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8. Fberuar 2013 - Luz Maria de Stefano de Lenkait:

Der Iran bleibt eine Herausforderung an die Weltdiplomatie und kommt angesichts bevorstehender erneuter Verhandlungen wieder in den Fokus der Medien, Anlass zu folgender Stellungnahme zu

Süddeutsche Zeitung (SZ) vom 7.2.2013, Rubrik Außenansicht:
"Die Bombe entschärfen" von Volker Perthes,

SZ vom 8.2.2013, Titelseite:
"Iran brüskiert im Atomkonflikt die USA" von Paul-Anton Krüger

und Leitartikel "Nicht das letzte Wort" von Rudolph Chimelli

Politisches Defizit

Der Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik, Volker Perthes, traut sich nicht, die US-amerikanische und zionistische Quadratur des Kreises zu durchbrechen. Zwar ist offensichtlich der "Atomstreit" mit dem Iran eine zionistische und US-amerikanische Konstruktion, um den Iran gemäß israelischer Bestrebungen nicht als Regionalmacht im Mittleren Osten anerkennen zu müssen, aber die Stiftung des deutschen Außenministeriums verzichtet darauf, sich klar und deutlich für die Normalisierung der internationalen Beziehungen mit Teheran einzusetzen. Solange dieses politische Defizit besteht, hat Europa keine Rolle zu spielen. Alles anderes sind Abschweifungen, um Illusionen, Wunschdenken einer "wichtigen Rolle" Europas zu nähren.

Journalisten, Politiker und Stiftungen, wie die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) müssen sich dringend klipp und klar gegen den Krieg aussprechen und gegen das implizierte Kalkül in solchen israelischen Zumutungen, die USA und Europa zu weiteren, noch schärferen Maßnahmen gegen den Iran zu bewegen. Ein solches Diktat von wenigen Extremisten ist inakzeptabel. Es ist die De-Eskalation, die Europa auf der ganzen Linie im Nahen und Mittleren Osten anstreben muss, d.h. aus der Bedrohungs- und Sanktionspolitik ist auszusteigen und mit dem Iran ist nicht länger nach israelischem Gusto ein Konflikt zu erfinden oder zu fördern. Völlig falsch, ja kakophonisch ist es, von einer Bombe zu schreiben (SZ-Rubrik Außenansicht: "Die Bombe entschärfen" von Volker Perthes, 7.2.2013), weil es keine Bombe gibt, keinen Konflikt, sondern lediglich ein israelisches Konstrukt, das dazu führt, die USA und Europa gegen den Iran auszuspielen. Die SZ-Redaktion verdreht mit ihrer Titelformulierung den Artikel von Volker Perthes zugunsten einer propagandistischen Frechheit und reduziert das Problem auf eine Verlogenheit, als ob eine gefährliche Bombe im Iran existierte. Zu Recht lehnt der oberste Führer Chamenei Verhandlungen über das Nuklearprogramm ab. Rechte, so auch das Recht auf friedliche Nutzung von Kernenergie, sind nicht verhandelbar. Die Welt braucht keine weitere Show, keine trügerische Inszenierung darüber, sondern echte Gespräche, um die Beziehungen zu normalisieren, ohne Lug und Trug. Dafür fehlen begünstigende Signale gerade aus den USA und der EU. Rudolph Chimelli bemerkt deshalb mit seinem persönlichen Realismus und in gewohnter Sachlichkeit: "Da die Amerikaner gerade die Sanktionen gegen Teheran verschärft hätten, seien Gespräche sinnlos... Chameneis Misstrauen gegen Amerika sitzt tief". Aber nicht nur Chameneis Misstrauen. Jeder politische Beobachter hätte Gründe zu misstrauen im Hinblick auf die Geschichte und im Hinblick auf die aggressive amerikanische Politik und unfairen Handlungen gegenüber dem Iran. Es liegt deshalb an den USA andere Signale auszusenden, damit ihre Botschaft ernst genommen werden kann. Jede Hinderniskonstruktion ist fallen zu lassen.

Kriege können Atomwaffen nicht beseitigen. Das kann nur eine umfassende Vereinbarung zur Entmilitarisierung des gesamten Nahen und Mittleren Ostens von atomaren und Massenvernichtungswaffen generell. Die Stiftung Wissenschaft und Politik sollte in der Lage sein, dieses Problem der Massenvernichtungswaffen wahrhaftig anzupacken, für die gesamte Region durch den gerechten vernünftigen Vorschlag, eine atomwaffenfreie Zone im Nahen und Mittleren Osten zu errichten. Es ist besonders auffällig, dass Volker Perthes kein Wort darüber verliert. Stattdessen lässt er dieses wichtige Thema unter den Tisch fallen. Die israelische Regierung muss dazu endlich den Vertrag über die Nichtweiterverbreitung von Kernwaffen unterzeichnen, dem sich Israel als einer der wenigen Staaten in der Welt bisher nicht angeschlossen hat. Von einem Direktor einer offiziellen Stiftung erwartet man, ohne Umschweife Probleme und Lösungen anzupacken, auch wenn es dabei um Israel geht.

Auf dem Hintergrund der westlichen Konstruktion eines Atom-Problems mit dem Iran müssen sich deutsche Medien und Politiker ehrlich fragen, was der Westen eigentlich will. Das Atomprogramm des Iran ist politisch längst unter Kontrolle gemäß der internationalen Regeln der Internationalen Atomenergiebehörde in Wien (IAEA). Will man mithilfe der Sanktionen einen Regimewechsel in Teheran herbeiführen? Neokonservative Kräfte in den USA und anderswo hoffen noch immer in ihrem Sinne darauf und haben keine Skrupel gezeigt, durch den von ihnen geförderten Terror in Syrien die Region in Brand zu setzen.

Die oberste Instanz im Iran ist der Revolutionsführer, Ajatollah Ali Chamenei. Während seiner ersten Amtszeit hat sich der US-Präsident Obama selbst bereit erklärt, sich mit ihm als obersten iranischen Führer zu treffen. Im Grunde genommen geht es um die Frage, ob man es mit der Gefahr atomarer Rüstung im Nahen und Mittleren Osten ernst meint, denn dann müsste es eine Konferenz zur Abrüstung und atomwaffenfreien Zone dort geben und der Iran wäre als Regionalmacht hinzunehmen, oder ob das ganze ein konstruierter Vorwand bleibt, um einen Regimewechsel im Iran herbeizuführen im Sinne westlicher Macht- und Einflussinteressen. Mit anderen Worten: Ist der Westen bereit, sind die USA, sind die Europäer bereit, den Iran als eine regionale Macht im Nahen und Mittleren Osten zu akzeptieren? Direkte Gespräche mit dem Iran müssen in jedem Fall stattfinden, um die westlich konstruierte Quadratur des Kreises zu brechen, selbst wenn es für Washington sehr schwierig wird, gegen den Willen der rechtsradikalen Netanjahu-Regierung hier wirklich Bewegung hinein zu bekommen.

Die USA und der Iran haben seit der iranischen Revolution 1979 und der damaligen Geiselnahme amerikanischer Diplomaten in Teheran kaum bilaterale Gespräche geführt. Die Normalisierung der amerikanisch-iranischen Beziehungen sind umso dringender erforderlich. Die gesamte Region kann davon nur profitieren. Im Bewusstsein, dass das Terrain nicht Israel zu überlassen ist, hat sich der Iran bei der Münchner Sicherheitskonferenz repräsentieren lassen, und zwar durch seinen Außenminister Ali Akbar Salehi, der das Angebot des US-Vizepräsident Joe Biden, direkte Gespräche mit Teheran zu beginnen, wortreich begrüßte. Aber in Deutschland weiß man das nicht angemessen zu würdigen: Anstatt dem iranische Außenminister in der Öffentlichkeit Raum zu geben, hat die ARD-Tagesschau am 1.2. 2013 den Verteidigungsminister Israels zu Wort kommen lassen, gerade den Aggressor gegen Syrien. Das sagt alles über das befangene Kriterium bei deutschen Medien, welche die Lage nicht sachlich und realistisch einschätzen können.

Die EU sollte das Gesprächsangebot vom Iran endlich annehmen, und zwar ohne weitere Verzögerung, ohne Einschränkung einer breiten Agenda. Das zionistische Diktat von den USA und Israel darf keineswegs zu unbewiesenen Unterstellungen führen, um solche Gespräche zu verhindern oder zu präjudizieren. Die Annäherung Europas an Teheran darf nur konstruktiv und damit ein richtiger Schritt in die richtige Richtung sein. Dazu braucht Europa unabhängige Medien und Denker, die sich nicht einfach manipulieren lassen, die nicht einfach unterstellen, was Israel ihnen einflüstert. Die iranische Führung hat immer wieder betont, dass sie Atomwaffen nicht nur als militärisch sinnlos ablehnt, sondern auch aus Gründen der islamischen Ethik.

Die Nichtexistenz von Atombomben im Iran sollte keine Aufmerksamkeit der deutschen Medien verdienen. Aber jedoch die Existenz von Atombomben und ihre Trägersysteme in Deutschland, Israel und in Europa. Sollte sich Europa weiter auf das erfundene iranische Atomproblem beschränken, sind Begegnungen mit iranischen Vertretern auch völlig sinnlos.

Das iranische Atomprogramm ist kein Problem, sondern ein konstruierter Vorwand. Der vormalige Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde in Wien, Mohammed El-Baradei, bestätigt in seinen Memoiren unmissverständlich, dass dieses angebliche Atomproblem mit dem Iran längst von der politischen Bühne verschwunden wäre, wenn nicht der Westen, namentlich die USA, immer wieder Druck auf die IAEA ausgeübt hätte, um diesen künstlichen Konflikt am Kochen zu halten und den Iran damit politisch zu isolieren. Es ist also klar, dass der Westen nicht wirklich offen und ehrlich mit dem Iran umgeht. Eine umfassende Lösung wäre in einer Konferenz für eine atomwaffenfreie Zone im Nahen Osten zu erreichen, wie Syrien und Iran vor den Vereinten Nationen schon vorgeschlagen haben. Diese Initiative würde eine Vertrauensbasis schaffen. Dazu müssen sich die USA äußern. Und Europa auch.

Die überwältigende Mehrheit der deutschen Bevölkerung lehnt den Einsatz militärischer Gewalt gegen den Iran ab. Mehr als 80 Prozent der Bundesbürger sprechen sich dafür aus, durch Verhandlungen im Rahmen einer UN-Konferenz für eine Zone ohne Massenvernichtungswaffen in Nahost vorwärts zu kommen. Nur sieben Prozent befürworten Militärschläge gegen iranische Atomanlagen. So die Ergebnisse einer Forsa-Umfrage, die in Berlin am 28.1.2013. veröffentlicht wurde. ("Mehrheit gegen Militärschläge" Junge Welt vom 29.1. 2013)

Auf Konfrontation und Doppelspiel mit dem Iran zu setzen, ist nicht nur perfid, sondern höchst gefährlich, gerade weil die Region insgesamt immer mehr eine Eskalation erfährt, vor allem jetzt unter dem vom Westen geförderten Terrorismus in Syrien, ein Westen, der ungeachtet menschlichen Lebens weiter auf Regime-Wechsel und Konfrontation setzt. Der israelische Angriff auf eine syrische Einrichtung hat eine weitere Verschärfung der Lage verursacht. Das ist eine gefährliche Eskalation.

Die verheerende westliche Logik läuft darauf hinaus, so zu tun, als gäbe es keine diplomatische Lösung und es deshalb eine militärische Lösung geben müsse. Weil Volker Perthes die falsche Konstruktion des Atomproblems nicht entlarvt, verfällt er in diese höchst gefährliche Kriegslogik, in diese unzulässige unverantwortliche Sackgasse des Westens, die in einem Inferno enden kann.

Die NATO bildet eine tragende Säule der hegemonialen US-Politik, verankert in Drohung, Androhung von Gewalt und Gewaltanwendung, Erpressung und Verhängung von Sanktionen. Dabei verstößt sie ständig gegen die Charta der Vereinten Nationen (UN) und missachtet eine einstimmige Resolution des Internationalen Gerichtshof in Den Haag vom 8.Juli 1996. Die NATO hat sich sogar am Rand internationaler Verträge erweitert, gegen alle Abmachungen und unter Missachtung des Völkerrechts, ohne auf die legitime autorisierte Interpretation des Völkerrechts durch den einstimmigen Beschluss des UN-Gerichtshofs in Den Haag vom 8. Juli 1996 strikt zu achten. Demgemäß sind nukleare Waffen seitdem als völkerrechtswidrig zu betrachten, ihr Besitz und ihre Androhung als Verbrechen gegen die elementarsten humanitären Gesetze. Eine erhebliche Majorität der Völker in der UN-Vollversammlung begrüßte den Beschluss des UN-Gerichtshofes von Den Haag (8.7.1996) und stellte sich hinter die angestrebte totale nukleare Abrüstung (10.12.1996). Seit April 1997 liegt ein Atomwaffen-Abrüstungsabkommen fertig auf dem Tisch der Vollversammlung, das bisher nicht unterzeichnet worden ist. Warum weiß die SZ-Redaktion nicht, sich dieser ernsten Angelegenheit anzunehmen? Diese defizitäre Realität klagt den Westen scharf an und lässt die SZ-Redaktion als völlig tendenziös und desinformativ erscheinen: „Die Bombe entschärfen". So plump, so ignorant und realitätsfern.

Wenn es einen Atomstreit gibt, dann besteht dieser Streit tatsächlich beim Westen, der sich als Besitzer von Atomwaffen und mittels einer völkerrechtwidrigen illegitimen Militärorganisation überall als unzurechnungsfähig zeigt. Hier befindet sich das erklärte Unrecht, nicht beim Iran. Mit anderen Worten, das Problem muss dort angegangen werden, wo es seinen Ursprung hat. Nicht in Teheran, sondern in den USA. Es sind die USA, die als Demokratie dieses zerstörerische ungeheuerliche Potential einmal skrupellos benutzten und wiederholt damit gedroht haben. Deutsche Medien dürfen nicht in die Falschheit verfallen, eine verkehrte Welt auszumalen.

Die Sicherheit der Welt ist durch das Vorherrschen einer Militärmacht, alliiert mit einigen wenigen reichen Industriestaaten, tatsächlich in größter Gefahr. Dieser enge Kreis, dieser Block westlicher Mächte bestimmt die internationalen Beziehungen gemäß seiner Interessen und behält sich vor, UN-Sicherheitsrats-Resolutionen entsprechend auszulegen und sie gemäß dieser partikulären Auslegung gegen die Mehrheit desselben UN-Rates durchzusetzen. Seit dem Irak-Krieg 1991 gestaltet sich dieses Unrecht des Westens mit allen mörderischen katastrophalen Folgen und humanitären Katastrophen, wie die jetzige in Syrien, die auf das Konto des Westens geht, denn gerade dieser Block betätigt sich als Aufhetzer zum Bürgerkrieg und starker Unterstützer von Terrorbanden. Dieser Westblock ist als Friedenshindernis im Syrien-Konflikt zu identifizieren und anzuklagen.

Die Blockfreien Staaten als nicht-Pakt-gebundene Staaten funktionieren glücklicherweise weiterhin als Gruppe und wirken gegen den unberechenbaren NATO-Block als Widerstandszentrum, also gegen einen brutalen Aggressionsblock, der ohne Gegengewicht, ohne Gegenpole, den ungeheuerlichen Anspruch erhebt, die ganze Welt zu beherrschen. Ihr Treffen in Teheran Ende August 2012 war ein großer Triumph. Seitdem ist ihr Vorsitzender der ägyptische Präsident Mohammed Mursi, den der iranische Präsident Ahmadinedschad gerade in Kairo besucht hat.

Das Unrecht und der andauernde Verstoß des Westens gegen die UN-Charta, UN-Resolutionen und Abkommen sind bewiesen. Der Nichtverbreitungsvertrag von Atomwaffen, auch Atomwaffensperrvertrag genannt, ist seit 1970 in Kraft getreten. Er verpflichtet die Vertragspartner zu umfassender Abrüstung aller Atomwaffen und Einstellung ihrer Produktion, was bisher nicht geschehen ist. Auch über vierzig Jahre später ist nichts geschehen! Im Gegenteil setzt man eine Modernisierung von Atomwaffen fort, die die US-Regierung trotz des von ihr unterzeichneten Vertrags weiter betreibt.

Die Epoche des Dritten Reichs zeigt, wie weit Deutschland mit seiner Missachtung von internationalem Recht und Gesetz gegangen ist, mit so tragischen, nie zuvor dagewesenen Folgen. Für die faschistische, nationalsozialistische Weltanschauung gilt das Recht des Stärkeren. Für diese barbarische Ideologie ist jede Androhung von militärischer Gewalt ein ganz normaler Vorgang, denn für den Faschisten setzt Macht Recht. Allgemeingültige Rechtsnormen und rechtliche Vertragsbindungen existieren für eine faschistische Regierung nur solange, wie es ihrer Interessenlage passt. Diesbezüglich müssen sich alle Medien in Deutschland, die Süddeutsche Zeitung eingeschlossen, mit der berechtigten aktuellen Frage beschäftigen: Leben wir unter der Herrschaft des Rechts oder unter dem Unrecht der Herrschenden und militärisch Überlegenen? Die Antwort erübrigt sich angesichts der wiederholten Kalamitäten, die Deutschland an der Seite des größten Aggressors dieses Jahrhunderts nicht verhindert, sondern eher verschlimmert hat.

Eines sollte für alle auch klar sein: Das Gewissen der Menschheit hat sich trotz allem weiter entwickelt: Nach dem Aus für die deutsche Verbrecherregierung 1945, die jedes Recht missachtete, und nach den Nürnberger Prozessen gegen sie hat die Zivilisation eine völkerrechtliche Weltordnung errichtet, die Vereinten Nationen mit ihrer Charta und ihren Institutionen.

Im Rahmen dieser geltenden Ordnung ist politisch zu argumentieren und zu handeln. Die Öffentlichkeit darf sich nicht von den Alpträumen und selbstzerstörerischen Fehlentwicklungen der deutschen und europäischen Geschichte verwirren lassen!

Das Treffen der blockfreien Staaten in Teheran am 30./31. August 2012 war in diesem Zusammenhang nicht nur ein großer Teheraner Triumph, sondern auch eine Hoffnung, ein Triumph für die ganze Menschheit, die sich nach Frieden und Gerechtigkeit sehnt und die Gewalt, Vernichtung und Auslöschung verabscheut. Der Westen darf sich der Vernunft nicht weiter verschließen, sondern muss sich ihr öffnen, anstatt sich gegen diese legitime Sehnsucht der Menschheit zu verbarrikadieren.

Schon hat der Westen die Region von Westafrika, Mali und Libyen bis hin nach Pakistan destabilisiert. Im Grunde genommen ist der Iran die einzige verbliebene "stabile Insel" im Mittleren Osten mit einer funktionierenden Regierung und mit einer funktionierenden Zentralstaatlichkeit. Wenn man den Iran angreift, wird das natürlich Konsequenzen haben. Die Iraner werden dann Israel angreifen. Amerikanische Interessen in der Region werden auch bedroht, amerikanische Soldaten in Afghanistan und anderswo angegriffen. Aber in der Tat läuft die scheinheilige Logik, die auch Volker Perthes nicht entlarvt und zurückweist, auf folgendes hinaus: Wenn es nach westlicher Lesart keine Lösung mit dem Iran gibt, dann wird man hierzulande argumentieren, der Iran habe sich einer friedlichen Lösung verweigert, man habe lange genug miteinander diskutiert und verhandelt, aber der Iran wolle keine Lösung, deswegen bleibe nur der Krieg, um das Äußerste zu verhindern. Eine falsche höchst gefährliche Strategie, die nicht zu verantworten und rundum abzulehnen ist. Warum macht sich Deutschland Teil davon?

Gerade Volker Perthes darf diese Verlogenheit nicht einfach unter den Teppich kehren. „Wie viele atomare Sprengköpfe gibt es in den amerikanischen Atom-U-Booten im persischen Golf, jederzeit bereit, Iran ins Visier zu nehmen“, fragte einmal Volker Perthes Vorgänger Christoph Bertram und antwortete gleich: „Wahrscheinlich etwa 1.500“. Und wie viele solcher Sprengköpfe besitzt bislang Iran? „Null“. Allein daran könne man sehen, wie es um das Kräfteverhältnis im Mittleren Osten bestellt sei. „Poor old Israel“ sei keineswegs in so großer Bedrängnis wie landläufig behauptet – und alle Kriegsdrohungen des Westens verfehlen deshalb. Ausgerechnet aus der israelischen nuklearen Rüstung „könne jede der zahlreichen Krisen in der Region zu einer atomaren werden. Die Iraner ... sind eingekreist von Atommächten – Europa, Russland, Pakistan und Indien -, und sie seien in der Vergangenheit schon zu oft angegriffen und gedemütigt worden. (aus „Teherans Angst und die Bombe“ von Ronen Steinke, SZ 21.6.2012). Irans Weg aus dieser gefährlichen Konstellation ist das Aushandeln einer atomwaffenfreien Zone für die ganze Region. Aber der Westen kann mit seinem Verhalten genau das bewirken, was er vorgibt verhindern zu wollen, nämlich das nach einem Regime-Wechsel im Iran dort ein weiterer Atomwaffenstaat entsteht.

Infolgedessen muss ein Treffen mit Teheran auf fairer Basis stattfinden und nicht mit doppelten, verdeckten Absichten seitens der USA. Iran darf und wird sich für ein neues perfides westliches Spiel nicht hergeben. Seine Führung meint es vollkommen realistisch und verständlicherweise ernst damit.

Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait