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16. Dezember 2012 - Luz Maria de Stefano de Lenkait:

Die Lage in Syrien, die deutsche Außenpolitik und das zugehörige Medienecho geben Anlass zu folgender Stellungnahme zu 

Junge Welt vom 12.12.2012:
"Genfer Abkommen torpediert" von Karin Leukefeld, 

Junge Welt vom 13.12.2012, Leitartikel:
"Kriegserklärung" von Werner Pirker, 

Süddeutsche Zeitung (SZ) vom 13.12. 2012:
"Freunde Syriens werten Opposition auf"
von Reymer Klüver, Frederik Obermaier,

SZ vom 14.12. 2012:
"Assads Kontrollverlust" von Sonja Zekri

Wenn eine Regierung eine Lüge mehrmals wiederholt...

Die Öffentlichkeit wird immer wieder Opfer falscher Propaganda, fiktiver Geschichten, nebensächlicher Gerüchte, Unterstellungen, Lügen und Phantastereien. Wenn es wenigstens Geschichten ähnlich denen aus Tausend und einer Nacht wären, gäbe es wenigstens wirklich schöne und belehrende Phantasien. Dann wären sie vielleicht zu etwas von Nutzen für einen dekadenten Westen, der mit seiner korrupten Politik immer weiter in selbst fabrizierte Gewalt-Szenarien versinkt. 

Eine Regierung, die selbstsicher ist, im Recht zu sein, denkt nicht daran, eine Propaganda-Lügen-Kampagne zu wagen, um dadurch zu beweisen, dass sie Recht hat. Deutschland entfernt sich weiter vom Recht und Gesetz, degeneriert in einen Unrechtsstaat, der sich nicht Richtung Frieden bewegt, sondern in der Logik des Krieges und des Kalten Krieges rückständig verankert bleibt. Deshalb braucht die Regierung Lügen und propagandistische Maschen, um die eigenen Leute bei der Stange zu halten und die Öffentlichkeit schamlos zu täuschen. Wiederholt man eine Lüge oft genug, so wird sie endlich als Wahrheit wahrgenommen, so schon die Doktrin des Nazi-Propagandaministers Joseph Goebbels. Im Zusammenhang mit den abstrusen NATO-Plänen zur Stationierung von Raketen in der Türkei hört man wiederholt, es gehe darum, "den NATO-Partner vor möglichen Angriffen aus dem benachbarten Syrien zu schützen", der Einsatz sei "ausschließlich defensiv". Jedoch gab es bislang keinen Raketenbeschuss aus Syrien, wie ganz richtig die Journalisten Christoph Hickmann und Martin Winter (SZ vom 15.12. 2012) feststellen. Das Gegenteil ist den Tatsachen entsprechend der Fall: Aus der Türkei agieren Terror-Banden, die Syrien ins Chaos stürzen wollen. Solche Banden in einem Konglomerat von ausländischen Oppositionellen rotteten sich kürzlich zusammen, um eine sogenannte "Nationale Koalition" in Marrakesch zu bilden. Einige westliche Regierungen verleihen ihnen sofort einen offiziellen Status (12.12. 2012). Synchron mit diesem zusammentretenden Bund von Kollaborateuren erklärt NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen am selben Tag, der Zusammenbruch der syrischen Regierung sei nur "eine Frage der Zeit". Dazu wagen deutsche Medien unverschämt, Russland einen Wechsel seiner begründeten Position zu Syrien haltlos zu unterstellen. Das Dementi aus Moskau kam prompt: Der Vize-Außenminister Michail Bogdanow habe keine Interviews oder Presse-Erklärungen verbreitet, also gebe es keine Aussage von ihm, wie tendenziös und gelogen verbreitet wurde. "Russland hat seine Position zu Syrien nicht verändert und wird sie nicht verändern." (SZ am 15.12. 2012). Die Lüge wurde also aufgedeckt und damit auch, wie unverfroren deutsche Medien hierzulande die Öffentlichkeit im Interesse einer kriminellen Politik der Mächtigen täuschen wollen. 

Zur Manipulation der Öffentlichkeit gehört auch das Schweigen über die kritische politische Stellungnahme des Fraktionsvorsitzenden der Linken Gregor Gysi, der in seiner brillanten Rede fundiert begründet die gefährliche Kriegspolitik der Bundesregierung denunziert. Manipulativ verlautet es daraufhin in der SZ vom 15.12. 2012 "Scharfe Kritik erntete Linken-Fraktionschef Gregor Gysi für seinen Vorwurf, Deutschland marschiere "mit der Bundeswehr in den Nahen Osten ein". Aus welcher Ecke kommt denn jene "scharfe Kritik" an Gysi? Im selben Blatt wird lediglich die unsägliche Grüne Kerstin Müller zitiert, die seit langem für ihre widerliche Sympathie für Angriffskriege auf hässliche Weise bekannt ist zusammen mit ihrer bedingungslosen Abhängigkeit von der NATO seit ihr Mentor, Joschka Fischer, sich als NATO-Laufbursche hergab, um die serbische Regierung vor dem verheerenden Bombenangriff 1999 beschämend zu erpressen. Die deutsche Öffentlichkeit aber versteht sehr gut den Vorwurf von Gregor Gysi und teilt gewiss genauso empört seine nüchterne Kritik an der Stationierung von Raketen in der Türkei nahe der Grenze zu Syrien und der Entsendung von Bundeswehrsoldaten in diese Krisenregion. 

Ein NATO-Bekenntnis ist jetzt völlig unangebracht. Es macht stutzig, dass es in einigen Medien auch noch vollkommen überbetont wird. Nicht nur sekundäre Regierungs- und SPD-Vertreter, sondern auch der ARD-Korrespondent Christian Thiels in Berlin verfiel in dieses seltsame NATO-Bekenntnis im ARD-Fernsehen, als ob es in der ARD-Tagesschau am 15.12 um 20 Uhr bezüglich der Stationierung der Raketen und zukünftigen Aufmarsch der Bundeswehr im Nahen Osten Teil der Nachrichten wäre. Dieses NATO-Bekenntnis erscheint daher oberfaul, weil es so übertrieben betont daherkommt. Es weist genau auf das Gegenteil in Bezug auf die NATO hin. Eine solche verlogene Manifestation entspricht der herrschenden feigen Mentalität einer deutschen politischen Klasse, die nicht den Mut aufbringt, ihre eigenständige Position ehrlich und selbstsicher zu vertreten.

Eines wird dabei auch noch einmal klar: Das Leben, das Leid der Menschen in Syrien interessiert nicht die korrupten europäischen Politik-Eliten. Sie blockieren weiter jeden Dialog und beharren auf ihrer Besessenheit, den syrischen Präsidenten Baschar Al-Assad gewaltsam zu stürzen. Vor einem so extremen Wahn hat der ehemalige UNO-Generalsekretär und erste Sondervermittler zu Syrien, Kofi Annan, aktiv entschlossen reagiert. Er besuchte Berlin am 11.12. 2012, also genau einen Tag vor dem unsäglichen Marrakesch-Treffen und wurde vom Außenminister Guido Westerwelle im Außenministerium empfangen, bezeichnenderweise ohne großes Presse-Echo. Kofi Annan hatte kürzlich die USA und ihre westlichen Partner im UN-Sicherheitsrat kritisiert, das Genfer Abkommen vom 30.Juni 2012 torpediert zu haben. Die Genfer Vereinbarung ist von allen Außenministern der UN-Vetomächte unterzeichnet worden und sah eine Übergangsregierung aus Vertretern des amtierenden Kabinetts und der Opposition in Syrien vor. Diese sollte eine verfassungsgebende Versammlung einleiten und Neuwahlen vorbereiten. Der syrische Präsident Baschar Al-Assad hatte gegenüber Kofi Annan seine Zustimmung zu dem Abkommen erklärt. Unmittelbar darauf hatten die USA, Frankreich und Großbritannien im UN-Sicherheitsrat schärfere Maßnahmen gegen Syrien gefordert und die Vereinbarung ignoriert. Gefesselt oder konfus in der Propaganda-Masche und Kriegslogik unterschlagen deutsche Medien die autorisierte sachliche Kritik von Kofi Annan. Keine Meldung darüber, auch nicht über sein Auftritt in Berlin, wo er sicherlich Klartext vor dem deutschen Außenminister redete. Nur "Junge Welt" als einzige professionell seriöse Zeitung Deutschlands hat die Bravour, gegen die falsche, dirigierte offizielle Strömung anzugehen zugunsten einer wahrhaften sachlichen Information. Der Artikel "Genfer Abkommen torpediert" von Karin Leukefeld, Junge Welt vom 12.12. 2012, ist reichlich aufklärerisch wie immer ebenso wie der Leitartikel "Kriegserklärung" von Werner Pirker, Junge Welt vom 13.12. 2012. In einem deutschen politischen System, das sich als freiheitlich-demokratischer Rechtsstaat ausgibt, aber als solcher kaum feststellbar ist, fällt die Tageszeitung Junge Welt als ehrenvoller Dissident aus dem Rahmen. Gott sei Dank!

Das Oppositionsbündnis der ausländischen Oppositionellen wurde in Marrakesch unter der Anleitung von US-Außenministerin Hillary Clinton forciert, um das Anti-Assad-Lager als die legitime Führung des syrischen Volks fungieren zu lassen. Werner Pirker macht uns darauf aufmerksam: "In bescheidener Zurückhaltung überließ Washington Großbritannien und Frankreich bei der Anerkennung der Kollaborateure den Vortritt." Während Guido Westerwelle von einem "klaren Zeichen der Aufwertung der syrischen Koalition... sprach, welche die legitimen Interessen des syrischen Volkes vertritt", betonte sein britischer Amtskollege William Hague, dass Großbritannien die Koalition bereits "voll anerkannt" habe. Großbritannien hatte in der vergangenen Woche vergeblich versucht, ein EU-Waffenembargo aufzuweichen, um die Aufständischen in Syrien zu beliefern. 

Wie erbärmlich widersprüchlich sich die Haltung der USA demonstriert, beweist ihr Bannfluch gegen die aktiven Terroristen in Syrien: "Am selben Tag, an dem der amerikanische Präsident Barack Obama die Nationale Koalition anerkannte, setzte die US-Regierung die schlagkräftigste der Islamisten-Einheiten - die Al-Nusra-Front - auf die Liste der Terrororganisationen. Nun muss Washington die Reaktion aus den Reihen der sogenannten Oppositionellen realistisch wahrnehmen, um folgerichtig aus dem selbst angerichteten Schlamassel herauszukommen. Sonja Zekri berichtet über die Reaktion der Kombattanten-Oppositionellen, die eigentlich Anlass für große Sorge sein sollte: "Wir sind alle ... Al-Nusra.". Also müssen umgehend alle ausländischen Oppositionelle als Terroristen aufgelistet werden. In der Tat sind sie es, wie Attentate gegen Regierungssoldaten durch Auto-Bomben, die hier und da Menschenleben zerstören, sie als solche brandmarken.

Allerdings haben die USA selbst die Terror-Welle In Syrien im Gang gesetzt und wissen anscheinend nicht, wie sie jetzt die Pandora Büchse schließen können. Sie sitzen weiter in der Falle: "Die 'Nationale Koalition ' ist ein in Doha Anfang November 2012 auf Betreiben der USA und der Staatengruppe 'Freunde Syriens' gegründeter Kreis von im Exil lebenden Syrern, die auf Wunsch Washingtons und seiner westlichen Verbündeten eine Exilregierung bilden und eingesetzt werden sollen, sollte der syrische Präsident und die amtierende Regierung in Damaskus von den Aufständischen gestürzt werden... Großbritannien bemüht sich weiter um die Aussetzung des EU-Waffenembargos für die Aufständischen in Syrien." ("Konzertierter Kampf" von Karin Leukefeld, Junge Welt vom 11.12. 2012) Dagegen hat sich zum Glück Bundeskanzlerin Angela Merkel eindeutig geäußert, auffallend nicht der deutsche Außenminister, sondern seine Chefin, die Bundeskanzlerin, mit ihrem ganzen Gewicht: "Die Aufhebung des Waffenembargos" gegen Syrien gehöre auf keinen Fall zu den "Optionen", die nun die Außenminister ausarbeiten sollen, versicherte Angela Merkel, gemäß dem Bericht von Christoph Hickmann und Martin Winter (SZ am 15.12. 2012, Seite 7). Frankreich und Großbritannien waren kürzlich mit dem Versuch gescheitert, das Embargo zugunsten der Aufständischen aufzuweichen. Abgesehen davon kann ein Waffenembargo nicht rechtlich zugunsten einer Gruppe aufgehoben werden.

Mit überwältigender Mehrheit hat der US-Senat in der ersten Woche Dezember die Regierung in Washington aufgefordert, militärische Optionen für ein Eingreifen in Syrien auszuarbeiten. Karin Leukefeld macht darauf aufmerksam. ("Konzertierter Kampf" von Karin Leukefeld, Junge Welt vom 11.12. 2012). Das heißt, die radikalen Neokonservativen sind am Werk, um noch mehr Unheil im Nahen Osten anzurichten und der Politik in Syrien keine Chance zu geben. Der Druck der Neokonservativen aus dem US-Senat hat also offensichtlich entscheidend dazu beigetragen, dass die Türkei innerhalb der NATO für eine internationale Militärintervention wirbt. Ein Ziel der Türkei sei es, die NATO durch den Einsatz zu einem militärischen Eingreifen im Syrien-Konflikt zu bringen. (Aus der syrischen Zeitung Al-Watan, Junge Welt vom 12.12. 2012: "Patriot-Einsatz - Syrien: Auftakt für Militärintervention" ) "Die Patriot-Mission solle zudem 'französische und britische Versuche decken, Waffen an die Opposition zu liefern'. Die Stationierung der Luftabwehrraketen diene letztlich auch dazu, die diplomatischen Bemühungen des internationalen Syrien-Gesandten Lakhdar Brahimi sowie Gespräche von Vertretern der USA und Russlands zu sabotieren."

Das Treffen der US-Außenministerin Hillary Clinton mit ihrem russischen Kollegen, Sergej Lawrow, in Dublin am vergangenen Donnerstag 13.12. 2012 ist auch unterschlagen worden durch die Verdrehung der russischen Position gerade am Tag des amerikanisch-russischen Treffens, an dem auch der UN-Sonderbeauftragter Lakhdar Brahimi teilnahm. Damit hat man öffentlich verschweigen können, dass es um die politische, nicht-militärische Lösung für Syrien geht, die sowohl der Außenminister Russlands als der UN-Sonderbeauftragter Lakhdar Brahimi gemäß der Genfer Vereinbarung unterstützen. Deutsche Medien verschweigen auch die gegensätzliche unhaltbare Position einiger weniger westlicher Staaten, die für Terror und weitere Zerstörung in Syrien verantwortlich sind. Die USA bemühen sich offensichtlich, aus der extrem gefährlichen eskalierenden Lage im Nahen Osten herauszukommen und suchen dafür einen zuverlässigen Partner, auf den sie rechnen können, um eine Deeskalation in Syrien erfolgreich voranzutreiben. Bemerkenswert ist, dass sich die USA dazu an Russland wenden und nicht an Deutschland oder irgendein anderes europäisches Land. 

Washington hat jedoch erst durch gravierende falsche Entscheidungen den Syrien-Konflikt auf die Spitze getrieben, ohne eine politische Lösung zu ermöglichen. Durch die unverantwortliche Bewaffnung und Finanzierung unberechenbarer Aufständischer hat das Weiße Haus dem Terror in Syrien freie Bahn gelassen. Diese ungeheuerliche aus dem Ausland gesteuerte unmenschliche Situation ist sofort zu stoppen.

In diesem Zusammenhang ist es bezeichnend, dass die Süddeutsche Zeitung trotzig zu der Ernennung von John Kerry als erstklassiger Außenminister in Washington reagiert. Der geschmacklose unangebrachte Artikel "Zweite Wahl" von Nicolas Richter und "Obamas Vernunftopfer" von Hubert Wetzel am 15.12. 2012 lassen die Desillusion der Sympathisanten mit den US-neokonservativen Kreisen in der Süddeutschen Zeitung durchblicken. Im besten Sinne der radikalen Bush-Linie will die SZ-Redaktion in der Ernennung Kerrys "kein außenpolitisches Signal" erkennen. Ein großer Irrtum, der nur dem merkwürdigen Wunschdenken der SZ entspricht. 

Eine große Persönlichkeit wie der profilierteste Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im US-Senat, der Außenpolitiker John Kerry, ist bestimmt imstande als zukünftiger Außenminister die amerikanische Außenpolitik wieder auf die richtigen Gleise zu setzen und Fehler der Vergangenheit zu korrigieren. Reaktionäre Elemente dürfen keineswegs weiter die politische Bühne betreten. Unbegreiflich, warum der SZ-Journalist Nicolas Richter meint, "Kerry hat ein schwieriges Verhältnis zum Krieg". Welches Verhältnis zum Krieg hat denn dieser seltsame SZ-Journalist? Wieso will er John Kerry nicht dafür würdigen, dass er sich nach seiner Rückkehr aus Vietnam den Kriegsgegnern anschloss und dem US-Militär vorwarf, Verbrechen zu begehen? Der ehemalige US-Verteidigungsminister Robert Mac Namara tat dasselbe in autorisierter Kenntnis der Sachlage und mit voller Begründung. Ebenso ehrt es John Kerry, dass er Präsident George W. Bush vorwarf, sein Land getäuscht zu haben, als nach der US-Invasion in Irak kein Massenvernichtungsarsenal gefunden wurde. Gerade infolgedessen wurden George W. Bush und der Brite Anthony Blair als Kriegsverbrecher für Verbrechen gegen den Frieden vom Kuala-Lumpur Tribunal am 23.11.2011 verurteilt. Nicolas Richter sollte diese gerichtliche Verurteilung von großer globaler Tragweite nicht ignorieren, sondern normale Konsequenzen daraus ziehen, bevor er blamabel oberflächlich das "Verhältnis zum Krieg" banalisiert. Leider zeigt sich hier zum wiederholten Mal, wie anachronistisch einige SZ-Journalisten in der verheerenden Mentalität des 20. Jahrhundert verankert bleiben: Eine verhängnisvolle Last von Faschismus, NATO, Atombomben und Kaltem Krieg. 

Der Kuala-Lumpur-Prozess vom November 2011 ist hoch zu bewerten, und zwar als weiteren großen Fortschritt der Justiz nach mehr als 60 Jahren seit den Nürnberger Prozessen. Im Kuala-Lumpur-Prozess werden die heutigen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen den Frieden behandelt und die Täter verurteilt. Es geht um die aktuellen Kriegsverbrecher, die sich schon seit dem letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhundert profilierten. Also es ist an der Zeit, dass sich professionelle Journalisten mit dem Frieden als Normalzustand befreunden, anstatt sich weiter zu erlauben, wie mit Zinnsoldaten Kriegsszenarien durchzuspielen.

Deutsche Medien, Bundeskanzleramt und Bundestag wären gut beraten, wenn sie die Ansprache des russischen Präsidenten Vladimir Putin im Kreml am 12.12. 2012 als Anstoß zum konzentrierten Nachdenken nähmen, vor allem was Demokratieverständnis eigentlich betrifft: "Russische Demokratie bedeutet die Herrschaft des russischen Volkes und nicht etwa eine 'Demokratie' nach Maßstäben, die aus dem Ausland diktiert werden", erklärt vollkommen richtig der russische Präsident. (ARD/ZDF-Mittagsmagazin 12.12. 2012). Kein Kommentar darüber in der Süddeutsche Zeitung. Warum? Weil Deutsche Journalisten dann anerkennen müssten, dass Deutschland offensichtlich unter Fremdbestimmung handelt. Ist Deutschland eine Demokratie im Sinne der Herrschaft des deutschen Volkes? Wahlen existieren hierzulande, ja, aber handeln die deutschen Volksvertreter souverän oder unter dem Diktat und starken Einfluss einer fremden Macht, die NATO heißt? Die unangenehme Frage ist berechtigt und deutsche Medien sollten sich damit befassen, ohne die prekär funktionierende deutsche "Demokratie" unter den Teppich zu kehren. Selbst die Gerichtsbarkeit, sogar das Bundesverfassungsgericht, ist hier ein Konglomerat der Parteien-Oligarchie mit verdienten Parteimitgliedern als Richter. Deshalb funktioniert die Justiz auch nicht.

Die Arroganz des NATO-Westblocks ist widerlich und hört nicht auf, die Menschen in Syrien mit Terror und Bomben-Explosionen skrupellos töten zu lassen. Diese Perversion findet im Namen der "westlichen Demokratie" statt. Zutreffend stellt Werner Pirker in seinem hervorragenden Leitartikel "Kriegserklärung" (Junge Welt, 13.12. 2012) das falsche westliche Verhaltensmuster bloß: "Dass die syrische Opposition demokratisch legitimiert sei, wird aus ihrer Kollaboration mit dem "demokratischen Westen" heraus begründet. Doch wie demokratisch legitimiert kann eine politische Kraft sein, die ihren Machtanspruch nicht aus freien Wahlen, sondern aus der politischen und militärischen Unterstützung durch die westlichen Hegemonialmächte bezieht? Die Parlamentswahlen vom September 2011 und die Kommunalwahlen vom Dezember ...sind von der unversöhnlichen Opposition, die keine andere Option als die eines gewaltsamen Umsturzes in Betracht zu ziehen bereit ist, boykottiert worden. Was hat Demokratie noch im mindestens mit der Idee demokratischer Selbstbestimmung zu tun, wenn die Fremdbestimmung zu ihrer Voraussetzung erklärt wird?" 

Was hatte die prowestliche Opposition dazu bewogen, die lang angekündigten Wahlen in Syrien zu boykottieren? Warum wurden sie von OSZE-Wahlbeobachtern nicht einmal zur Kenntnis genommen? Warum haben deutsche Medien darüber nichts gemeldet weniger noch kommentiert? "Weil Wahlen im syrischen 'Revolutionsszenario' nicht vorgesehen waren. Denn sie hätten die mangelnde Verankerung der Aufständischen in der Bevölkerung schonungslos bloßgelegt". (Leitartikel "Kriegserklärung" von Werner Pirker, Junge Welt,13.12.2012)

Wie unerträglich das dekadent selbstsüchtige Europa handelt, zeigt das neokoloniale Frankreich. Absolut unangebracht blamabel sind amtliche europäische Erklärungen, Europa müsse dazu beitragen, dass der syrische Machthaber Baschar Al-Assad "so rasch wie möglich verschwindet", und es sei eine "moralische Pflicht", den Syrern gegen das "illegitime Regime" zu helfen, Aussagen, welche die unglaubliche Zumutung des französischen Präsident François Holland und des Präsidenten des Europäischen Rats bloßstellen (SZ vom 15.12. 2012). So weit die Anmaßung eines korrupten anachronistischen Europas, eines Europas von Banditen, das sich weiter von Demokratie, Menschlichkeit, Recht und Respekt für die Selbstbestimmung anderer Völker entfernt.

Russland und China engagieren sich für die Übergangsregierung, für die sich die fünf UN-Sicherheitsmächte in der Genfer-Vereinbarung im Konsens in Genf am 30.6.2012 abstimmten. Deshalb werden sie kritisiert und ihre Position von einem zerstörerischen Westen verdreht. Die Genfer Vereinbarung ist der Plan von Kofi Annan und Lakhdar Brahimi, also der Plan der zwei UN-Gesandten zu Syrien. Darüber schweigt der deutsche Außenminister Guido Westerwelle, weil er ein beschämender Teil der Sabotage ist. Anstatt sich für eine zivilisierte Politik einzusetzen, hat sich das Außenministerium zugunsten bewaffneter Aufständischer quasi in eine Zentrale des Gewalt-Exports nach Syrien verwandelt. So abgrundtief ist Deutschland seit der Zeit des Nazi-Terrors nicht gesunken. 

Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait