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11. November 2012 - Luz Maria de Stefano de Lenkait:

Syrien bleibt weiterhin eines der wichtigsten Themen internationaler Politik, besonders wenn man beobachtet, was auf der einen Seite die Süddeutsche Zeitung dazu berichtet und kommentiert und auf der anderen Seite die Tageszeitung Junge Welt (*), Anlass zu folgender Stellungnahme zu

Süddeutsche Zeitung (SZ) vom 10.11.2012: "Rette sich, wer kann"
und SZ-Kommentar "Assads unverdientes Glück", beide von Tomas Avenarius.

Auf der Rückkehr zum Realismus

Wem nutzen die mediale Lüge und Desinformation über die Ereignisse in Syrien? Tomas Avenarius verschließt seine Augen vor einer weltbekannten Realität: Der Konflikt wird von bestimmten westlichen und reaktionären arabischen Staaten angeheizt. Ohne diese verheerende Einmischung von außen gäbe es keinen brutalen andauernden Konflikt. Die im Lande ansässige syrische Opposition hätte sich längst an den Verhandlungstisch gesetzt. 

Die britische Syrien-Politik zeigt sich höchst gefährlich. Gefangen im anachronistischen Muster des lange untergegangenen Britischen Empire will der britische Premier direkte Gespräche mit den militärischen Führern der Opposition aufnehmen und distanziert sich offen von der Linie der USA, die sich inzwischen von den bewaffneten Aufständischen entfernt. David Cameron verfolgt offenbar seine eigene Agenda und will "die syrische Opposition mitgestalten". Der Artikel von Karin Leukefeld "Ich bin keine Marionette" in der Tageszeitung "Junge Welt" vom 9.11.2012 stellt die Zumutung Londons bloß. 

"Das syrische Außenministerium hat in einem Schreiben an den UN-Sicherheitsrat, die UN-Vollversammlung und den UN-Generalsekretär darauf hingewiesen, dass ständige und nicht-ständige Mitgliedsstaaten im UN-Sicherheitsrat die Öffentlichkeit über den Charakter der bewaffneten Gruppen in Syrien wissentlich im Unklaren gelassen hätten....In aller Öffentlichkeit würden die Gruppen finanziert und bewaffnet. Das syrische Außenministerium machte namentlich "Saudi-Arabien, Katar, Libyen, die Türkei, Großbritannien, Frankreich und die USA" dafür verantwortlich. Hinzu kämen Medien, die mit Falschmeldungen die globale öffentliche Meinung gegen Syrien mobilisierten. Zuletzt hätten die USA, Deutschland und Großbritannien verhindert, dass der Sicherheitsrat die Terroranschläge verurteile.... Der stellvertretende syrische Außenminister Faisal Mekdad sagte im Gespräch mit der BBC am 7.11. 2012, er hoffe nach der Wiederwahl von US-Präsident Barack Obama, dass dieser nach "gerechten Lösungen" für den Mittleren Osten suche. "Tödliche Fehler" der US-Außenpolitik im Mittleren Osten hätten die Lage in der Region eskaliert...Er glaube nicht, dass die USA nach ihren Niederlagen in Irak und Afghanistan eine neue Militärintervention in Syrien wollten". (Aus dem Artikel von Karin Leukefeld "Ich bin keine Marionette" in der Tageszeitung "Junge Welt" vom 9.11. 2012) 

Nicht die syrische Opposition im Land, sondern ein britischer Premier David Cameron maßt sich die Frechheit an, vorzuschlagen, "den syrischen Präsidenten solle ins Exil gehen" und der SZ-Journalist Tomas Avenarius wiederholt würdelos die britische Zumutung und verkauft der Öffentlichkeit eine lügnerische verkehrte Lage. Sollte Avenarius unvoreingenommen und nicht befangen sein, wäre er stutzig geworden, ja misstrauisch gegenüber London. Weiß der SZ-Journalist, dass gerade in London eine "Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte", die dem Syrischen Nationalrat (SNR) nahe steht, sich beeilte, nach einer Auseinandersetzung zwischen bewaffneten Banden und der syrischen Streitkräfte sofort die Täter zu benennen? Von weitem, ausgerechnet von London und Genf aus, will man die Vorkommnisse besser kennen als Beobachter am Tatort selbst? "Von offizieller syrischer Stelle gab es zunächst keine Stellungnahme zu dem Geschehen. Ungewöhnlich rasch reagierte dagegen der Vertreter der UN-Kommissarin für Menschenrechte in Genf und sprach von einem "Kriegsverbrechen". Diese Überlegung von Karin Leukefeld, die sich zeitweilig in Damaskus befindet, sollte dem bedenkenlosen SZ-Journalisten Anlass zum gründlichen Nachdenken geben. Leider stellt er seine Unbildung in Sachen Demokratie bloß, indem er einen selbstverständlichen Hauptpunkt nicht sieht: Über die Zukunft Syriens und über die Zukunft des syrischen Präsidenten könnte allein eine Volksabstimmung entscheiden. Es ist ein Wahlergebnis, das nach weltweit anerkanntem demokratischen Maßstab ganz einfach bestimmt, ob ein Präsident bleiben oder gehen soll. 

Dass die Regimegegner bei der Konferenz in Katar (Doha, 4. bis 9.11. 2012) sich nicht auf einen neuen Oppositionschef einigen konnten, ist keine wichtige Neuigkeit. Der sogenannte Syrische Nationalrat, der aus Istanbul agiert, wirkt als ein Hindernis für eine normale Entwicklung in Syrien, denn er setzt auf Gewalt und unterstützt terroristische Banden, die einen Bürgerkriegszustand im Land herbeiführen wollen. Glücklicherweise bisher erfolglos. Aus diesem SNR ist kein politisches Organ zu machen, weil Gewalttätige keine Politiker sind. Dass Europa immer noch mit solchen Banden und Söldnern als "Demokraten" umgehen will, ist das Problem Europas, das Armutszeugnis seiner Dekadenz und Dummheit. Die USA dagegen sind schon auf der Rückkehr zum Realismus. Die Außenministerin Hillary Clinton forderte bereits vor einigen Wochen, sich von den bewaffneten Aufständischen und islamistischen Söldnern zu distanzieren. "Die allerdings haben mit der Einwilligung Washingtons, von Saudi-Arabien und Katar finanziert, aus Libyen, der Türkei, Libanon und Jordanien den schmutzigen Krieg nach Syrien gebracht" ("Haltet den Dieb" von Karin Leukefeld, Junge Welt vom 3.11. 2012) Der Ruf von Hillary Clinton wurde hierzulande medial verschwiegen, weil er nicht zur teutonischen Borniertheit passt.

In diesem Zusammenhang sind die Worte vom türkischen Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan nicht als Vorwurf an die Vereinten Nationen zu verstehen, wie tendenziös und völlig daneben Tomas Avenarius sie interpretiert. Ein türkischer Premier, dessen Außenminister die beschämende Unterstützung aus der Türkei bewaffneter Banden eingefädelt hat, weiß nur zu gut, welche Länder die Vereinten Nationen darin hindern, ihre Vermittlung und ihren Friedensplan für Syrien umzusetzen.

Der Journalist Tomas Avenarius verhält sich merkwürdig befangen und unprofessionell, wenn er die Länder , die für die Blockade des Friedensprozess in Syrien verantwortlich sind, nämlich die Türkei, Katar und Saudi Arabien unter anderen als Unterstützer der Opposition darstellt: Sie sind keine Unterstützer der syrischen Opposition, sondern klipp und klar Kriegs- und Gewalttreiber hinter Terror-Banden. Eine Schande, dass solche Staaten Partnerstaaten Europas bleiben. Mindestens in der Vorstellung von einem desinformierten und desinformierenden SZ-Journalisten. 

Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait

* P.S. Die Tageszeitung "Junge Welt" ist eine wahre Fundgrube, wenn es um die internationale Syrien-Politik geht, aber nicht nur dann, sie ist grundsätzlich eine wichtige Quelle der Information und für Anregungen, die anderswo kaum zu finden sind. Diese Tageszeitung ist es wert, mehr Unterstützung zu erfahren, am besten mit einem Abo, weiteres hier:
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