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15. Dezember 2013 - Luz Maria de Stefano de Lenkait:

Stellungnahme zu

Süddeutsche Zeitung (SZ) vom 13.12.2013:
"Putin gibt sich bescheiden" von Julian Hans und
Leitartikel "Russische Optionen" von Stefan Kornelius

Russland: Weder Lehrmeister noch Hegemon
Deutschland: Diplomatie der provokativen Taktlosigkeit
wie bei Kaiser Wilhelm

Gegenüber Russland zeigt sich die SZ-Redaktion inkompetent, unwillig, das große Land zu verstehen. An diesem Unverständnis hat sich seit über hundert sechzig Jahren nichts wesentlich geändert. Vielleicht folgt Stefan Kornelius dem Rat von Fjodor Dostojewski und kauft sich ein Teleskop - ja, die Entfernung ist groß - richtet es nach Russland und betrachtet das Land genauer: Vielleicht entdeckt er etwas. Aber ein Teleskop vermag nicht viel denjenigen zu helfen, die erst Russland und dann Europa selbst zugrunde richten wollen. Dostojewskis Prophezeiung hat sich absolut erfüllt, was die Aggression und den Untergang Deutschlands betrifft, sowohl beim Ersten als auch beim Zweiten Weltkrieg.

Die Rede des russischen Präsidenten an die Nation am 12.12.2013 bleibt ohne Kommentar. Der SZ-Leitartikel ist diesbezüglich absolut nebensächlich, belanglos. Die mediale Verwirrung, Inkompetenz, ja, Gedankenlosigkeit in Bezug auf Russland versucht Stefan Kornelius auf die Bundesregierung zu schieben und will eine Spaltung, sogar einen Konflikt mit Russland erfinden.

Die deutsche Kanzlerin pflegt allerdings die besten Beziehungen mit dem Präsidenten Russlands, nicht nur weil sie Russisch spricht, sondern weil sie die politische Größe und Bedeutsamkeit des riesigen euro-asiatischen Landes bestens versteht. Ebenso wie der ehemalige und wohl zukünftigen SPD-Außenminister Walter Steinmeier. Stefan Kornelius versucht mit seinen imaginären Konfliktstoffen lediglich von der Hauptsache, von dem Hauptanliegen des Präsidenten Russlands abzulenken. Solche Journalisten und einige deutsche Eliten träumen immer weiter von Machtspielen, wohl nach der tiefen Enttäuschung und unüberwundenen Frustration, die die totalen Niederlagen in zwei Weltkriegen mit sich brachten. Unfähig diese beiden Niederlagen zu analysieren und von den tradierten Fehlern, von den Kapitalsünden gelernt zu haben, beharren politische Machtkreise und gewisse verirrte Journalisten in Deutschland auf dem selben großen Drang nach Expansion und Größe. Der Größenwahn beherrscht und verwirrt sie noch immer. Besudelt mit dem Willen von Krieg, riskieren sie Europa erneut in einen noch größeren Weltenbrand zu stürzen.

In dieser tradierten gefährlichen destruktiven Tendenz gefesselt wiederholen Deutschland und die EU denselben Fehler gegenüber der Ukraine, ungeachtet des dortigen Parlaments, das der EU-Einmischung eine Abfuhr erteilte (3.12.2013) und ungeachtet der ukrainischen Bevölkerung, die mehrheitlich entsprechend verschiedener Umfragen hinter ihrer Regierung steht. Verblüfft sah die Welt zu, mit welcher provokativen Taktlosigkeit deutsche Diplomatie heute immer noch agiert und agitiert, als wäre Kaiser Wilhelm oder Adolf Hitler selbst wieder auferstanden: Vor laufenden Kameras spazierte der deutsche Außenminister Guido Westerwelle in Kiew unter den demonstrierenden Regierungsgegnern, als ob er berechtigt wäre, den Anführer der Opposition eines Landes zu mimen und gemeinsame Sache mit ihr zu machen. Guido Westerwelle und sein Auswärtiges Amt nehmen überhaupt nicht wahr, dass eine solche Haltung nicht nur inakzeptabel, sondern auch nicht zu dulden ist. Anstatt einen positiven Eindruck kurz vor seinem Verschwinden aus dem Auswärtigen Amt zu hinterlassen und eine gute Erinnerung an seine Erfolge, die er ja auch zu verbuchen hat, wie die Verankerung der Abrüstung als Verpflichtung im Lissabon-NATO-Dokument 2010, wird er mit einem weiteren Negativbild mit einem peinlichen, ja schändlichen diplomatischen Versagen und Fehlverhalten die internationale Bühne verlassen.

Sind die westlichen Industriegesellschaften durch den Fortschritt, durch den exzessiven Wohlstand korrumpiert? Ist das russische Volk das einzige europäische Volk, das sich durch den Fortschritt nicht hat verderben lassen? Sollte es so sein, gehörte ihm zweifellos die Zukunft, während Rest-Europa in der Vergangenheit versinken würde, eine Kultur und Gesellschaft ohne Zukunft.

In diesem Zusammenhang musste die Rede des Präsidenten Wladimir Putin irritieren, denn sie passt nicht zu einem Feindbild, das deutsche Reaktionäre auf Kosten Russlands konstruieren wollen. "Etwa 80 Prozent der Ansprache waren innenpolitischen Problemen gewidmet. Putin begann seine Rede an die Nation mit einer Erfolgsmeldung: Erstmals seit dem Ende der Sowjetunion sei der Bevölkerungsrückgang gestoppt worden. Putin rief dazu auf, diesen Trend zu verstetigen....Er kündigte weitere Gehaltserhöhungen für Lehrer und Ärzte an. ... Als Jahrhundertaufgabe bezeichnete Putin die Entwicklung Sibiriens und des russischen Fernen Ostens. ... Putin forderte, die Einwanderungspolitik Russlands restriktiver zu gestalten... Künftig sollten bevorzugt Menschen mit Berufsqualifikationen, russischen Sprachkenntnissen und kultureller Nähe zu Russland angeworben werden...."
("Den Tanker umsteuern" von Reinhard Lauterbach, Junge Welt, 13.12.2013)

Deutsche politische Eliten sollten ihre Beschränktheit überwinden und in die Entwicklung Russlands investieren. Die russische Sprache gehört gefördert, sowohl von der russischen als auch von der deutschen Regierung. Unglaublich ist, dass es bisher keine schnellen direkten Eisenbahnverbindungen mit großen östlichen Städten gibt wie beispielsweise bereits seit Jahren mit Brüssel, Paris und Amsterdam, kein ICE Berlin-Kaliningrad/Königsberg oder in die baltischen Städte, nicht einmal nach Danzig, Warschau, Krakau oder Prag. Da sieht man, wie die deutsche Industrie und Politik die Zeit verschlafen haben.

"Der Weg von politischer Erkenntnis zur Verwaltungspraxis ist in Russland lang. ...Im internationalen Teil seiner Rede machte sich Putin zum Anwalt einer multipolaren Weltordnung. Russland, so sagte er, wolle niemanden bekehren und niemanden vorschreiben, wie er zu leben habe. Sein Land strebe keine Hegemonie über die Welt oder Teile davon an, sondern wolle Führungsqualität durch den Respekt für das Völkerrecht und die Souveränität der Staaten beweisen. Alle Versuche der Einmischung in innere Angelegenheiten hätten lediglich zu Rückschritten für die betroffenen Völker geführt..." ("Den Tanker umsteuern" von Reinhard Lauterbach, Junge Welt, 13.12.2013) In ihrem Artikel "Flucht ins Elend", SZ vom 14.12.2013 bestätigt die SZ-Journalistin Sonja Zekri die katastrophalen Folgen für die Menschen, die die westlichen Politik für Regime-Wechsel bewirkt.

"Putin räumte ein, dass Russlands Position konservativ sei, doch sei dies ein Konservatismus, der die erreichten Standards der Zivilisation gegen den Absturz in die Barbarei verteidige. Zur Lage in der Ukraine äußerte sich Putin nur knapp. Er wünsche dem ukrainischen Volk, dass sich alle politischen Kräfte des Landes über die Zukunft des Landes verständigten." ("Den Tanker umsteuern" von Reinhard Lauterbach, Junge Welt, 13.12.2013) "Die Zerstörung traditioneller Werte <von oben> sei nicht nur schädlich für die Gesellschaft, sondern im Kern antidemokratisch, da abstrakte Ideen gegen den Willen des Volkes durchgesetzt würden. Viele Länder gingen über <vernünftige> Freiheit weit hinaus und verlangten, <Gut und Böse> als gleichberechtigt anzusehen. Russland finde daher als Verteidiger jahrtausendealter Werte mehr und mehr Anhänger..." Der SZ-Journalist Julian Hans hebt in seinem SZ-Artikel "Putin gibt sich bescheiden" (13.12.2013) diese wichtige Äußerung von Präsident Wladimir Putin zu menschlichen Werten hervor.

Stefan Kornelius und seine Clique verstehen mehr von Hegemonie und haben deshalb Sympathie und Verständnis für die imperiale Barbarei und Gewalt unter US-Republikanern und Neokonservativen. Russland dagegen ist kein Hegemon. Anders als Deutschland ist es auch kein Lehrmeister, der seinen Finger über anderen Völkern erhebt. Russland unter Wladimir Putin hat sich vielmehr als Vorreiter bei der Verteidigung des internationalen Rechts gezeigt in einer Zeit, in der die Weltordnung von einer ungezügelten hegemonialen Macht und ihren Vasallen bedroht ist. Der SZ-Journalist Julian Hans ist in dieser Hinsicht viel sachlicher als Kornelius. Im Einklang mit dem Völkerrecht will Russland die Eigenständigkeit der Völker erreichen. Supermacht oder nicht Supermacht zu sein, liegt nicht im Interesse Russland. Das ist die Vorstellung von wahnsinnigen, eitlen und eingebildeten deutschen, europäischen Machtkreisen, die gerade dieses Ziel für sich selbst anstreben, um ihre historischen tief verankerten Minderheitskomplexe zu kompensieren.

Dagegen erklärt der Präsident Wladimir Putin ständig, niemand habe das Recht, für andere Nationen zu bestimmen, wer an die Macht gebracht oder von der Macht vertrieben werden solle. Dies sei Sache des jeweiligen Volkes. Russland hat infolgedessen seine dem Völkerrecht gemäße Außenpolitik zusammen mit den BRICS-Staaten artikuliert. Die BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika), setzen sich für die Kooperation und den Dialog ein und lehnen entschieden die gewaltsame US-Politik der Stärke ab.

China vertritt denselben Standpunkt, wie es auch der US-Präsident höchst persönlich von Chinas Präsidenten bei seinem Besuch in Washington am 20.9.13 zu hören bekam. Dass sich eine US-amerikanische Position mittels Macht und Gewalt durchsetzt, kommt nicht in Frage. Ein derartiges Vorgehen ist zerstörerisch und strikt abzulehnen. Überall. Bisher werden Friedensappelle, UN-Vermittlungen überhört. Täuschungsmanöver, Einschüchterungs- und Erpressungsversuche bis zu Sanktionen und anderen illegalen Maßnahmen kennzeichnen offen die Handlungen der USA/EU und delegitimieren die US-EU-Regierungen vor der gesamten Weltstaatengemeinschaft. Als Herren der Welt überall aufzutreten ist fast Routine bei den USA/EU geworden und diese unverfrorene Haltung versucht Stefan Kornelius medial zu fördern.

Besonders auffällig ist folgende Bemerkung von Kornelius: "Die US-Regierung hat zwar im Fall der Ukraine schon mal Sanktionen angedroht, die Führung überließe aber auch sie gerne den Deutschen." Ist nicht das Washingtoner Kalkül offensichtlich, damit die guten deutsch-russischen Beziehungen stören zu wollen? Naivität, fehlendes Urteilsvermögen und eine bedenkenlose Gefolgschaft der "guten" USA verblenden und beschränken im Extrem den Leitartikler. Mit etwas Abstand und Nachdenken sollte er eigentlich die Realität und die Interessen seines Landes und Europas insgesamt glasklar erkennen können.

Zu Recht warf der russische Präsident Wladimir Putin dem Westen schon während seiner ersten Amtszeit die Dominanz des Gewaltfaktors vor. Und nicht nur er. Auch der ehemalige deutsche SPD-Außenminister Frank-Walter Steinmeier hatte konkret vor der Militarisierung der Außenpolitik gewarnt (Juli 2006). Aber dem Druck aus Washington, damals unter George W. Bush, nachgebend legte der deutsche SPD-Außenminister seine Abrüstungsinitiative auf Eis.

Stefan Kornelius will "Russlands Einfluss auf den Westen schwinden" sehen. Die Realität ist anders und widerspricht ihm: Nach der Veröffentlichung in New York Times vom 11.9.2013: "Russlands Plädoyer für Vorsicht. Was Putin den Amerikanern über Syrien zu sagen hat", - Übersetzung: Stefan Huth, "Abgeschrieben", Junge Welt,13.9.2013 ist offenkundig wie tiefgreifend der Präsident Russlands auf die amerikanische Bevölkerung wirkt. Die Worte von Russlands Präsidenten Wladimir Putin waren vollkommen wahrhaftig und nachvollziehbar. "Meinungsumfragen belegen, dass er damit die Mehrheit der US-Bürger anspricht. <Wenn mehr Amerikaner in einer wichtigen außen- und sicherheitspolitischen Frage auf Putin als auf Obama vertrauen, kommt das einem Epochenbruch gleich>, kommentierte das die Welt am Sonntag"
(Aus dem Artikel "Umweg zum Krieg" von Arno Neuber, Wochenzeitung UZ, 20.9.2013)

Die SZ-Redaktion unter Stefan Kornelius befördert eine Aggressions- und Konfrontationspolitik, kalt und einkalkuliert. Das hat neuerdings ihr misslungener Leitartikel vom 2.12.2013 im Vorfeld des Besuchs von US-Vizepräsident Joe Biden in China offen belegt. Der Versuch der SZ und anderer, einen kleinen Insel-Konflikt im Pazifik zu übertreiben und damit einer Politik der US-Konfrontation das Wort zu reden, scheiterte vollkommen wie beim Besuch vom US-Vizepräsidenten Joe Biden in Peking sichtbar war. Deshalb gab es auch keine mediale Information aus diesem erfolgreichen Besuch von US-Vizepräsident Joe Biden: Zu auffällig schwieg darüber die SZ-Redaktion.

"Calling US-China relations the most important bilateral ties in the 21st century, US-Vice-President Biden said his country appreciates President Xi Jingping's strategic foresight, pragmatic attitude and positive efforts in building a new model of major-country relationship. The relationship, full of hope and opportunities, would help avoid confrontations between existing and emerging major countries. Der chinesische Präsident Xi Jinping sagte "China and the United States, as two major economies and permanent members of the United Nations Security Council, share important obligations to maintain world peace, stability and promote development. He and US-President Barack Obama reached a consensus in building a new model of major-country relations during their Summit in California and on the sidelines of the G20 Summit in Russia, emphasizing mutual respect, common prosperity, and lack of confrontation and conflict.”
(Meldung aus Peking vom 4.12.2013)

Selbstverständlich ist diese harmonische Sprache weit weg von dem Missklang eines Stefan Kornelius in der SZ-Redaktion. Nicht umsonst ist der Chefredakteur des Außenpolitischen Ressorts der Süddeutsche Zeitung im "Quartett der Kriegshetzer" aufgeführt.
(Dissertation von Uwe Krüger „Meinungsmacht: Der Einfluss von Eliten auf Leitmedien und Alpha-Journalisten – eine kritische Netzwerkanalyse")
Die Universität Leipzig hat in diesem Zusammenhang über die Rolle der Medien geforscht: "Statt einen offenen Marktplatz an Ideen abzubilden, vertreten Journalisten demnach oft die Positionen der Herrschenden... Dabei stehen die Journalisten allzu oft auf der Seite der Eliten."

Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait