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27. Dezember 2016 - Süddeutsche Zeitung, Peter Münch:

Premier Netanjahu verbaut Chancen

Parallel zum christlichen Weihnachten wird in Israel gerade Chanukka gefeiert. Im Kern geht es bei dem Lichterfest um eine rund 2200 Jahre alte Heldensaga: den Aufstand der der jüdischen Makkabäer gegen die Seleukiden.
[ mehr  steht auf Seite 4 ]

27,12,2016: Netanjahu und der Siedlungsbau: Jetzt erst recht

9. Dezember 2016 - NachDenkSeiten, Clemens Messerschmid:

10 dirty little secrets

Die "kleinen Geheimnisse" der israelischen Hasbara im Wassersektor
Ein Artikel in Haaretz plaudert bisher gutgehütete Geheimnisse aus. Ausführlicher als sonst wurde letzten Sommer international sowie auch in der israelischen Tageszeitung Haaretz über die eigentlich alljährlichen israelischen Wasserkürzungen für palästinensische Städte und Dörfer berichtet. Nachdem Arte und ARD-Radio für das deutsche Publikum entsprechende Beiträge gesendet hatten, berichtete auch die Tageschau am 14. August 2016 über den Wassernotstand in Salfit. Die zwischen Ramallah und Nablus gelegene Bezirkshauptstadt bekam über Monate von Israel nur 40% der vertraglich vereinbarten Zuteilungen und musste den Fastenmonat Ramadan ohne Vorwarnung mit zwei Tagen völlig ohne Wasser beginnen.
[ vollständiger Artikel ]  [ Audio/Video ]

28. September 2016 - Evelyn Hecht-Galinski (*):

(*) Evelyn Hecht-Galinski ist die Tochter des 1992 verstorbenen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Heinz Galinski, einem Auschwitz-Überlebenden, dessen Lebensmotto lautete: „Ich habe Auschwitz nicht überlebt, um zu neuem Unrecht zu schweigen“.

Anmerkung:  Zu einigen Aspekten in den Aussagen der Autorin gibt es nachfolgend Links zu weiterführenden Hintergrundinformationen, z.B. zu den Stichworten

[ Abriegelung ]_[ Demütigung ]_[ Tempelberg ]_[ Kolonialisierung ]_[  Sanktionen ]

[ Existenzrecht ]_[ Diffamierung ]_[ Muslim-Bashing ]_[ Hasbara ]_[ Hasbara 2.0 ]

und sehr anschaulich mit vielen typischen Beispielen in der Schweizer Zeitschrift "Die Gazette. Das politische Kultumagazin". Die Ausgabe 52/Winter 2016 enthält auf den Seiten 46 bis 50 die Analyse "Der aufgeblähte Antisemitismus" von Botschafter a.D. Dr.  jur. Gerhard Fulda.

Die Versuche, Kritik an israelischem Regierungshandeln zu unterdrücken, sind nicht neu: Bereits 2011 hatte Moshe Zuckermann, kompetenter israelischer Autor des Buches "Antisemit!" die Vorgehensweise des BAK Shalom (sic!) der Linksjugend analysiert in dessen Bemühen, solche Kritik innerhalb der Partei Die Linke zu desavouieren: "Linker Antisemitismus" im Visier. Die NachDenkSeiten hatten den Zweck der Hetze früh erkannt: "Der Antisemitismus-Vorwurf wird zur friedens- und gesellschaftspolitischen Gleichschaltung der Linken benutzt" (2011) und "Die Antisemitismus-Kampagne gegen links" (2015). Ebenso Susann Witt-Stahl in ihrer Analyse "Auschwitz als machtpolitisches Kalkül" (2012).

Wie auffällig oft doch ganz besonders in Deutschland in Sachen Frieden engagierte Jüdinnen und Juden des "Antisemitismus" bezichtigt werden: Esther Bejarano, Max Blumenthal, Judith Butler, Dror Dayan, Hedy EpsteinNorman Finkelstein,  Alfred Grosser,  Evelyn Hecht-Galinski,  Iris Hefets,  Felicia Langer,  Abraham MelzerHajo Meyer, Ilan Pappe, Lillian RosengartenNirit Sommerfeld, Yehuda Shaul, David Sheen, Rolf Verleger, Moshe Zuckermann ...  und ehemalige israelische Soldaten, die das Schweigen brechen ... sowie einer europaweit vernetzten jüdischen Friedensiniative das Konto bei einer deutschen Bank (der für Sozialwirtschaft) gekündigt wird? Alles sog. "selbsthassende Juden"? Auch die Jewish Antifa Berlin? Und selbst die Jüdisch-Palästinensische Dialoggruppe in München?

Droht Evelyn Hecht-Galinski - ebenfalls einer Jüdin, die sich für einen gerechten Frieden in Nahost einsetzt - auch vonseiten attac Deutschlands Stigmatisierung durch Verleumdung, bzw. üble Nachrede? Und dies, obwohl weder ein Antisemitismusvorwurf noch die behaupteten Abweichungen von attac-Konsensen begründet sind?  
Der leichtfertig und von der AG Globalisierung und Krieg mehrfach gerügte Vorwurf, der angesprochene Artikelauszug sei klar antisemitisch und verlinke zudem auf eine stark antisemitisch ausgerichtete Website, wurde vom Koordinationskreis in dieser Form zwar inzwischen zurückgenommen, doch durch die Ersatzformulierung, der Artikel bediene antisemitische Ressentiments, grundsätzlich aufrecht erhalten (siehe KoKreis-Protokoll zur Sitzung am 14.12.2017, dort TOP 3.2).  
Und wie sieht es mit den absurd konstruierten "Abweichungen vom attac-Konsens" aus? Wenn es keine allgemeine Positionierung von attac zu BDS gibt, dann kann es - zumindest nach den Gesetzen der Logik - diesbezüglich keine Abweichung von einem attac-Konsens geben, wenn jemand - wie Frau Hercht-Galinski - BDS begrüßt. Und es gibt auch keinen attac-Konsens, der für Israel ein über die "Grüne Linie" hinausgehendes Existenzrecht zum Postulat macht.   Also: Zwei Fehlanzeigen und dennoch ein eigenmächtiges Urteil.
Würde die Zensuranordnung nicht zurückgenommen, dann stünde hier statt des Links auf den Beitrag von Evelyn Hecht-Galinski etwas - frei nach dem bei gegebenem Anlass polemischen, 1856 in Paris verstorbenen, wegen seiner jüdischen Herkunft und seiner politischen Haltung von Antisemiten und Nationalisten über seinen Tod hinaus angefeindeten  Heinrich Heine -  nach seiner seit "Almansor" bekannten frühen politischen Aussage Adaptiertes  zu lesen, sofern nicht auch dieses entfernt würde.  Oder ggfs. zumindest etwas von einem anderen Aufklärer Gesungenes zu hören.


Wäre es den Attaci, die an einer friedlichen Lösung des Israel/Palästina-Konflikts interessiert sind, zu vermitteln, wenn der Koordinationskreis von attac die vom Aachener Ratschlag am  18.3.2003 beschlossene Erklärung des Ratschlags zu Antisemitismus und zum Nahostkonfliktaußer Kraft setzte oder zumindest  dem dort in den Punkten 4 und  5 Versprochenen untreu würde, die in Punkt 7 getroffenen Feststellungen vergäße sowie die im Punkt 9 angegebenen Grundsätze aufgäbe?

4. Im Umgang mit diesem hochkomplexen und äußerst sensiblen Thema haben wir in Deutschland eine besondere Verantwortung, die sich als unausweichliche Konsequenz des faschistischen Sonderwegs Deutschlands 1933-45 ergibt. Wir können aus der deutschen Geschichte nicht einfach austreten.

5. Wir sind uns auch darüber einig, dass eine solche Herausforderung nicht bewältigt werden kann, wenn wir uns von Karikaturen einer Kritik, wie sie von einigen der sog. „Antideutschen“ kommt, unter Druck setzen lassen.

7. Die ständige Negierung der Rechte der Palästinenserinnen und Palästinenser durch die israelische Regierung drückt sich u.a. in der fortwährenden Besatzung, den wiederholten Bombardements der Lager, der systematischen Zerstörung ziviler Einrichtungen und dem aktuellen Mauerbau aus. Wir sind jeden Tag entsetzt, wie der Staat Israel die Verfolgung und Unterdrückung der Palästinenserinnen und Palästinenser weiter verschärft und wie die mehrfache Verurteilung seiner Politik durch die UNO folgenlos bleibt.

9. Unsere Haltung in der Palästina-Frage beruht auf folgenden Grundsätzen:

  • Einhaltung sämtlicher Palästina-Resolutionen, die bislang von der UNO verabschiedet wurden. Diese fordern den Rückzug Israels aus allen seit 1967 besetzten Gebieten, das prinzipielle Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge, den Abbau der israelischen Siedlungen in den palästinensischen Gebieten und die Lösung der Jerusalem-Frage.
  • Unterstützung des Rechts von Israelis und Palästinensern auf lebensfähige Staaten mit international garantierten Grenzen.
  • Solidarität mit den israelischen und palästinensischen Friedensbewegungen. 

zu 4.: Herrschende Kreise in Deutschland haben immer die 'besondere Verantwortung' gegenüber Israel dann hervorgehoben, wenn es um die  Lieferung von Rüstungsgütern oder um die  Pflege von Handelsbeziehungen inklusive der Produkte aus den besetzten palästinensischen Gebieten geht. Wenn es diese besondere Verantwortung wirklich gibt, dann doch sicher in dem Sinne, dass attac sehr sensibel mit den menschenrechtlichen und völkerrechtlichen Fragen im Raum Israel-Palästina umgehe. Möglicherweise kommt man dann zu anderen Einschätzungen als die der herrschenden Kreise.

zu 5.: Wer sollte Druck ausüben und  nach welchem  Beispiel einer Karrikatur von Kritik nach dem Muster einer solchen in der Art sog. "Antideutscher"?

zu 7: Same procedure as every year, and every day.

zu 9.: Für attac ist die Grenze zwischen Israel und Palästina so definiert: die Grünen Linien des Waffenstillstandes von 1949 und nicht die der sog. "Trennmauer" oder sonst eines Gebildes. Selbst die USA verzichteten am 23. Dezember 2016 erstmals seit 36 Jahren auf ihr notorisches Veto gegen eine Resolution des UN-Sicherheitsrates zum Stopp des israelischen Siedlungsbaus in den besetzten Gebieten Palästinas

Solidarität drückt sich insbesondere dadurch aus, die von Diffamierung, Diskrimininierung und Verfolgung Betroffenen nicht alleine zu lassen, wenn unübersehbar versucht wird, diejenigen mundtot zu machen, die von dem fortschreitenden Landraub und Menschenrechtsverletzungen Zeugnis ablegen. Unabhängig davon, ob die Verleumdungen nach Original-Hasbara-Art von im Außerministrium tätigen Profis oder nach antideutschem Muster von amtlichen oder ehrenamtlichen Amateur-Blog-Warten vorgenommen werden. 


»Wer meint, den Antisemitismus bekämpfen zu sollen, vermeide es vor allem, Israel, Judentum und Zionismus, mithin Antisemitismus, Antizionismus und Israel-Kritik wahllos in seinen deutschen Eintopf zu werfen, um es, je nach Lage, opportunistisch zu verkochen und demagogisch einzusetzen…«
Dieses Zuckermann- Zitat sandte die Künstlerin und Holocaust-Überlebende Esther Bejarano zusammen mit Rolf Becker in einer Solidaritäts-E-Mail an die KoPI-Konferenz.

11.02.2017 Bericht der AG Globalisierung und Krieg zur Zensur bei attac Deutschland  
                   ( Auszüge aus der attac-Regelsammlung zur Öffentlichkeitsarbeit  )
25.03.2017 N. Paech "Palästina/Israel und die Meinungsfreiheit in Deutschland"    
27.05.2017 A. Zumach "Für eine neue deutsche/europ. Israel- und Palästina-Politik"  
10.06.2017 N. Paech "Völker- und menschenrechtliche Aspekte der Besatzung"   
20.06.2016 Jewish Antifa Berlin: »Querfronten für Israel sind nichts Neues«  
01.08.2017 W. Kempf  "Kampagne gegen Friedenskräfte im israel.-paläst. Konflikt"  
26.08.2017 A. Melzer "Blogwarte"   [ mehr ]
22.11.2017 A. Melzer "Ein Gespenst geht um in Deutschland: BDS" [ mehr ]

Annette Groth / Günter Rath (Hrsg.) "Meinungsfreiheit bedroht?"  

Zensur außerhalb von attac

19. August 2016 - Martin Breidert:

Offener Brief an die SPD-Bundestagsabgeordnete Michaela Engelmeier:
Sehr geehrte Frau Engelmeier,
es scheint, dass Sie sich bei Ihrer Stellungnahme zum ARD-Bericht vom 14.8. 2016  [#1] ausschließlich auf  zweifelhafte israelische Quellen stützen.
Ich selbst habe 2012 und 2014 an Studienreisen in die Westbank teilgenommen. Wir besuchten in Jiftlik im Jordantal ein Projekt von medico international. Der deutsch-kanadische Mitarbeiter zeigte uns, wie die Rohre eines schwedischen Brunnenprojekts verrosten, weil Israel dafür keine Genehmigung erteilt. Die Palästinenser dürfen maximal 30 m tief bohren, die Israelis nebenan mehr als 100 m. Den Palästinensern stehen maximal 20-30 l täglich zur Verfügung, die sie teuer in Tankwagen kaufen müssen, während direkt nebenan die israelischen Siedler aufgrund ihrer riesigen Bewässerungsanlagen auf 127.000 l kommen.
In Reaktionen der Israel-Lobby zu dem Bericht von  Markus Rosch heißt es unisono, das Wasser werde von Israel  an die palästinensischen Dörfer und Städte geliefert. Richtig ist, dass die israelische Wassergesellschaft  Mekorot das Wasser an die Palästinenser verkauft, das sie zuvor den Palästinensern gestohlen hat.  Ich selbst habe überall in der Westbank die riesigen Pumpstationen gesehen, die die Aquifere der Westbank absaugen.
Es ist kein Zufall, dass die palästinensischen Häuser allesamt Wassertanks auf  ihren Dächern haben, weil sie zu jeder Zeit mit Wasserknappheit rechnen müssen. Für die israelischen sog.  Siedler sind solche Einrichtungen nicht nötig, nicht weil sie sorgsamer mit Wasser umgehen, sondern weil ihnen mehr zur Verfügung steht, wie die Statistiken klar ausweisen.  Eine Vertreterin des Israelischen (!) Komitees gegen Hauszerstörungen (ICAHD) [#2] zeigte uns präzise vor Ort in Ostjerusalem, wie israelische Häuser mit Wasser versorgt werden, palästinensische ("arabische") dagegen nicht.
Ich selbst hatte bei unserem Besuch, als wir bei einer palästinensischen Familie in Beit Jala in einem Vorort von Bethlehem wohnten, am eigenen Leibe die Wasserknappheit erlebt.  Und ich habe   grüne Siedlungen besichtigt (Maale Adumim, Efra),  die es sich sogar leisten können, einen Teich und ein Schwimmbad  mitten in der Wüste zu haben. Zu Recht spricht Clemens Messerschmid   von Wasser-Apartheid.
Ihr Parteigenosse und  Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, sprach nicht ohne Grund dieses Missverhältnis bei seiner Rede in der Knesset an. Wenn auch seine Zahlen völlig falsch waren, so hatte er jedoch in  Bezug auf das Missverhältnis Recht gehabt.
Was  autorisiert Sie dazu, Clemens Messerschmid die Professionalität  eines Hydrogeologen abzusprechen? Er  hat  seit mehr als 15 Jahren für verschiedene Organisationen  in Israel/Palästina arbeitet. Ich habe  vor zwei Jahren seinen Vortrag gehört, den er  für  unsere Studiengruppe hielt, und  er hat uns dazu detaillierte Unterlagen gegeben. Auch die israelische (!) Menschenrechtsorganisation  B'Tselem [#3] kommt zu ähnlichen Ergebnissen wie Messerschmid. Ebenso ist auch die seriöse Studie von Amnesty International vom Oktober 2009 zu nennen, die unter dem Titel „Wassernöte. Palästinensern wird der faire Zugang zu Wasserressourcen vorenthalten“ [#4] veröffentlicht wurde.
Es ist unerträglich, dass die israelische Propaganda (Hasbara) mit Verdrehungen und Lügen arbeitet. Leider übernimmt  die Israel-Lobby in Deutschland solche Falschmeldungen, zu der ich die israelische Botschaft, die Deutsch-Israelische Gesellschaft, die Deutsch-israelische Parlamentariergruppe, den Zentralrat der Juden, aber auch die Bild-Zeitung rechne, weil es ihren Journalisten ausdrücklich im Arbeitsvertrag untersagt ist, negativ über Israel zu berichten.
Sehr geehrte Frau Engelmeier, Ihre Stellungnahme zu dem ARD-Bericht  vom 14.8. 2016 [#1] über die Wassernot in den von Israel völkerrechtswidrig besetzten Gebieten entspricht zwar Ihrer Funktion in der Deutsch-israelischen Parlamentariergruppe, zeugt jedoch von weitgehender Unkenntnis.
Ganz unabhängig von der Wasserfrage ist es ungeheuerlich, dass der ARD-Reporter Markus Rosch in Israel Morddrohungen erhalten hat, wie er mir selber am Telefon gesagt hat: 00972- 3623 4222.
Ähnliches widerfuhr während des letzten Gaza Krieges vor zwei Jahren dem israelischen Haaretz-Journalisten Gideon Levy. Wie steht es um die „einzige Demokratie im Nahen Osten", wenn derart die Pressefreiheit bedroht  ist? Hinzu kommt das neue NGO-Gesetz sowie der Aufruf des Staates Israel, Touristen zu denunzieren, die sich für BDS aussprechen.  Wo bleibt die Meinungsfreiheit, die Grundvoraussetzung für jede Demokratie ist?
Sehr geehrte Frau Engelmeier, es ist leider so, wie es ein pensionierter General der Bundeswehr, der stolz darauf ist, dass er als erster Offizier offiziell Israel besuchen durfte, bei einer Veranstaltung der SPD Bonn am Ende seines Vortrags über Israel/Palästina seufzend bekannte: Israel macht es seinen Freunden nicht leicht.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Breidert

#1: Stellungnahme des ARD-Studios Tel Aviv zur Kritik am Tagesthemenbeitrag
#2:
Israelisches Komitee gegen Hauszerstörungen
#3:
B'Tselem
#4:
Wassernöte

5. August 2016 - Claus Walischewski:

Ein falscher Vergleich
Die Idee, Terroranschläge in Israel und Deutschland vergleichen zu wollen, geht am Wesentlichen vorbei: Der Grund für die Anschläge in Israel ist nicht religiöser Fanatismus sondern es ist die Besatzung und Unterdrückung der Palästinenser. Der andauernde Landraub durch israelische Siedler, die Zerstörung palästinensischer Häuser, die tägliche Behinderung und Demütigung an den Checkpoints, die Inhaftierung auch von Kindern ohne Gerichtsurteil, all das verstärkt den Hass auf die Besatzer und verleitet bisher unauffällige Jugendliche zu Messerattacken auf Juden. Es fragt sich auch, wer mehr unter dem 'Terror' leidet: Seit Herbst 2015 fielen ca. 30 Juden Attentaten zum Opfer und ca. 120 Palästinenser wurden von israelischen Sicherheitskräften erschossen. Amnesty International hat mehrere dieser Erschießungen als gezielte und bewusste Tötungen verurteilt.
Natürlich versucht die Regierung Netanjahu, die Gefahr des islamistischen Terrors heraufzubeschwören, um uns vorzugaukeln, wir bekämpften denselben Feind. Das aber ist grundfalsch. In Israel geht es um den Kampf zwischen Besatzern und Unterdrückten. Wenn wir etwas von Israel lernen wollen, dann die Einsicht, dass Gewalt nur Gewalt gebiert und nur Verständigung und Friedensgespräche (die Israel ablehnt) Terror verhindern können.
Claus Walischewski, Israelisches Komitee Gegen Hauszerstörungen

Anmerkung: Es mag Personen geben, die in der Aussage "Der Grund für die Anschläge in Israel ist nicht religiöser Fanatismus sondern es ist die Besatzung und Unterdrückung der Palästinenser" eine Rechtfertigung für Mord an israelischen Bürgern sehen. Diese Schlussfolgerung ist intellektuell so redlich wie einem Menschen, der zu der Erkenntnis gekommen ist, dass bei vielen tödlich verlaufenden Verkehrsunfällen zu hohe Geschwindigkeit die Haupt-Ursache für das fatale Ergebnis war, vorzuwerfen, er rechtfertige illegale Autorennen auf öffentlichen Straßen. An eine solche Art von Kritik hat der Aachener attac-Ratschlag  in Punkt 5 seiner Erklärung vom 18.3.2003 vermutlich gedacht.

Wer es noch nicht weiß: ICAHD setzt sich grundsätzlich für eine gewaltfreie Lösung des Konflikts ein und verurteilt daher jede Art von Attentaten. Auf Anfrage erklärt der Autor des oben genannten Statements, natürlich gelte die Gewaltfreiheit bei der Lösung von Konflikten auch für ihn persönlich.

4. August 2016 - Martin Breidert:

Leserbrief zu DIE ZEIT Nr. 33/2016
"Terror - Fragen an einen israelischen Psychologen"


Sehr geehrte Damen und Herren der Redaktion,
ich würde mich freuen, wenn Sie meinen Leserbrief veröffentlichen würden.
Carlo Strenger ist ein anerkannter schweizerisch-israelischer Philosoph und Psychologe. Es gelingt ihm, in diesem Interview  viel über Terrorismus zu sagen, ohne nach dessen  spezifischem Hintergrund in Israel/Palästina zu fragen. Im 50. Jahr müssen die Palästinenser ein Besatzungsregime ertragen, dass ihnen fundamentale Menschenrechte vorenthält, das völkerrechtswidrig Land enteignet, um darauf  illegale Siedlungen zu bauen, das die Bewegungsfreiheit  der Palästinenser massiv einschränkt,   das ihnen eine wirtschaftliche Entwicklung unmöglich macht, das sie unterdrückt und vertreibt. UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon hat dazu  im Januar 2016 gesagt: Es liegt in der Natur des Menschen, dass er sich gegen Besatzung auflehnt. Nach einer Umfrage lehnen 91 % der Palästinenser den IS ab, aber 48 % der jüdischen Israelis fordern einen "Transfer“ aller Palästinenser irgendwohin östlich des Jordans. Früher nannte man so etwas Deportation. Der israelische Philosoph Omri Boehm  beschrieb in einem Artikel in der ZEIT [1] die israelische Politik als Apartheid und Staatsterrorismus. Bei Carlo Strenger findet man zu diesem israelischen Staatsterrorismus kein einziges Wort.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Breidert
[1] Omri Boehm, Eine aufgeklärte Besetzung?
(in DIE ZEIT Nr. 32/2015, 6. August 2015, S. 42)

12. Juli 2016 - Deutschlandfunk, Peter Kapern:

NGOs bekommen in Israel das "Stigma des Verräters"
Die katholische Friedensorganisation "Pax Christi" befürchtet, dass das neue NGO-Gesetz in Israel ihre Arbeit deutlich einschränken wird. Der Sprecher der Nahost-Kommission, Manfred Budzinski, sagte im DLF, es gebe schon längere Zeit ein Klima gegen Nichtregierungsorganisationen, vor allem gegen solche, "die sich gewaltfrei gegen die Besatzung engagieren".
[ vollständiges Gespräch mit Manfred Budzinski, Pax Christi ]

19. April 2016 - Abraham Melzer:

Leserbrief an die Süddeutsche Zeitung zum Artikel
"Verloren im Besatzungslabyrinth" von Thorsten Schmitz
in der Ausgabe vom 18.4.2016, Seite 15:

Ich frage mich warum die SZ immer wieder auf das unterirdische Niveau der zionistischen Jerusalem Post fallen muss. Wann wird auch Thorsten Schmidt begreifen, dass die Palästinenser keine Israelis töten, „weil sie Juden sind“, sondern weil sie Besatzer sind und seit fast 50 Jahren palästinensisches Land besetzt halten und die Bevölkerung dort unterdrücken.
Internationales Recht erlaubt es sich gegen Besatzung zu erheben und sich wehren. Russen, Franzosen, Italiener, Griechen und auch Israelis (im Kampf gegen die Besatzungsmacht England) haben es getan. In Wirklichkeit ist es genau umgekehrt: Israelis töten Palästinenser nur weil sie Palästinenser sind. Beispiel: Der Mord an einen wehrlosen verwundeten Palästinenser in Hebron, durch einen fanatischen, rassistischen israelischen Soldaten vor den Augen der verantwortlichen Offiziere.

9. April 2016 - Wolfgang Behr:

Leserbrief an das Forum der Süddeutschen Zeitung
zum Artikel "Sehen, was andere nie sehen werden" von Alex Rühe
in der SZ vom 6.4.2016:

Alex Rühle kann es wie etliche andere Journalisten leider nicht lassen, den Flüchtlingen aus dem Nahen Osten Antisemitismus zu unterstellen. In einem Interview mit dem syrisch-französischen Comic-Zeichner Riad Sattouf bringt er hartnäckig seine Thesen wie folgt unter:

„Ein Leitmotiv im „Araber der Zukunft“ (Anm: Buch von Sattouf) ist der Antisemitismus. In Ihrer syrischen Dorfschule scheint er zentrales Thema des Lehrplans gewesen zu sein“

 

und

„Es gibt in Deutschland die Angst, dass viele der syrischen und maghrebinischen Flüchtlinge diesen Antisemitismus mit nach Europa bringen“.

 

Herr Rühle beweist mit seinen Fragen, dass er den Unterschied zwischen Antisemitismus (eigentlich Antijudaismus), Antizionismus und Anti-Israelismus (mit seiner Extremvariante Israelhass) nicht kennt oder bewusst ignoriert.
Riad Sattouf korrigiert ihn nach jeder Frage in differenzierter Weise wie folgt:

„Mich hat es gewundert, dass die Leser in Europa so erstaunt darauf reagieren. Dass dieser staatlich verordnete Anti-Israelismus hier so wenig bekannt war“.

 

und

„Der syrische Hass auf Israel ist nicht dasselbe wie der gängige Antisemitismus, der in Europa selbst immer noch extrem verbreitet ist. { } In Syrien richtet sich der Hass gegen den israelischen Staat, nicht so sehr gegen „die Juden“ .

 

Ich hoffe, dass Herr Rühle aus diesen Antworten etwas lernen konnte. Ansonsten empfehle ich ihm die Lektüre des Buches des libanesisch-französischen Politologen Gilbert Achcar “Die Araber und der Holocaust“. Darin vertritt er die These, dass es ohne den Zionismus keinen sogenannten arabischen Antisemitismus gäbe.
Im Übrigen habe ich Verständnis dafür, dass es die Entstehung von Israelkritik bis zu Israelhass im Nahen Osten leicht hat, führt man sich die jahrzehntelange menschenverachtende Politik Israels gegen seine arabischen Nachbarstaaten und insbesondere das palästinensische Volk vor Augen.

22. März 2016 - medico international, Christian Sälzer:

Im Labor der Besatzung
Der Alltag der Besatzungspolitik und die Rolle der Siedler: Ein Rundgang mit Yehuda Shaul von Breaking the Silence durch Hebron.
[ vollständiger Bericht ]

14. März 2016 - Abraham Melzer:

Wie man aus Shekel Euro macht
Dass die „Jüdische Allgemeine“ Israels Politik unterstützt und ohne Wenn und Aber hinter dieser Politik steht, ist bekannt und wird von vielen akzeptiert und geduldet. Man muss sich aber fragen, ob eine falsche Behauptung, dass nämlich palästinensische Arbeiter bei der Firma SodaStream, die im Industriepark von Maale Adumim im besetzten Land, 1 200 € monatlich verdienen, geduldet werden darf. Firmen wie SodaStream sind in die Westbank gegangen, weil es dort billige Arbeiter gab und gibt. Mit 1 200 € hätten sie auch in Israel genügend Arbeiter gefunden.
[ vollständiger Artikel ]

7. Februar 2016 - Martin Breidert:

Antwort auf einen Artikel von Richard Chaim Schneider in der ZEIT:

Sehr geehrter Herr Schneider,
in Ihrem Beitrag in der ZEIT vom 28.1. 2016, S. 6 bezeichnen Sie entsprechend der israelischen Propaganda unbekümmert Israel als "einzige Demokratie im Nahen Osten". Wie es darum bestellt ist, zeigt die Absicht der Regierung, unliebsame "arabische" Knesset-Mitglieder auszuschließen (s. unten Haaretz 7.2. 2016). Nurit Peled-Elhanan spricht denn auch in ihrem Buch "Palestine in Israeli School Books" von Ethnokratie. Nicht zu vergessen, dass die "einzige Demokratie im Nahen Osten" sich seit 1948 ununterbrochen offiziell im Ausnahmezustand befindet. Von welcher anderen Demokratie kann man dies für einen so langen Zeitraum sagen?
Die irakischen Scud-Raketen durften in Ihrem Artikel nicht fehlen, die israelischen Angriffe auf Gaza erwähnen Sie dagegen nicht. Immerhin haben Sie darauf verzichtet, Hamas, Hamas, Hamas zu rufen, wie das viele Ihrer Kollegen sonst gern tun, um von Israels "Staatsterrorismus" (Omri Boehm) abzulenken.
Weiter schreiben Sie, dass die Palästinenser mit israelischem Pass de jure gleichberechtigt seien. Nach meinen Informationen gibt es mehr als 40 Sondergesetze für diese ethnische Gruppe. Der israelische Philosoph Omri Boehm, der mehrfach für die NYT schrieb, sprach deshalb in seinem Artikel in der ZEIT vom 6.8. 2015 ("Eine aufgeklärte Besetzung?") von Apartheid und Staatsterrorismus. Ein lesenswerter Artikel!
In Ihrem ZEIT-Beitrag erwähnen Sie Ihr Bemühen, nicht einseitig zu berichten. Manchmal gelang Ihnen dies in Ihren ARD-Beiträgen, meist jedoch nicht. Das Sicherheitsinteresse der Israelis und ihre Ängste finden in Ihrem ZEIT-Artikel breiten Raum, von den Ängsten und dem Sicherheitsinteresse der Palästinenser ist keine Rede. Damit befinden Sie sich in bester Gesellschaft der meisten Journalisten. Ich erinnere mich durchaus daran, dass Sie in der jüdischen Zeitung Tachles geschrieben hatten: "Es reicht!" Allerdings vermissten viele Menschenrechtsaktivisten einen ähnlichen Ausruf in Ihren ARD-Beiträgen.
In meinen Augen ist es ein Irrtum, von zwei Narrativen zu sprechen. Das Narrativ des einen ist die Kehrseite des Narrativs des anderen. Die Unabhängigkeit Israels ging mit der Vertreibung und Unterdrückung der Palästinenser einher. Es sind zwei Seiten derselben Medaille, die beiden Narrative stehen nicht zusammenhanglos nebeneinander. Die führenden palästinensischen Politiker bestreiten nicht das Faktum der Shoa, die führenden israelischen Politiker sind noch immer weit davon entfernt, die Nakba als historische Tatsache anzuerkennen, obwohl die neueren israelischen Historiker sie hinlänglich nachgewiesen haben. Das Narrativ der Shoah rechtfertigt nicht die Vertreibung bzw. Unterdrückung der Palästinenser. Darauf haben meine Freunde Reuven Moskovitz, Rolf Verleger und Lillian Rosengarten immer wieder hingewiesen.
70 Prozent der Israelis sind für eine Zwei-Staaten-Lösung, heißt es in Ihrem Artikel, andererseits schreiben Sie: „Derzeit würde nicht einmal ein linksliberaler israelischer Premier erwägen, auch nur einen Meter im Westjordanland aufzugeben." Auf diesen Widerspruch gehen Sie nicht ein. Den Kuchen teilen wollen, aber zugleich ihn selber ganz essen, das geht bekanntlich nicht. Wenn ich die Äußerung von Netanjahu und Präsident Rivlin sowie das Parteiprogramm des Likud lese, dann ist mein Schluss, dass Israel bei den sogenannten Friedensverhandlungen niemals halbwegs ehrlich verhandelt hat. Man könnte auch sagen, Israel war insofern ehrlich, als den Siedlungsbau und damit die schleichende Annexion auch während der Friedensverhandlungen nicht wirklich gestoppt hat.
Schließlich warnen Sie in Ihrem Beitrag vor einem eurozentristischen Blick auf den Israel/Palästina Konflikt. Wie wäre es einmal nicht mit einem propalästinensischen oder einem proisraelischen Blick, sondern mit den Menschenrechten und dem Völkerrecht? Sind diese auch eurozentristisch? Ein früherer Landesrabbiner, der immerhin einen deutschen Ehrendoktor hat, wollte mich belehren und sagte: "Menschenrechte sind Kinderkram." Er belehrte mich nicht, er schockierte mich.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Breidert


Ha#aretz, 7.2.2016:
Netanyahu, Coalition Party Heads Agree to Advance Bill
That Could Suspend Israeli Arab MKs

1. Februar 2016 - Martin Breidert:

Reaktion auf das Statement der oldenburgischen CDU-Bundestagsabgeordneten Barbara Woltmann in dem Sender Oldenburg Eins.

Sehr geehrte Frau Woltmann,

Ihren Beitrag im Sender Oldenburg Eins zum Thema BDS habe ich gehört.
Sie haben selbst darauf hingewiesen, dass das EU-Assoziierungsabkommen nur für das israelische Kernland gilt (ich hoffe, auch die deutsche Staatsräson). Bisher hat Israel mit der irreführenden Kennzeichnung von Produkten aus den Siedlungen nicht nur den Verbraucherschutz umgangen, sondern erschleicht sich durch Betrug Zollvergünstigungen für diese Waren. Bereits der Europäische Gerichtshof hat 2010 diese Praxis als rechtswidrig erklärt (Az: C-386/08), der Bundesfinanzhof hat sich dieser Entscheidung angeschlossen (Az.: VII R 6/12).
Sowohl dem EU-Assoziierungsabkommen als auch diesen gerichtlichen Entscheidungen folgend hat nun die EU-Kommission in ihrem Amtsblatt vom 12.11.2015 klargestellt, wie nach EU-Recht Waren zu kennzeichnen sind, die ihren Ursprung in den von Israel seit 1967 besetzten Gebieten haben.
Es überrascht mich, dass Sie als Juristin erklären, Deutschland werde diese rechtlichen Notwendigkeiten nicht erfüllen. Leben wir denn in einer Bananenrepublik?
In Ihrem Statement fordern Sie Gespräche mit der israelischen Regierung. Seit fast 50 Jahren hält Israel die palästinensischen Gebiete besetzt und verletzt dabei massiv die Vierte Genfer Konvention, die der Staat Israel 1951 ratifiziert hat.
20 Jahre haben Israel und Palästina vergeblich verhandelt, nachdem die PLO bereits 1988 den Staat Israel anerkannt und diese Anerkennung durch die Oslo-Abkommen bestätigt hat. Israel will dagegen bis heute einen Staat Palästina nicht anerkennen, obwohl dies bereits mehr als 130 UN-Mitglieder getan haben.
Israel übt mit seiner Besatzungs -, Abriegelungs-, Siedlungs- und Annexionspolitik seit Jahrzehnten massive Verletzungen der Menschenrechte, wie der UN-Menschenrechtsrat, Unicef, Amnesty International, das Internationale Komitee vom Roten Kreuz und die UN-Organisation OCHA OPT mit ihren wöchentlichen Berichten immer wieder belegen.
In Ihrem Statement sprechen Sie die Hoffnung aus, dass eine künftige israelische Regierung, die nicht mehr so rechtsextrem wie die Regierung Netanjahu ist, zu einer Anerkennung der Menschenrechte der bürgerlichen Rechte der Palästinenser bereit sein könnte. Unter allen israelischen Regierungen wurde seit 1967 der Bau der völkerrechtlich illegalen Siedlungen vorangetrieben. Ohne Einfluss und Druck von außen wird sich daran nichts ändern. Eine von manchen befürchtete Wagenburgmentalität ist auch ohne BDS schon seit Jahren Faktum.
In einem Gutachten vom 9.7.2004 hat der Internationale Gerichtshof festgestellt, dass die Vierte Genfer Konvention für die von Israel besetzten Gebiete anzuwenden ist und dass deshalb sowohl der Bau der Mauer, soweit sie jenseits der Green Line errichtet wurde, als auch die Siedlungen illegal sind. Israel war leider bisher nicht darauf bedacht, Internationales Recht anzuerkennen. Weil die internationale Gemeinschaft auf dieses Gutachten nicht reagiert hatte, wurde ein Jahr später während des Weltsozialforums in Porto Allegre BDS gegründet.
Wegen der fortgesetzten Verletzung des Völkerrechts und der Menschenrechte wird sogar inzwischen im britischen Parlament diskutiert und wird von etlichen EU-Parlamentariern die Aussetzung des EU-Assoziierungsabkommens gemäß Art. 2 gefordert.
Dass die deutsch-israelische Parlamentariergruppe, der Sie angehören, die menschenrechtliche und völkerrechtliche Situation - wegen Deutschlands historischer Verantwortung - missachtet, ist mehr als peinlich.
In Ihrem Statement bezeichnen Sie die israelische Siedlungspolitik als "bedenklich und problematisch“. Sie ist nicht nur bedenklich und problematisch, sondern eindeutig völkerrechtswidrig. Als CDU-Bundestagsabgeordnete befürworten Sie Sanktionen gegen Russland, bestreiten aber die Wirksamkeit von Boykott und Sanktionen. Das sind nicht nur double standards, sondern doppelte Wahrheiten. Dabei hat die israelische Regierung jetzt erklärt, Boykott sei eine größere Gefahr als die, welche angeblich vom Iran ausgehe.
BDS ist eine gewaltfreie Bewegung, auch wenn der Vertreter der oldenburgischen Deutsch-Israelischen Gesellschaft in der Sendung BDS in die Nähe von Terror zu rücken versuchte. Und BDS ist demokratisch, weil jeder und jede in der ganzen Welt sich daran beteiligen kann.
Sehr geehrte Frau Wortmann, Sie sollten nicht vergessen, woran der Vertreter von BDS in der Sendung erinnerte, dass zuerst israelische (!) Mitglieder von Gush Shalom einen Boykott von Produkten aus den besetzten Gebieten forderten.
In Ihrem Statement erklären Sie weiter, BDS-Inspektionen in weißen Kitteln erinnerten Sie an vergangene Zeiten. Diese Assoziation wird zwar von der Hasbara, der Propaganda-Abteilung des israelischen Außenministeriums, gern zitiert, taugt aber als Argument überhaupt nicht. Die Nazis wollten mit ihrem Boykottaufruf den Juden die ökonomische Existenz rauben, ehe sie Juden schließlich auch physisch vernichteten. Dagegen hat BDS zum Ziel, dass die Menschenrechte, die ökonomischen und die bürgerlichen Rechte der Palästinenser gleichberechtigt sind mit denen der jüdischen Israelis.
Die Boykottbewegung gegen die Apartheid in Südafrika war nicht gegen die Existenz des südafrikanischen Staates gerichtet, sondern gegen eine Politik, die den Schwarzen die gleichen Rechte wie den Weißen verwehrte. Der frühere südafrikanische Erzbischof und Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu, aber auch viele Südafrikaner wissen darum und unterstützen BDS sehr viel stärker als in Deutschland, wo eine CDU-Bundestagsabgeordnete - aus historischer Verantwortung - sich über geltendes EU-Recht hinwegsetzen möchte und für die Einhaltung von Menschenrechten und Völkerrecht auch nach 50 Jahren Besatzungs- und Enteignungspolitik nicht mehr fordert als Gespräche.
Ich hoffe, dass sich aus ihrem Beitrag in dem Sender Oldenburg Eins und aus meiner Stellungnahme ein sinnvolles Gespräch ergibt.
Mit freundlichen Grüßen<br<i>Martin Breidert

14. Januar 2016 - Martin Breidert:

Leserbrief zum Leitartikel von Lea Hampel (SZ 11.1.2016, S. 4):
„Israel – Sinnloser Boykott“

Der Kommentar „Israel – Sinnloser Boykott“ von Lea Hampel (SZ 11.1. 2015) ist voller Widersprüche. Einerseits heißt es, dass 170 Palästinenserorganisationen im Jahr 2005 den Aufruf zum Boykott, Kapitalabzug und Sanktionen (BDS) unterzeichnet haben. Andererseits beklagt der Artikel, dass palästinensische Arbeiter davon betroffen seien, wenn keine Produkte mehr aus israelischen Siedlungen exportiert werden können. Der palästinensische BDS-Aufruf, der frühere Appelle israelischer Friedensorganisationen aufgreift, ist die Antwort auf den Mauerbau, den der Internationale Gerichtshof in einem Gutachten vom 9.7.2004 als völkerrechtswidrig verurteilt hat. Durch den Mauerbau verloren bereits tausende Palästinenser ihre Arbeit.
Der Beschluss der EU, Produkte aus israelischen Siedlungen zu kennzeichnen, ist kein Boykott, sondern ergibt sich aus dem EU-Assoziierungsabkommen, das der Staat Israel unterzeichnet hat und das sich nur auf Produkte innerhalb der Grenzen von 1967 bezieht. Sowohl der Europäische Gerichtshof (Az: C-386/08) als auch der Bundesfinanzhof (Az.: VII R 6/12) haben diese Rechtsauffassung bestätigt. Der Boykottaufruf der Nazis wollte den Juden die ökonomische Existenz rauben, um sie später auch physisch zu vernichten. Dagegen hat die BDS-Bewegung das Ziel, dass Israel endlich die Menschenrechte der Palästinenser und das Völkerrecht achtet. Israelische Menschenrechtsorganisationen, das Internationale Komitee vom Roten Kreuz, der UN-Menschenrechtsrat, UNICEF und Amnesty International haben immer wieder auf die massiven Menschenrechtsverletzungen hingewiesen. Es ist der Staat Israel, der palästinensisches Land entschädigungslos enteignet, der die völkerrechtswidrigen Siedlungen plant, der für die Infrastruktur sorgt, der sie ökonomisch subventioniert und militärisch absichert.
Wenn die ökonomischen Auswirkungen der BDS-Bewegung minimal seien, wie der Kommentar behauptet, warum betrachtet die israelische Regierung sie als Bedrohung? Um sein Image ist Israel wohl kaum besorgt, sonst hätte es nicht Dutzende UN-Resolutionen missachtet. Inzwischen haben skandinavische Banken, dänische und niederländische Pensionsfonds, US-amerikanische Kirchen ihre Investments abgezogen, weitere werden folgen. Große Firmen wie Veolia ziehen sich zurück, die britische Regierung hat davor gewarnt, in den besetzten Gebieten zu investieren. Lea Hampel meint, ein Ende der Besatzung sei am ehesten durch wirtschaftliche Zusammenarbeit zu erreichen.
Ist es ihr entgangen, dass Israel 20 Jahre Friedensverhandlungen missbraucht hat, den illegalen Siedlungsbau immer weiter voranzutreiben, um durch facts on the ground schleichend das Land zu annektieren und die Palästinenser in Enklaven einzusperren, während der Westen schweigend zusieht? Wie soll eine wirtschaftliche Zusammenarbeit möglich sein, wenn der Staat Israel durch Checkpoints, Razzien und andere Schikanen versucht, den Palästinensern das Leben so schwer zu machen, dass sie das Land verlassen? Die UN-Organisation-OCHA OPT berichtet regelmäßig von gewaltsamen und oftmals tödlichen Übergriffen der Siedler und des Militärs. Solange Israel vier Millionen Palästinenser rechtlos lässt, kann es keine friedensfördernde wirtschaftliche Zusammenarbeit geben. Es geht nicht um Freund und Feind, sondern um Menschenrechte und Völkerrecht.

Dr. Martin Breidert

11. Januar 2016 - Wolfgang Behr:

Off. Leserbrief an die Süddeutsche Zeitung wegen Artikel zu Israel
"Sinnloser Boykott" von Lea Hampel (SZ 11.01.2016)

Solange die deutschen Leitmedien ihre Leser nicht oder kaum über die für die Palästinenser unerträgliche Besatzung informieren, können sich Kommentarschreiber/innen der SZ, wie jetzt wieder Lea Hampel mit ihrer unglaublichen Ignoranz in Zeitungsspalten verbreiten. Wobei sie auch noch ernst genommen werden wollen.
Frau Hampel glaubt naiverweise immer noch an die inzwischen durch die jüdischen Siedlungen fast unmöglich gewordene Zweistaatenlösung, obwohl bis heute fast alle Regierungen des längst zum rassistischen Apartheidstaat mutierenden Israel sich deutlich gegen die Existenz eines Staates Palästina ausgesprochen haben. Das entspricht auch den erklärten zionistischen Zielen des kolonialen Siedlerstaates.
Nicht die BDS-Kampagne verhindert das Ende der Besatzung wie Frau Hampel den Lesern weismachen möchte, sondern die destruktive Politik der israelischen Regierungen, für die die Bezeichnung „national-konservativ“ geradezu blanker Hohn ist.
In Bezug auf die Umsetzung der Kennzeichnungspflicht nach EU-Recht können sich weltweit jüdische Mitbürger ihr Entsetzen sparen, solange sie mit völlig verdrehten Argumenten kommen und zu den tagtäglichen Verbrechen gegen Völker- und Menschenrecht durch Israel schweigen. Der Kunde im Supermarkt muss auch nicht den Grenzverlauf im Kopf haben. Es genügt , dass er lesen kann woher die Ware stammt.
Die verlorenen Jobs für Hunderte von palästinensischen Mitarbeitern bei Sodastream wären leicht verkraftbar, wenn die Palästinenser beim Aufbau einer eigenen souveränen Wirtschaft nicht massiv von Israel behindert würden.
Die Linien zwischen Menschen-und Völkerrecht auf der einen Seite und der ständigen Verletzung dieser durch Israel andererseits müssen sogar unbedingt klar gezogen werden wenn wir diese Errungenschaften der Völkergemeinschaft nicht verwässern wollen.
Insofern macht die BDS-Kampagne, wie einst beim Apartheid-Regime in Südafrika, durchaus Sinn.
Interessant ist auch, dass von Frau Hampel nichts zu lesen war, als die Boykotte gegen den Iran und Russland von höchster Stelle beschlossen wurden.
Wer Doppelmoral praktiziert, hat eben gar keine Moral.

Wolfgang Behr