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29. Januar 2018 - Martin Breidert:

Sehr geehrte Frau Will,

den besten Kommentar zu Ihrer Sendung  "Holocaust-Gedenken - wie antisemitisch ist Deutschland?" (28.1.2018) findet sich in der Frankfurter Rundschau vom 29.1.2018, S. 10,  in einem Gastbeitrag des früheren israelischen Botschafters Shimon Stein (Tel Aviv) und des israelischen  Professors Moshe Zimmermann (Jerusalem) unter dem Titel "Stoppt die Rassisten".

Beide weisen darauf hin, dass Antisemitismus  Teil von Fremdenfeindlichkeit und Rassismus ist und in diesem größeren Kontext gesehen werden muss. Der Bericht des Unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus der Bundesregierung  vom 7.4.2017  stellte demoskopisch folgende Frage (S. 69): "Wie angenehm oder unangenehm wäre Ihnen eine Person der folgenden Gruppen als Nachbar?" Während gegenüber Italienern (3 %), Juden (4 %) und Schwarzen (4 %) die Ablehnung als Nachbarn sehr gering ausfällt, steigt die soziale Distanz gegenüber Osteuropäern (14 %), Muslimen (21 %), Asylbewerbern  (29 %) bis hin zu Sinti und Roma (31 %) immer stärker an.

Damit bestätigt  der Expertenkreis Antisemitismus  den Gastbeitrag  von Shimon Stein und Moshe Zimmermann.

Die in Ihrer Sendung  von Frau Sawsan  Chebly, stellvertretende Sprecherin des Auswärtigen Amts,   vorgetragene  These von einem "israelbezogenen Antisemitismus" ist irreführend. Die empirische Studie "Israelkritik zwischen Antisemitismus und Menschenrechtsidee" (2015) von Wilhelm Kempf, Professor an der Universität Konstanz, weist nach, dass antisemitische Klischees weniger verbreitetet sind unter jenen, die sich für die Menschenrechte der Palästinenser einsetzen, als unter den Freunden Israels.

Sehr geehrte Frau Will, ich bitte Sie,  mein Schreiben an die Beteiligten Ihrer Gesprächsrunde weiterzuleiten, insbesondere auch an Esther Bejarano, die ich vor zwei Jahren in Hamburg besuchen durfte. Diese Begegnung war für mich sehr bewegend und wird mir stets in Erinnerung bleiben.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Breidert,

Vorstandsmitglied im Bündnis zur Beendigung der israelischen Besatzung e.V.