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12. Mai 2013 - Luz Maria de Stefano de Lenkait:

Der allgemeine Mangel an Verständnis für internationale Politik in deutschen Medien, besonders hinsichtlich einer schnellen Beilegung der Syrien-Krise, gibt Anlass für folgende Stellungnahme zu

Süddeutsche Zeitung (SZ) vom 10.5.2013:
Leitartikel "Syrien - Was eine Intervention bringt" von Nicolas Richter,

SZ vom 11.5.2013: Leitartikel
"Im Spiegel der Schuld" von Joachim Käppner,

Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) vom 10.5.2013:
"Der Westen muss das Patt in Syrien beenden" von Shimon Stein

Was zu tun ist, um die Genfer Vereinbarung zu implementieren

Der Leitartikel von Nicolas Richter "Was eine Intervention bringt" ist eine Nachahmung des Original-Tons aus rechtsextremen zionistischen Kreisen, für die Shimon Stein seine unmäßige, misstönende Stimme erhebt (FAZ vom 10.5.2013: "Der Westen muss das Patt in Syrien beenden"). Völlig unbeachtet bleiben die humanitären Katastrophen, die gerade Interventionen des Westens seit dem ersten Irak-Krieg 1991 verursacht haben. Ein ehemaliger Diplomat mit dem Schwergewicht von Shimon Stein disqualifiziert sich als solcher in flagranti in dem Moment, als er für einen Angriffskrieg, für eine Aggression offen plädiert und dem politischen Ausweg keine Chance geben will. Damit nimmt sich Stein seine Stimme, um sich als Diplomat zu äußern. Diplomatie ist gerade alles andere als Kriege vorzubereiten oder anzuzetteln. Der nominale israelische Diplomat zeigt stattdessen, was er wirklich ist: Ein nackter Kriegstreiber. Schon der zweite Angriffskrieg Israels auf den Libanon im Juli 2006 wurde vom ihm skrupellos verteidigt, ja gerechtfertigt. Jetzt schweigt der Israeli über die jüngsten Luftangriffe seines Landes auf Damaskus, die nicht zu rechtfertigen sind und für die Israel von der Weltstaatengemeinschaft zur Verantwortung gezogen werden muss. Israel hat einen Akt von Aggression gegen einen souveränen Staat begangen, der völkerrechtswidrig ist. Jeder Diplomat weiß es und sieht, dass Israel damit zur Eskalation der Lage in der Nahostregion beiträgt. Die israelische Regierung riskiert kaltblütig einen Flächenbrand in der gesamten Region, das eigene Territorium, die eigene Bevölkerung eingeschlossen. Aber westliche Hauptstädte schweigen sich dazu aus genauso wie Shimon Stein. Die FAZ hätte einer solchen disqualifizierten Person niemals Raum geben dürfen, die mit wiederholter zionistischer Borniertheit darauf besteht, die Öffentlichkeit zur extremistischen Intervention aufzuhetzen und diesen abscheulichen Kriegskurs fortzusetzen, gerade als es darum geht, der besonnenen politischen Linie von US-Präsident Obama zu folgen, nämlich Deeskalation und Entspannung voranzutreiben, um den Nahen Osten zu befrieden. Deutschland muss endlich aufhören, immer dem zionistischen Druck nachzugeben, erst Recht, wenn er aus der extremen Ecke kommt und zu Mord und Zerstörung, zu Krieg anstiften will.

Solche skrupellosen Interventionisten bleiben im Primat des Militärs gefesselt, Politik bleibt für sie zweitrangig. Deshalb findet das amerikanisch-russische Einvernehmen in Moskau (7./8.5. 2013) bei ihnen, bei deutschen Medien überhaupt kein Verständnis, gar keine Unterstützung, nicht einmal aus dem Bundeskanzleramt oder aus dem Außenministerium. Obamas offizielle De-Eskalationpolitik wird durch solche neokonservativen Extremisten katapultiert, sabotiert. Unbegreiflich, dass sich nicht nur die FAZ sondern auch SZ-Journalisten wie Nicolas Richter und andere dafür benutzen lassen. Bestimmt spielt ihre fehlende humanistische Formation als negativer labiler Faktor eine Rolle. Humanistische Bildung ist hierzulande aufgrund der Geschichte sehr unterentwickelt. Auch viele Familien geben in dieser Hinsicht kein geeignetes Umfeld ab. Wie auch, wenn man bedenkt, was in der Zeit der Großeltern hier los war und welche Lehrer die Eltern hatten.

In diesem Zusammenhang ist die Ankündigung deutscher Staatsanwaltschaften, Anklagen gegen frühere Funktionsträger in NS-Vernichtungslager vorzubereiten, juristisch und ethisch völlig zutreffend und begreiflich, wenn auch vollkommen verspätet. Joachim Käppner sieht es richtig: Der Mensch hat eine persönliche Verantwortung für sein Handeln, die strafrechtliche Verantwortung ist deshalb höchst persönlich. Die zu lange wiederholte Ausrede, die Schuld auf andere zu schieben, auf die Vorgesetzten, auf den "Führer" ist nicht weiter haltbar, nicht weiter vertretbar. Strafrechtlich nicht, moralisch auch nicht. Heute dürfen sich Journalisten auch nicht hinter den Vorgesetzten, hinter den Machtträgern verstecken, um ihre Denkfehler, ihre Irrungen und Wirrungen auf diese Weise zu entschuldigen.

Die Nazi-Ära ist vorbei; sie ist Geschichte, selbst wenn sie sichtbare seelische Narben hinterlassen hat. Joachim Käppner erkennt das richtig. Allerdings war das Nürnberger-Tribunal eine großartige Initiative und Schaffung der USA, das die deutschen, europäischen Staatsanwaltschaften heute aufruft, sich den aktuellen Verbrechen gegen den Frieden zu widmen: Die aktuellsten und schlimmsten in Syrien, wo wenige EU-Staaten zusammen mit erzreaktionären Autokratien den friedlichen Weg zur demokratischen Wandlung des Landes verhindern und dazu Terror-Banden, Kriminelle und Söldner benutzen. Wo die Fäden hinter diesen Verbrechen zusammenlaufen, ist aufzudecken, um sofort das Blutvergießen und Morden in Syrien zu stoppen. Man darf nicht warten, um richtig zu handeln, nämlich im Sinne der Menschlichkeit, im Sinne der Vernunft, die Gewalt und Terror verabscheut.

Der von der Obama-Administration verfolgte Strategiewechsel darf keineswegs zu spät kommen. Er ist von allen zu unterstützen, weil er richtig ist, weil er der einzige Ausweg aus dem Schlamassel darstellt, das eine vorherige irregeleitete US-Politik angerichtet hat. Allerdings: "Die mediale Meute hat Blut geleckt" wie Werner Pirker in seinem Leitartikel "Strategiewechsel?" hart und grell schreibt, aber den Sachverhalt genau trifft. (Junge Welt vom 10.5. 2013)

Die Mission von US-Außenminister John Kerry ist schon schwierig genug, fast eine Mission impossible, denn seine Vorgängerin, Hillary Clinton hat sich als unbändige Kriegsfurie betätigt und ist mitverantwortlich dafür, dass jetzt die extremistischen Kreise und Kriegstreiber kaum noch aufzuhalten sind, auch mitten in einer rückständigen deutschen Presse, wo Journalisten weder die Formation noch den Verstand dazu haben, die Wende Washingtons als richtig einzusehen und als solches darzustellen. Deshalb bleiben sie beim Kriegsgeheul und werden dazu von zionistischen Kreisen instrumentalisiert. Warnungen vor einem Flächenbrand dienen zu nichts. Die Syrien-Frage hat seit den klaren Indizien von Chemiewaffen in den Händen der Aufständischen an Schärfe und Dringlichkeit gewonnen. Carla del Ponte, ehemalige Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofes und aktuelles Mitglied der UN-Kommission zur Untersuchung von Kriegsverbrechen in Syrien bestätigt Angaben aus Damaskus zum Einsatz chemischer Waffen durch die Rebellen. Wie reagiert der Westen vor dieser Ungeheuerlichkeit? Jedenfalls bleibt es ungewiss, was der Außenminister Guido Westerwelle dazu zu sagen hat. Bezeichnenderweise erlaubt die Redaktion eines führenden deutschen Presseorgans einem ehemaligen "Diplomaten" aus Israel, die bereits lancierte Lüge noch einmal zu verbreiten, das Verbrechen der syrischen Regierung vorzuwerfen, als längst bekannt ist, dass die Aufständischen und nicht die syrische Armee die Chemie-Waffen benutzt haben. Zu diesem Lügenauftritt gibt sich die FAZ her (10.5. 2013). Die Türkei beteiligt sich auch an diesem Wahnsinn und spielt dabei mit, die orchestrierte israelische Lüge weiter zu verbreiten.

Es ist nicht das erste Mal, dass westliche Kriegstreiber die Türkei als NATO-Mitglied für ihre unsäglichen Pläne einspannen wollen. Die türkische Regierung hat sich aber wider aller Einflussnahme aus dem Westen bisher herausgehalten. "Zu denen, die eine Entscheidung zum Krieg mit allen Mitteln der Intrige unbedingt erzwingen wollen, gehören neben Israel und den Golfstaaten auch die Türkei. Deren größenwahnsinniger Premier bezichtigt ... die syrische Armee, Chemiewaffen eingesetzt zu haben. Recep Tayyip Erdogan ...(bläst)... im Einklang mit der Netanjahu-Regierung zum Angriff. Es wäre nicht das erste Mal, dass eine dreiste Lüge einen Krieg mit katastrophalen Folgen ausgelöst hat." Der Journalist Werner Pirker schildert die teuflische Konstellation, die die Mission von John Kerry höchst gefährdet. Deshalb hätte der Titel seines Leitartikel besser lauten sollen: "Erdogans-Netanjahus falsches Spiel im Kesseltreiben gegen Russland und Syrien". (Junge Welt, 11.5. 2013, Leitartikel von Werner Pirker)

Es ist also zu beachten, dass zu den unberechenbaren wahnsinnigen Interventionisten Israel und Golfstaaten auch die Türkei gehört.

Solche ärgerlichen PR-Maßnahmen von Kriegslobbyisten sollten jedoch nicht davon ablenken, die vorrangige Frage zu stellen, was zu tun ist, um die Genfer Vereinbarung zu implementieren, um einen andauernden verlässlichen Waffenstillstand in Syrien zu erreichen, so dass die Bildung einer Einheitsregierung zustande kommen kann.

1. Die Aufständischen müssen von allen sie unterstützenden Mächten (Katar, Saudi-Arabien, Türkei, Deutschland, Frankreich, USA und Großbritannien) aufgerufen werden, die Waffen niederzulegen und am Verhandlungstisch Platz zu nehmen. Eine Kommission zur Hilfe bei der Entwaffnung der Rebellen aus syrischen, russischen, chinesischen und US-amerikanischen Militär und auch UN-Beobachtern können die Abgabe der Waffen kontrollieren. Die Zusammensetzung der Kommission muss mit Einverständnis der syrischen Regierung geregelt werden. Die syrische Armee braucht diese Unterstützung.

2. Ein Fond muss in Zusammenarbeit mit der syrischen Behörden ausgestattet werden, um den Aufständischen ökonomisch dabei zu helfen, sich neu in die syrische Gesellschaft zu integrieren und am Aufbau des Landes teilzunehmen. Hier kann auch China entscheidend dabei helfen.

3. Staatsanwaltschaften sollten ihre Anklage-Funktion hinsichtlich der heutigen Kriegsverbrecher gegen den Frieden, der Kriegstreiber, Kriegsanstifter und ihren Schreiberlingen aktualisieren und redigieren. Auf diese Weise tragen sie dazu bei, den friedlichen Prozess in Syrien nicht weiter torpedieren zu lassen.

Der Strategiewechsel der USA ist zu begrüßen und auf allen Ebenen zu unterstützen, weil er richtig ist.

Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait