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19. Mai 2013 - Luz Maria de Stefano de Lenkait:

Während die Syrien-Krise mit dem amerikanisch-russischen Einvernehmen vor der Beilegung steht, erfolgen verstärkt Terroranschläge und intrigante diplomatische Aktivitäten, Anlass zu folgender Stellungnahme zu

Junge Welt vom 11.5.2013:
"Letzte Chance für Syrien" von Karin Leukefeld,

Junge Welt vom 14.5.2013:
"Syrien: Türkei für Terror verantwortlich" von Karin Leukefeld

Süddeutsche Zeitung (SZ) vom 15.5.2013:
"Raketen fürs Regime" von Frank Nienhuysen und Peter Münch,
und Kommentar "Russische Raketendiplomatie" von Frank Nienhuysen

Süddeutsche Zeitung (SZ) vom 18.5.2013:
Titelseite "Moskau liefert Assad Raketen" und
Artikel "Zäher als gedacht" von Sonja Zekri

Nach dem amerikanischen-russischen Einvernehmen zu Syrien:
Merkel unbelehrbar, Cameron und Erdogan Meister der Intrige

Die Außenminister der fünf ständigen Mitglieder der UN-Sicherheitsrates, einschließlich Russland, sowie Vertreter des Nahen Ostens und internationaler Organisationen hatten sich am 30. Juni auf die Prinzipien zur Regelung der Syrien-Krise geeinigt. Mit dieser Einigung kam die Genfer Vereinbarung zustande. Dazu gehört unter anderem die Einrichtung einer Übergangsregierung unter Beteiligung aller Parteien und mit voller Exekutivgewalt nach dem Plan des Sonderbeauftragten der UNO und der Arabischen Liga, Kofi Annan bzw. heute Brahimi.

Nach dem amerikanischen-russischen Einvernehmen zu Syrien im Kreml am 7./8.5.2013 "wolle man an die Genfer Vereinbarung vom Juni 2012 anknüpfen und Gespräche für eine Übergangsregierung in Syrien auf den Weg bringen... Der russische Außenminister Sergej Lawrow teilte mit, dass die syrische Regierung ihre Bereitschaft zur sofortigen Aufnahme von Verhandlungen bekräftigt habe. Der Minister für nationale Versöhnung, Ali Haidar, könnte die offizielle syrische Verhandlungsdelegation anführen. So aus der libanesischen Tageszeitung As Safir." ("Letzte Chance für Syrien", Karin Leukefeld, Junge Welt vom 11.5.2013)

Die sogenannte "nationale Koalition", die sich als bewaffnete Opposition darstellt, ist zutiefst zerstritten. Deshalb ist es abwegig weiter mit solchen dubiosen Leuten für den notwendigen Ausweg aus der Gewalt zu rechnen. Die friedliche Opposition in Syrien, die von Washington und EU-Staaten längst ignoriert worden ist, genauso wie diejenigen Kräfte, die sich gegen eine Militarisierung des Konflikts ausgesprochen haben, sind die richtigen Ansprechpartner für die erwünschten Verhandlungen, um eine Übergangsregierung gemäß der Genfer Vereinbarung zu bilden. 

Als Ausweg aus der Krise wäre es angebracht "eine Oppositionsdelegation aus den bekannten und respektierten Einzelpersönlichkeiten in Syrien zusammenzustellen", um den Erfolg der Syrien-Konferenz zu sichern. Diese Idee von Karin Leukefeld ist pragmatisch und diplomatisch vollkommen zu unterstützen. (Aus dem Artikel "Letzte Chance für Syrien" von Karin Leukefeld, Junge Welt vom 11.5.2013)

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel bleibt allerdings unbelehrbar, indem sie die gescheiterte Rolle der ehemaligen Außenministerin Hillary Clinton bekleidet. Ihre Forderung nach einem Rücktritt vom Syriens Präsidenten Baschar al-Assad ist nicht nur anmaßend und töricht, sondern sie signalisiert auch auf peinlich undiplomatische ungehörige Weise die starrsinnige Haltung von Angela Merkel und ihrer Partei, die Unbeweglichkeit im Bundeskanzleramt, was hoch kontraproduktiv wirkt gegen¬über dem Durchbruch im State Department, der sich erfolgreich im amerikanischen-russischen Vorstoß im Kreml widerspiegelt. In Bezug auf die Wende der offiziellen Außenpolitik von US-Präsident Obama ist die deplatzierte Forderung einer total unberechenbaren, außenpolitisch im höchsten Maße dubios erscheinenden Bundeskanzlerin absolut belanglos und fehl am Platz. Starrsinnige Kreise im Bundes¬kanzleramt und anderswo übersehen vollkommen die Realität. Eine Situation, in der Präsident Assad gehen muss, bevor sich etwas bewegt, um das Ende der Gewalt und die politische Weiterentwicklung in Syrien zu sichern, würde einfach nicht funk¬tionieren. Diese realistische, pragmatische Sicht teilen gemeinsam Moskau, Wa¬shington, Peking, beide UN-Vermittler, Kofi Annan und Brahimi und über 120 Regierungen der Welt. Also ergibt sich jetzt im Sicherheitsrat eine gemeinsame internationale diplomatische Sicht gegenüber Syrien, die die gewalttätigen Akteure isoliert. 

Aber kaum profiliert sich die Annäherung Washingtons an Moskau und Peking bei der amerikanischen-russischen Verständigung im Kreml am 7./8.5.2013 beginnt eine Kette von intriganten Versuchen und Terror-Aktionen, die in krimineller Sequenz dieses gemeinsame vernünftige Vorgehen trüben. Das erste dreiste Attentat gegen die amerikanische-russische Diplomatie war der zweite Luftangriff Israels gegen Syrien, gerade als der US-Außenminister in Moskau eintraf (6.5.2013). Tel Aviv beging zum zweiten Mal einen Akt von Aggression gegen Syrien, der völkerrechtswidrig ist. Damit trägt Israel zur Eskalation der Lage in der Nahost-Region skrupellos bei, gerade als sich das Weiße Haus bemüht, die De-Eskalation voranzutreiben. In diesem Zusammenhang klingt der Alarm-Ruf des israelischen Premier Netanjahu höchst zynisch, der letzte Woche von Peking aus das Weiße Haus alarmierte wegen der möglichen russischen Abwehr-Raketen-Lieferungen an Damaskus.

Leider ist die Süddeutsche Zeitung nicht in der Lage, wen wundert es eigentlich noch, diese Angelegenheit ausgewogen zu kommentieren: Der SZ-Kommentar "Russische Raketendiplomatie" von Frank Nienhuysen vom 15.5.2013 lässt völlig außer Acht, dass es sich um Abwehr-Raketen für ein militärisch bereits angegriffenes Land handelt, nämlich Syrien, das zweimal Angriffe von Israel in den letzten Monaten dulden musste (Ende Januar und erste Woche Mai). Außerdem sind diese Raketen-Lieferungen als Teil eines russischen-syrischen Vertrages von 2010 völlig international gesetzmäßig. Sie gehen an die etablierte syrische Regierung, nicht an Rebellen oder Terroristen, die die Situation in Syrien destabilisieren wollen und die Bevölkerung massakrieren. Deshalb kann diese Lieferung keine ehrliche Verwunderung auslösen.

Hoch tendenziös und desinformativ klingt deshalb die Schlagzeile der SZ-Titelseite vom 18.5.2013 "Moskau liefert Assad Raketen", die rein defensiv sind. Zu Recht sagte der Außenminister Sergej Lawrow bei einer Pressekonferenz mit UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, er verstehe nicht, warum die Medien daraus einen Skandal machen. "Wir haben nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass wir Waffen an Syrien verkaufen nach gültigen Verträgen. Wir verletzen keine internationalen Verträge", so der russische Außenminister. "Die New York Times hatte zuvor von den Waffenlieferungen Moskaus an Damaskus berichtet...Offiziell reagierte Washington nicht auf die neue Entwicklung" (SZ vom 18.5.2013). Warum sollte es? Der US-Außenminister John Kerry war schon aufgrund seiner Gespräche im Kreml darüber informiert. 

Sollte Israel dadurch seine militärische Überlegenheit für einen weiteren massiveren Angriff auf Syrien als aufgehalten, gehemmt oder unterminiert ansehen, ist es gut so und nur zu begrüßen, denn es geht eigentlich darum, einen bewiesenen Aggressor abzuhalten. Das ist im Interesse von allen. Niemand mit Verantwortungsbewusstsein will Syrien weiter destabilisieren. Niemand will weitere israelische Angriffe erdulden.

Kurz nach der Abreise vom US-Außenminister John Kerry aus Moskau kündigte sich der britische Premier David Cameron im Kreml an. Mit unübertroffenen imperialen Erfahrungen reagiert der Kreml kühl, gelassen und empfängt den überraschenden unerwarteten Besucher wider Londoner Erwartungen nicht im Kreml sondern weit weg im abgelegenen Sotschi am Schwarzen Meer. Präsident Vladimir Putin begrüßte seinen britischen Kollegen in bester russischer Manier mit zweideutigen, fast satirischen diplomatischen Floskeln. Eindeutig war die ganz bewusste Überzeugung Moskaus, das Niveau, den Ton und Tragweite des Besuchs aus London herunterzuspielen. Merkwürdig, dass London sich nicht direkt an Washington gewandt hatte. 

Die Eskalation wurde zuletzt durch Terror-Anschläge im türkisch-syrischen Grenzgebiet in der Stadt Reyhanli heimtückisch weiter getrieben (11.5.2013). Nach den lügnerischen Spekulationen über Chemie-Waffen erfolgten diese unmenschlichen Anschläge, um den syrischen Präsidenten Assad zum wiederholten Mal schwer zu belasten. Die syrische Regierung hat sofort den unbegründeten Vorwurf aus Ankara zurückgewiesen. Die türkische Regierung sei verantwortlich, weil diese es zugelassen habe, dass die Grenzregion zwischen beiden Ländern zu einem "Sammelpunkt internationaler Terroristen" geworden sei." Türkische Oppositionspolitiker erheben schwere Vorwürfe gegen die islamisch-konservative AKP-Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan. Sie vermuten, dass die Anschläge durch Kräfte der Freien Syrischen Armee (FSA) wie der Al-Nusra Front begangen wurden, um ein militärisches Eingreifen der Türkei in Syrien zu provozieren. Es sei die Kriegspolitik der AKP-Regierung gegenüber Syrien, die den Menschen dieses Leid zugefügt habe. Oppositionelle und weitere sozialistische Organisationen fordern ein Ende der türkischen Unterstützung für die FSA. Die Bevölkerung von Reyhanli sei davon überzeugt, dass die FSA hinter den Anschlägen stecke und die türkische Regierung die Verantwortung dafür trage. Sie befürchte weitere Sabotageaktionen. Der Fernsehsender NTV löschte bereits Aufnahmen aus Reyhanli. Oppositionspolitiker beschuldigten die Regierung, durch diesen von Erdogan ausdrücklich verteidigten Zensurerlass eine mögliche Täterschaft syrischer Rebellen vertuschen zu wollen. (Aus dem Artikel "Kriegspolitik am Pranger" von Nick Brauns, Junge Welt vom 15.5.2013)

Der Nahost-Experte an der Universität Mainz, Günter Meyer, erklärte im Deutschlandfunk am 13.5.2013: Die von der türkischen Regierung in die Welt gesetzte Behauptung, für die Anschläge in der Grenzstadt Reyhanli am 11.5.2013 seien linke türkische Gruppen verantwortlich, ist "absolut unglaubwürdig". Es würde bedeuten, dass Damaskus ein Interesse an einen Bombenanschlag hier hat. Aber "genau das ist nicht der Fall!" Für Damaskus wäre es "absolut kontraproduktiv", sich mit Ankara anzulegen, "denn das sind genau die Signale, auf die die Aufständischen, auf die die Opposition wartet, um ihren Druck im Hinblick auf Waffenlieferung und Flugverbotszone zu stärken." So der Nahost-Experte von der Universität Mainz. "Die türkische Führung wiederum versuche... die NATO-Staaten vom Bündnisfall zu überzeugen... Damaskus Giftwaffeneinsatz zu unterstellen, ziele nur darauf ab, Eingreifen in Syrien zu rechtfertigen." ("Ankara ist unglaubwürdig", Kolumne in Junge Welt vom 15.5.2013)

Man muss darauf aufmerksam machen, dass die Fäden der sogenannten "Freien Syrischen Armee" nach London führen, wo sie ein Büro unterhält, das westliche Fernsehsender mit ihren "Informationen" füttert. Öffentlich bekannt ist es auch, dass die AKP-Regierung von Erdogan seit zwei Jahren alle Angriffe auf das syrische Volk mit der Kraft unterstützt, die sie von ihren Partnern im Westen erhält. In diesem Rahmen hat sie auf türkischem Boden Ausbildungslager für Bombenleger und Saboteure errichtet, um das Blut des syrischen Volkes zu vergießen. Mit den Kollaborateuren, die sie auf türkischem Territorium ausbilden, töten sie seit zwei Jahren die Bevölkerung in Syrien. Die kollaborierende AKP-Regierung hat die Grenzgebiete zu Syrien durch Bombenexplosionen unbewohnbar gemacht, und sie trägt die Verantwortung dafür. Deshalb hetzt Tayyip Erdogan seine westlichen Komplizen zum Angriff gegen Syrien auf.

Das Thema ist von hoher Brisanz. Die Partei "Die Linke" verlangt Konsequenzen, zu Recht. "Wir fordern den sofortigen Abzug der Patriots und aller Bundeswehrsoldaten aus der Konfliktregion", sagte die Linksvorsitzende Katja Kipping der SZ am 12.5.2013 "Die Gewalt-Eskalation ändert die Situation radikal. Deutschland kann über Nacht zur Kriegspartei im Nahen Osten werden. Das ist vom Geist des Mandats nicht gedeckt." Es ist offensichtlicher denn je, wie weit sich das Bundeskanzleramt von der Vernunft entfernt hat. Andere Oppositionsparteien sind deshalb zu diesem brisanten Anliegen herausgefordert. Die Linke warnte damals vor der Gefahr einer Eskalation, als die unverantwortliche Entscheidung für die Verlegung von Patriot-Raketen und Soldaten in der Türkei im Bundestag getroffen wurde (15.12.2012). Würden die anderen oppositionellen Parteien ihre Pflichten vor dem Grundgesetz und der deutschen Bevölkerung verantwortungsvoll wahrnehmen und demgemäß handeln, hätte der Bundestag bereits eine Resolution beschlossen, die die Bundesregierung auffordern würde, dem Grundsatz, dass von deutschem Boden nie wieder Krieg ausgehen soll, endlich Rechnung zu tragen und die Bundeswehr nicht weiter zum Instrument der Außenpolitik zu machen. Nach einer solchen notwendigen Bundestagsresolution müssen die Patriot-Raketen und die in der Türkei stationierten deutschen Soldaten abgezogen werden, weitere Waffenlieferungen in den Konfliktraum Naher Osten unterbleiben und dazu insbesondere muss die Bundesregierung auf Großbritannien und Frankreich in diesem Sinne Einfluss nehmen und insgesamt dafür eintreten, das EU-Waffenembargo uneingeschränkt zu verlängern. Die Bundesregierung dürfte ihrerseits keinerlei Genehmigung für die Lieferung von Waffen in den Nahen Osten erteilen. So auszugsweise aus dem Resolutionsentwurf der Bundestagsfraktion "Die Linke".

Offensichtlich arbeiten interessierte Kreise eifrig daran, die Bemühungen der USA und Russlands zu unterlaufen, die Gewalt und den Terrorismus in Syrien zu beenden. Nicht grundlos äußerte sich der Verteidigungsminister Thomas de Mazière in dieser Hinsicht: "Irgendwelche Leute wollen den Konflikt auch eskalieren". ("Syrien: Türkei für Terror verantwortlich" von Karin Leukefeld, Junge Welt vom 14.5.2013) Gerade zwei Tage zuvor hatte der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu seinen ominösen deutschen Kollegen in Berlin besucht (Meldung von 13.5.2013) Bekannt sind die aggressive Linie des Türken und die destruktive Haltung des Deutschen gegenüber Syrien. Beide bedienen sich aller Mittel der Intrige und Lügen, um ein "regime-change" in Damaskus gewaltsam zu erzwingen.

Jenseits von Berlin betätigt sich London erneut als Meister der Intrige, als die Annäherung der USA an Russland erfolgt. Aber nicht nur der britische Premier David Cameron bewegt sich eifrig, der extra nach Washington flog (12/13.5.2013), um den Strategie-Wechsel vom US-Präsidenten Obama zu sabotieren, sondern auch der türkische Premier Erdogan, der nicht als kleinere Nummer ebenso in Washington eintraf (16.5.2013). Der US-Präsident hat sich aber von dem britischen Manöver nicht beirren lassen. Hinter der Heuchelei vor der Öffentlichkeit, eine politisch-diplomatische Lösung für Syrien zu wollen, versuchte Cameron vergebens, Waffenlieferungen für die Aufständischen zu sichern. Der US-Präsident dagegen bekräftigte vor der Öffentlichkeit seine friedliche Strategie. Der britische Premier ging also mit seiner Anmaßung leer aus. Unter Angelsachsen weiß man zu pokern und durchschaut den Bluff. Wie konnte er sich vorstellen, dass der US-Präsident ihn für einen glaubwürdigen Boten der russischen Diplomatie halten würde, nachdem sein zuverlässiger und höchst kompetenter US-Außenminister John Kerry ihn gewiss ausführlich über das Einverständnis mit dem Kreml (7./8.5.2013) unterrichtet hatte? Wie konnte der britische Premier es wagen, so weit zu gehen und zu glauben, mit seinem überraschenden Besuch Obama unter Druck setzen zu können, um ihn zu zwingen, seine politische Linie zu Syrien zu ändern? Mit Londons Lügen diskreditiert es sich vor der ganzen Welt nur selbst. Allerdings sind deutsche Redaktionen solcher Scheinheiligkeit nicht gewachsen, um die Falschheit aus London zu entlarven. Die ARD-Tagesschau am 13.5.2013 um 20 Uhr wurde ein peinliches Echo des miesen britischen Bluff und desinformierte im besten Sinne der Cameron-Intrige. Naiv oder dumm ließ man den Moderator sagen: "Der britische Premier bringt positive diplomatische Signale aus Moskau..."

Ebenso scheiterte der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan im Weißen Haus bei seinem unsäglichen Versuch am 16.5.2013, den US-Präsidenten für eine Flugverbotszone zu bewegen oder die US-Diplomatie wieder in die Falle eines völlig kontraproduktiven Vorgehens einzuschränken, nämlich zuerst den Rücktritt von Präsident Assad zu arrangieren. Erdogan ignorierte, dass seit dem konstruktiven Besuch von US-Außenminister John Kerry im Kreml am 7.5.2013 die regelmäßige Litanei von Hillary Clinton mit der Forderung nach einem Rücktritt des Präsidenten Syriens bei John Kerry und natürlich auch im Weißen Haus aufgehört hat. 

Washington hatte erst durch gravierende Fehlentscheidungen den Syrien-Konflikt auf die Spitze getrieben, ohne eine politische Lösung zu ermöglichen. Durch die Mithilfe bei der unverantwortlichen Bewaffnung und Finanzierung unberechenbarer Aufständischer hat das Weiße Haus dem Terror in Syrien freie Bahn gelassen. Jetzt geht es darum, das Blutvergießen in Syrien schleunigst zu stoppen, und zwar aufgrund von Diplomatie auf höchster Ebene und nicht mit Gewalt und noch mehr Tod und Zerstörung. Der US-Präsident hat in seiner zweiten Amtszeit glücklicherweise die Kurve gekriegt. Nicht aber die Erdogan-Regierung, die weiter hinter den Terroristen und Rebellen steckt. 

Daher war das Treffen zwischen Kerry und Lawrow im Kreml so wichtig. Die bedeutungslose deplatzierte Forderung Erdogans kam dem US-Präsidenten nicht auf die Lippen, der sich hoch diplomatisch von diesem zweckwidrigen Passus des Türken öffentlich distanzierte. Das aber passte in Deutschland nicht ins Bild: Absichtlich oder nicht brachte die ARD-Tagesschau am 16.5.2013 um 20 Uhr in Bezug auf die Washingtoner Pressekonferenz eine falsche und tendenziöse Information: "Nach Gesprächen im Weißen Haus bekräftigten Erdogan und US-Präsident Obama, Syrien Präsident Assad müsse zurücktreten." Das ist absolut falsch. US-Präsident Obama erklärte lediglich wörtlich, was sein türkischer Kollege, "der Ministerpräsident Erdogan" wollte. Er persönlich ließ sich nicht aber in die mörderische aggressive Falle Erdogans tappen. Es war eine raffinierte diplomatische Art des Weißen Hauses, dem Türken nicht öffentlich auf die Nase zu schlagen. Intelligenter als die ARD-Redaktion erschien die SZ-Redaktion am 17.5.2013, die über den gescheiterten Besuch vom Tayyip Erdogan im Weißen Haus keine einzige Silbe verlor, wohl wissend, dass Erdogan dabei eklatant versagte. Die SZ-Journalistin Sonja Zekri schrieb deshalb zutreffend in ihrem Artikel "Zäher als gedacht" vom 18.5.2013: "US-Präsident Barack Obama hat allem türkischen Drängen zum Trotz kein zügiges Eingreifen in Syrien in Aussicht gestellt." 

Der italienische Außenminister Giulio Terzi hatte sich schon Anfang Juli 2012 gegen ein libysches Szenario für Syrien ausgesprochen...."Die libysche Intervention ist keineswegs ein Modell zur Wiederholung“. So hört man aus dem Außenministerium in Rom, aber nichts dergleichen aus Berlin.

Moskau erklärte, man werde für Syrien kein libysches Szenario zulassen, und forderte, dass die Syrer selbst über das Schicksal ihres Landes, ohne Einmischung von außen und im Zuge eines breiten politischen Dialogs, entscheiden müssen. Der US-Außenminister John Kerry betonte, die zentrale Aufgabe sei nun, Vertreter der Opposition und der syrischen Regierung auf einer internationalen Konferenz zusammenzubringen. Genau das fordern Moskau und Peking seit Beginn des bewaffneten Aufstandes vor zwei Jahren. Dazu ist auch die Regierung in Damaskus bereit. Der syrische Außenminister habe in einem Telefongespräch das Festhalten der Assad-Regierung an der Genfer Vereinbarung bekräftigt und sich bereit erklärt, Verhandlungen mit der Opposition umgehend aufzunehmen. Der russische Außenminister Sergej Lawrow erklärte am 7.5.2013: "Jetzt geht es darum, alle Oppositionsgruppen dazu zu bewegen, sich an den Verhandlungstisch zu setzen."

Die Gewalt in Syrien dauert bereits über ein Jahr an. Laut UN-Angaben hat die Gesamtzahl der Opfer 70.000 überschritten. Die gezielte Destabilisierung und Kumpanei mit Terroristen ist aufzugeben. Die Einheit Syriens ist aufrechtzuerhalten. Syrien sollte sofort wieder in die Arabische Liga eintreten dürfen. Syrien war nicht nur Mitbegründer der Arabischen Liga, sondern auch Gründungsmitglied der Vereinten Nationen. 

Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait