehr wohl einen Unterschied zwischen z.B. genossenschaftlich organisierten und durch Kapitalgesellschaften betriebenen MVZ und halten nur erstere für förderungswürdig. 

 

Mangelnde Transparenz 

Alle Parteien beklagen die Unübersichtlichkeit des Gesundheitssystems und fordern – wie insbesondere die Grünen – mehr Transparenz. Während die FDP in diesem Punkt auf Deregulierung und Freisetzung von Marktkräften pocht, sehen wir die Gefahr, dass Deregulierung und Wettbewerb das System noch undurchschaubarer machen als es ohnehin schon ist. 

Wir sind weder gegen Vielfalt noch gegen Wettbewerb. Ein Wettbewerb um die beste Therapie oder das beste Medikament kann durchaus sinnvoll sein. Ein Wettbewerb um die günstigste Verwaltungsstruktur oder die niedrigsten Verwaltungskosten wäre zwar auch vorstellbar, wenn man nicht ohnehin wüsste, dass eine Einheitsversicherung die günstigste Lösung ist. Nicht ohne Grund gilt die staatliche Beihilfe für Beamte als kostengünstigste  Krankenkasse, weil sie keinerlei Werbung betreibt. 

Wettbewerb zwischen den Kassen schafft unnötige parasitäre Strukturen wie z.B. den Gesundheitsfonds. 

 

Fallpauschalen (DRGs) 

Insbesondere die CDU verteidigt vehement die Fallpauschalen für die stationäre Behandlung und verweist auf eine niedersächsische Studie, die befürchtete Nachteile nicht verifizieren konnte.  

Zur Verschlechterung der Versorgungsqualität mit Einführung der DRG`s gibt es wissenschaftliche Untersuchungen – entgegen den Behauptungen der SPD in ihren Antworten auf unsere Fragen. So hat bei Patienten nach Hüftgelenksoperationen die Rate an Verlegungen in Pflegeheime drastisch zugenommen, und sogar die 30-Tagesmortalität ist signifikant gestiegen. Leider gibt es solche Untersuchungen nur aus den USA, in Deutschland fehlen – wie die Grünen in ihrer Antwort auch zurecht kritisieren -  entsprechende Begleitforschung zur Überprüfung der Auswirkungen der DRG´s auf die Versorgungsergebnisse bei Patienten. 

Andere Studien wie z.B. diejenige von Sebastian Klinke vom Wissenschaftszentrum Berlin sehen die Auswirkungen der DRG`s unter besonderer Berücksichtigung der internen Klinikentscheidungen ebenfalls kritisch:

„Die Auswertung mehrerer qualitativer und quantitativer Ärztebefragungen seit 2003 zeigt, dass ökonomische Handlungsgrundsätze bereits bis auf die Ebene der Assistenzärzte hinunter vermittelt werden und der Knappheitsgedanke Eingang in die Arzt-Patient-Beziehung gefunden hat. So werden beispielsweise Patienten, deren Pauschale verbraucht ist, als „Draufleger“ bezeichnet, die man möglichst schnell entlassen sollte. Eine solche betriebswirtschaftliche Logik steht natürlich in Konflikt mit der medizinischen Handlungsnorm, für jeden Patienten alles medizinisch Notwendige zu leisten“ (2008, 40). 

Die Forderung der Grünen nach einer gründlichen Evaluation scheint deswegen umso dringlicher zu sein, 

 

Pharmaindustrie 

Die FDP setzt auch bei der Pharmaindustrie auf Wettbewerb und Markt. Der Markt hat jedoch infolge der Neuorientierung der Pharmaindustrie auf die Erfordernisse des Finanzmarktes seit den 90er Jahren zu einer Konzentration auf Blockbuster (patentgeschützte Medikamente mit einem Umsatz von einer Milliarde US-Dollar und mehr) geführt mit der Folge,  dass „Medikamente für seltene Krankheiten oder für verbreitete Krankheiten von Bevölkerungen mit geringer Kaufkraft […] hier keinen Ort“ finden (Kädler, 2009, 52). 

Eine von den Verwertungsinteressen der Pharmaindustrie unabhängige Forschung und Entwicklung ist deswegen umso dringlicher. 

 

Prävention 

Alle Parteien befürworten eine Verstärkung präventiver Maßnahmen, sind sich jedoch nicht einig in der Frage, ob gesetzliche Regelungen notwendig sind.

Der zentrale Unterschied in den Auffassungen zur Prävention wird am deutlichsten beim Vergleich der Positionen von FDP und Linken. Während die FDP auf Verhaltensprävention durch Stärkung der individuellen Verantwortung setzt, befürwortet die Linke den Ausbau der Verhältnisprävention, die eine Änderung der Rahmenbedingungen (z.B. in der Arbeitswelt) für wichtig hält, um das Risiko von Erkrankungen zu reduzieren.

Beide Positionen sind nicht unvereinbar, unterscheiden sich jedoch in der Frage der Gewichtung. Der Mainstream der Gesundheitswissenschaften geht davon aus, dass eine dauerhafte Verhaltensänderung nur im Rahmen eines entsprechenden „settings“, d.h. einer Struktur, die das Verhalten trägt, möglich ist. 

Auch wenn Teile der Primärprävention wie z.B. Gesundheitserziehung, Kennzeichnungspflicht für Fett-, Zucker- und Salzgehalt in Nahrungsmitteln sowie Bewegungsförderung z.B. über Sportvereine außerhalb des Aufgabenfeldes von Krankenkassen liegen, bleiben für diese genügend Aufgaben im Bereich der Sekundärprävention z.B. nach Schlaganfällen oder Herzinfarkten. Diese müssen zu Pflichtaufgaben der Kassen werden, weil sie sonst durch die Wettbewerbsstrukturen zerstört werden.

Auffallend ist, dass alle Parteien in ihren Antworten keinerlei Aussagen zur künftigen Finanzierung der von ihnen für so wichtig erachteten Prävention machen. Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen aber, dass in der Prävention keine Fortschritte erreichbar sind, wenn nicht

  1. die Prävention bestimmten Institutionen als Pflichtaufgabe zugeordnet wird
  2. ein ausreichender Finanzierungsrahmen geschaffen wird, der von den Kostenträgern ausgeschöpft werden muss

 

Bertelsmann Stiftung 

Alle Parteien mit Ausnahme der Linken finden es offenbar in Ordnung, dass die „Stiftung“ unter dem Deckmantel von „Gemeinnützigkeit“ partikulare wirtschaftliche Interessen des Konzerns vertritt. Wir bestreiten weder, dass die Stiftung auch gemeinnützige Projekte fördert noch möchten wir dem Unternahmen eine Einflussnahme auf die Politik verwehren, meinen aber, dass ein Global Player hierfür ohnehin genügend Möglichkeiten hat und nicht noch zusätzliche Steuerbegünstigungen benötigt.

Die Gleichstellung der politischen Einflussmöglichkeiten der Bertelsmannstiftung mit ihren wirtschaftlichen Verflechtungen und Interessen einerseits und von attac als basisdemokratischer Bürgerbewegung andererseits in der Antwort der FDP zeigt die fehlende Sensibilität dieser Partei für die Gefahren, die sich aus der engen Verflechtung zwischen politischen Entscheidungsträgern und interessengeleiteten Beratern aus der Wirtschaft für eine transparente und glaubwürdige Demokratie ergeben. 

 

 

Literatur 

  • Flintrop, Jens & Korzilius, Heike (2008): Medizinische Versorgungszentren: Einfallstor für Fremdkapital. Dt. Ärzteblatt 2008; 105 (39). 
  • Hartwig, Renate (2008): Offener Brief an Gesundheitsministerin Ulla Schmidt „Hallo, hier ist das Volk“ patient-informiert-sich.de 
  • Kädler, Jürgen (2009): Finanzmarktkapitalismus und Finanzmarktrationalität. In: Sauer/Ötsch/Wahl (Hrsg.): Das Casino sch ließen! Analysen und alternativen zum Finanzmarktkapitalismus. VSA, Hamburg, 2009, 47 – 60. 
  • Klinke, Sebastian (2008): „Dafür bin ich nicht angetreten“ – Wie sich die Gesundheitsreform auf das Verhalten von Krankenhausärzten auswirkt. WZB Mitteilungen 121, 2008, 40 – 42. 
  • Reiners, Hartmut (2006): Der Homo oeconomicus im Gesundheitswesen. Veröffentlichung der Forschungsgruppe Public Health, Wissenschaftszentrum Berlin. 

 

Handlungsschwerpunkte von Attac im Gesundheitssystem 

Attac als politische Organisation, deren zentrales Anliegen die Regulierung des Finanzkapitalismus ist, sollte den Akzent in der Gesundheitspolitik auch künftig auf die Stärkung von Solidarität und die Bekämpfung von Ökonomisierung und Privatisierung setzen. Konkret bedeutet dies:

  • Forderung einer solidarischen Bürgerversicherung für alle ohne Beitragsbemessungsgrenzen zur Stärkung der Einnahmeseite im Gesundheitssystem
  • Bekämpfung des Einzugs von Elementen der Kapitaldeckung in die GKV
  • Bekämpfung parasitärer Strukturen die  - wie das Neben- bzw. Gegeneinader von Kassen und Gesundheitsfonds – unnötige Kosten verursachen, die als „overheads“ dem eigentlichen Ziel der Gesundheitsförderung entzogen werden. Hierzu zählen auch Kapitalgesellschaften, die den Eignern durch überhöhte Renditen ein leistungsloses Einkommen verschaffen.
  • Aufklärung über die negativen Folgen der Ökonomisierung, die bei den Akteuren Bewusstseinsveränderungen hervorrufen, die mit dem Ziel von Gesundheitsförderung nur noch schwer zu vereinbaren sind („Draufleger“).

 

Anknüpfungspunkte für Kooperationen gibt es mit allen Parteien – auch mit der FDP, die als neoliberale Wirtschaftpartei die größten Unterschiede zu Attac aufweist. Gemeinsame Positionen gibt es dort, wo FDP und Attac im Sinne des traditionellen Liberalismus Bürgerrechte vertreten, z. B. bei der Gesundheitskarte, aber auch bei Steuersenkungen für Medikamente, wenn auch sicher aus unterschiedlichen Motiven. 

Die CDU sollte nach der Wahl vor allem auf die Antwort auf unsere Frage 7 festgelegt werden:

    „Wir wollen, dass auch in Zukunft jeder in Deutschland – unabhängig von Einkommen, Alter, sozialer Herkunft oder gesundheitlichem Risiko – eine qualitativ hochwertige, wohnortnahe medizinische Versorgung erhält und alle am medizinischen Fortschritt teilhaben können. Im Mittelpunkt unserer Gesundheitspolitik stehen die Patienten und Versicherten. Gerade im Umgang mit Kranken, Älteren und Schwachen zeigt die Gesellschaft ihr soziales Gesicht und ihr Wertefundament. 

    Therapiefreiheit, freie Arzt- und Krankenhauswahl gehören für uns zum Kern eines freiheitlichen Gesundheitswesens.“ 

Zentrale Kooperationsansätze mit den Grünen und den Linken bieten die Bürgerversicherung, die Transparenz und die Förderung einer von den Verwertungsinteressen der Pharmaindustrie unabhängigen Forschung.  

Da die Krankenkassen für das kommende Jahr als Folge von Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit Einnahmeausfälle in Milliardenhöhe prognostiziert haben, befürchten wir, dass es nach der Bundestagwahl weitere Einschnitte zu Lasten sozial schwächerer Bevölkerungsgruppen geben könnte. Möglich sind Beitragserhöhungen und Rationierung von Leistungen (Beschränkung der GKV auf eine „Grundversorgung“  und zusätzliche Versicherungsmöglichkeiten für Besserverdienende). 

Unsere Forderungen lauten dagegen: 

  1. Erhöhung der Einnahmen durch Einbeziehung aller Bürgerinnen und Bürger sowie aller Einkommensarten
  2. Einsparungen durch
    • Stornierung der Gesundheitskarte
    • Abschaffung der Doppelstrukturen von Gesundheitsfonds und Krankenkassen
    • Reduzierung der Werbeetats und der sonstigen „overheads“ der Kassen
    • Begrenzung der Renditen für Kapitalgesellschaften auf 5%
    • Senkung des Mehrwertsteuersatzes für Arzneimittel.

Handlungsschwerpunkte von Attac im Gesundheitssystem

Attac als politische Organisation, deren zentrales Anliegen die Regulierung des Finanzkapitalismus ist, sollte den Akzent in der Gesundheitspolitik auch künftig auf die Stärkung von Solidarität und die Bekämpfung von Ökonomisierung und Privatisierung setzen. Konkret bedeutet dies:

  • Forderung einer solidarischen Bürgerversicherung für alle ohne Beitragsbemessungsgrenzen zur Stärkung der Einnahmeseite im Gesundheitssystem
  • Bekämpfung des Einzugs von Elementen der Kapitaldeckung in die GKV
  • Bekämpfung parasitärer Strukturen die  - wie das Neben- bzw. Gegeneinader von Kassen und Gesundheitsfonds – unnötige Kosten verursachen, die als „overheads“ dem eigentlichen Ziel der Gesundheitsförderung entzogen werden. Hierzu zählen auch Kapitalgesellschaften, die den Eignern durch überhöhte Renditen ein leistungsloses Einkommen verschaffen.
  • Aufklärung über die negativen Folgen der Ökonomisierung, die bei den Akteuren Bewusstseinsveränderungen hervorrufen, die mit dem Ziel von Gesundheitsförderung nur noch schwer zu vereinbaren sind („Draufleger“).

 

Anknüpfungspunkte für Kooperationen gibt es mit allen Parteien – auch mit der FDP, die als neoliberale Wirtschaftpartei die größten Unterschiede zu Attac aufweist. Gemeinsame Positionen gibt es dort, wo FDP und Attac im Sinne des traditionellen Liberalismus Bürgerrechte vertreten, z. B. bei der Gesundheitskarte, aber auch bei Steuersenkungen für Medikamente, wenn auch sicher aus unterschiedlichen Motiven. 

Die CDU sollte nach der Wahl vor allem auf die Antwort auf unsere Frage 7 festgelegt werden:

    „Wir wollen, dass auch in Zukunft jeder in Deutschland – unabhängig von Einkommen, Alter, sozialer Herkunft oder gesundheitlichem Risiko – eine qualitativ hochwertige, wohnortnahe medizinische Versorgung erhält und alle am medizinischen Fortschritt teilhaben können. Im Mittelpunkt unserer Gesundheitspolitik stehen die Patienten und Versicherten. Gerade im Umgang mit Kranken, Älteren und Schwachen zeigt die Gesellschaft ihr soziales Gesicht und ihr Wertefundament. 

    Therapiefreiheit, freie Arzt- und Krankenhauswahl gehören für uns zum Kern eines freiheitlichen Gesundheitswesens.“ 

Zentrale Kooperationsansätze mit den Grünen und den Linken bieten die Bürgerversicherung, die Transparenz und die Förderung einer von den Verwertungsinteressen der Pharmaindustrie unabhängigen Forschung.  

Da die Krankenkassen für das kommende Jahr als Folge von Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit Einnahmeausfälle in Milliardenhöhe prognostiziert haben, befürchten wir, dass es nach der Bundestagwahl weitere Einschnitte zu Lasten sozial schwächerer Bevölkerungsgruppen geben könnte. Möglich sind Beitragserhöhungen und Rationierung von Leistungen (Beschränkung der GKV auf eine „Grundversorgung“  und zusätzliche Versicherungsmöglichkeiten für Besserverdienende). 

Unsere Forderungen lauten dagegen: 

  1. Erhöhung der Einnahmen durch Einbeziehung aller Bürgerinnen und Bürger sowie aller Einkommensarten
  2. Einsparungen durch
    • Stornierung der Gesundheitskarte
    • Abschaffung der Doppelstrukturen von Gesundheitsfonds und Krankenkassen
    • Reduzierung der Werbeetats und der sonstigen „overheads“ der Kassen
    • Begrenzung der Renditen für Kapitalgesellschaften auf 5%
    • Senkung des Mehrwertsteuersatzes für Arzneimittel.