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4. August 20914 - Luz Maria de Stefano de Lenkait:

Kommentar zu

ARD-Fernsehsendung "Presseclub" vom Sonntag 3.8.2014

Europa wegen des Krieges in der Ukraine
in einer ernsten Krise

Als der NATO-Versuch, sich zur militärischen Interventionsmacht nach dem Vorbild ihres Bomben-Angriffs 1999 auf Jugoslawien zu etablieren, auf dem NATO-Gipfel in Lissabon 2010 scheiterte, begann die Kriegsfraktion Washingtons ihren Plan B anzugehen, und zwar Länder wie Polen und die baltischen Staaten durch bilaterale Verträge für ihre militärischen Interventionspläne zu gewinnen. Auf diese Weise übergingen die USA den NATO-Beschluss von Lissabon vom 20.11.2010 und konnten sich mit Hilfe des angezettelten Ukraine-Konflikts gegen Russland in Stellung bringen. Diese Gefährdung der internationalen Ordnung durch das Vorgehen der USA in Europa können die Staaten der EU einschließlich Deutschland unmöglich ignorieren.

Europa befindet sich wegen des Krieges in der Ukraine in einer ernsten Krise, ein Krieg an der Grenze zu Russland, der von US-Machtkreisen angezettelt ist. Verbrecherische Provokationen, wie der kriminelle Absturz eines Passagierflugzeugs am 17.7.2014 und womöglich weitere Provokationen können unberechenbare Folgen haben. Haben wir es hier mit dem eiskalten Kalkül einer militärischen Organisation zu tun, deren Legitimation für ihre weitere Existenz am Schwinden ist? Hohe deutsche Politiker (Gernot Erler und Völker Rühe) warnen vor einer unkontrollierbaren Ausweitung des Krieges. Aber anstatt de-eskalierend zu wirken, starten EU und USA vollkommen verantwortungslos einen Wirtschaftskrieg mit Russland. Die Bundesregierung muss diese wahnsinnige Eskalation innerhalb der EU bremsen. Es sind einige wenige Verrückte, die sowohl hierzulande als auch in Brüssel die Spannung auf die Spitze treiben wollen. Es waren auch wenige, nur eine kleine Clique in der Entourage des deutschen Kaisers in Berlin, die 1914 Europa zum Ersten Weltkrieg führte. Martin Hantke dazu:

Die SPD ist in Wahrheit in die Frontstellung des Ersten Weltkrieges zurückgekehrt. Krieg ist für sie ein Mittel der Politik. Sie trägt die Eskalationspolitik gegen Russland mit und setzt alles auf einen Wirtschaftskrieg zur Interessendurchsetzung. Selbst die Bewaffnung der Dschihadisten in Syrien sowie die Zerstörung Lilbyens hatte man mit initiiert. ... SPD-Chef Sigmar Gabriel versucht, die Sanktionspolitik sogar noch mit der Behauptung zu rechtfertigen, sie treffe russische Oligarchen. Auch das erinnert an Legitimationsmuster und Lügen zur Rechtfertigung des Ersten Weltkriegs.
(Aus dem Leitartikel "Mord an Jean Jaurès vor 100 Jahren - Kriegsgegner"
von Martin Hantke, Junge Welt vom 31.7.2014)

Tatsächlich, die führenden EU-Staaten akzeptierten die US-Beschuldigungen und sind anscheinend bereit, erneut Washington zu folgen und die Eskalationsschraube weiter anzuziehen, obwohl der Chef aller 16 US-Geheimdienste (Director of National Intelligence, DNI), James Clapper, als notorischer Lügner aktenkundig ist. Er belog als DNI nicht nur wiederholt die US-Öffentlichkeit, sondern... auch den US-Kongress. Sieben Mitglieder des Justizausschusses fordern deswegen seine Bestrafung. Sein Rücktritt wird vielfach gefordert. ... Wenn Clapper aber sogar dem US-Kongress Lügen auftischt, sind dann Skrupel im Umgang mit EU-Politikern zu erwarten? Selbst wenn es um Krieg und Frieden geht? Kurios ist jedenfalls, dass die am 3.8. vom Geheimdienstchef vorgelegten Fotos vom privaten Satellitenbetreiber stammen und nicht von NSA- oder sonstigen US-Spionagesatelliten. Offenbar gefällt Washington nicht, was sie zeigen (über die Ursache des Absturzes von Flug MH17). Einfacher ist, die "bösen" Russen mit starken Worten zu beschuldigen. Zeitgleich hat Washington die Verurteilung Russlands zu einer Rekordstrafe von 50 Millliarden US-Dollar auf den Weg gebracht. Das stellt das Transatlantische Handelsabkommen (TTIP) und die übermächtige Position privater Unternehmen gegenüber nicht länger souveränen Staaten bloß. Allerdings zeigte sich der Kreml über das Milliardenurteil wenig besorgt. .. Ein hochrangiger Mitarbeiter von Präsident Wladimir Putin machte am Montag 25.7.2014 gegenüber der Londoner Financial Times deutlich, dass das Urteil angesichts der Konfrontation in der Ukraine wenig Bedeutung habe. "In Europa wird es Krieg geben. Glauben Sie wirklich, dass das (Urteil) wichtig ist?".
(Aus dem Leitartikel "Krieg in Europa" von Rainer Rupp,
Junge Welt, 30.7.2014)

Der fehlende Realismus in der ARD-Redaktion „Zeitgeschehen“ (Tagesschau, NDR) wie „Presseclub“ (WDR) ist erschreckend und sollte die Aufsichtsgremien alarmieren. Der ARD-Presseclub am Sonntag 3.8.2014 diskutiert über wirtschaftliche Strafmaßnahmen gegen Russland, ohne dass dafür handfeste belegbare Gründe angeführt werden, während die Gefahr eines eskalierenden Kriegs wegen der Ukraine weltweit Sorge macht und medial verschleiert wird. Der Aufruf von fast allen ehemaligen Verteidigungsministern Europas, die Eskalation nicht weiter zu treiben, ignoriert die WDR-Redaktion „Presseclub“ einfach. Aber auch die ARD-Tagesschau unterschlägt diese Nachricht.

Den Presseclub würde es bereichern, wenn auch grundsätzlich andersdenkende Journalisten wie Rainer Rupp, Knut Mellenthin, André Scheer, Martin Hantke und andere teilnähmen, Journalisten, die dafür bekannt sind anhand von nachprüfbaren Fakten zu argumentieren, die sie klar benennen, eine Selbstverständlichkeit bei professionellen Journalisten, aber ein schockierender Mangel im letzten Presseclub und generell bei Redaktionen großer deutscher Medien. Solche Professionalität würde den Sinn für die Wirklichkeit hierzulande stärken. Es ist jetzt hinsichtlich der Ukraine einfach hochgefährlich, vom Fühlen und Meinen auszugehen, nur weil irgendein Präsident, auch wenn er noch so mächtig sei, irgendetwas verkündet. Spannend ist doch immer die Frage, zu welchen unterschiedlichen Schlussfolgerungen man bei einer Faktenlage kommt, die man gemeinsam erkennt und die nicht auf Hören-Sagen fußen darf oder auf der Verkündigung seitens irgendwelcher Persönlichkeiten. Eine offene und pluralistische Gesellschaft sollte der Intelligenz andersdenkender Journalisten Freiraum geben. Die Öffentlichkeit und die Politik können dadurch nur gewinnen.

Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait


04.08.2014: "MH17: ARD-Presseclub grätscht rein."