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11. Mai 2014 - Luz Maria de Stefano de Lenkait:

Das Thema Ukraine, das auch auf der letzten ZDF-Sendung "Maybrit Illner" mit interessanten Teilnehmern besprochen wurde, gibt erneut Anlass zu einer Stellungnahme zu

ZDF-Sendung "Maybrit Illner" am 8.5.2014 um 22.15 Uhr unter dem Titel:
"Putin-Versteher oder Amerika-Freund - muss Deutschland sich entscheiden?"

Sanktionen ein Schritt zur Eskalation

Der ZDF-Fernsehsendung "Maybrit Illner" vom 8.5.2014 "Putin-Versteher oder Amerika-Freund - muss Deutschland sich entscheiden?" sind folgende wichtige und zutreffende Äußerungen von Egon Bahr und Gregor Gysi zu entnehmen.

Es ist fast kindisch auszuprobieren, wer die Sanktionen besser aushält, der Westen oder der Osten. Es darf keinen Krieg geben und es wird keinen Krieg geben. Also sind Sanktionen als kriegerische Mittel völlig auszuschließen. So Egon Bahr. Und mit ihm Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt, Alt-Bundeskanzler Gerhard Schröder und alle vernünftigen SPD-Vertreter wie Gernot Erler, Rolf Mützenich und andere. Dagegen zeigt sich Walter Steinmeier mit leeren Händen und leerem Kopf bei seiner sinnlosen "Außenpolitik", die eigentlich keine ist.

Redaktionen darunter auch SZ-Journalisten, die wiederholt von "Annexion der Krim" sprechen oder schreiben, reproduzieren damit eine propagandistische Masche. Man zeigt sich so absolut ignorant, was Annexion heißt, nämlich ein Landraub, eine gewaltsame Landnahme. Die hat es bei der Krim nicht gegeben: Die Aufnahme der Krim in die Russische Föderation war weder Landraub noch gewaltsame Übernahme, sondern die Konsequenz eines Referendums (16.3.2014), aufgrund dessen ein Antrag an Moskau gerichtet wurde, den der Kreml eine Woche später akzeptierte. Der Anschluss oder Einschluss der Krim, wie Egon Bahr ihn richtig bezeichnet war nicht völkerrechtswidrig, denn er war keine räuberische Landnahme. Der Anschluss an Russland fand in voller Übereinstimmung mit der Krim-Bevölkerung statt, keineswegs gewaltsam oder feindlich. Keine Redaktion darf sich der faschistischen Propaganda-Sprache bedienen, denn sie verirrt sich so in Desinformation und falscher Darstellung.

Auf den Maidan-Demonstrationen waren Demokraten, aber auch faschistische Kräfte. Nicht die ganze Kiew-Regierung, aber ein Teil von ihr ist faschistisch, und Faschisten haben in der ukrainischen Regierung nichts zu suchen.

Nach Gorbatschows Vorstellung sollte das europäische Haus ohne Warschauer Pakt und ohne NATO aufgebaut werden. Der Warschauer Pakt hat sich aufgelöst, aber die NATO nicht. Sie ist geblieben trotz jeder Vernunft und jeder vernünftigen Überlegung, die es sogar in höchsten Sphären Washingtons gab. Dann wurde versprochen, es gebe keine Ost-Erweiterung der NATO. Zwölf osteuropäische Staaten sind aber inzwischen aufgenommen. Die NATO reicht damit bis an die Grenze Russlands. George W. Bush wollte 2008 auch Georgien und die Ukraine in die NATO holen. Obama will die Ukraine nicht in der NATO haben, aber die russische Regierung ist nicht sicher, was der nächste US-Präsident versuchen wird. Ein anwesender Amerikaner bei Maybrit Illner, Andrew B. Denison, wirft den Deutschen vor, sie seien mindestens seit 70 Jahren feige. Diese haltlose Unterstellung war eine Beleidigung für die deutschen Teilnehmer und auch eine Beleidigung für das deutsche Publikum. Hier fehlte die dezidierte selbstsichere Antwort, ja, zu feige waren und sind immer noch deutsche Regierungen, um die US-Amerikaner mit ihrer NATO und NSA-Diplomaten aus Deutschland hinauszuwerfen.

Heute sei Deutschland auch geteilt. So sei Deutschland immer gewesen, als ob es sich nie wiedervereinigt hätte. So zynisch und verwirrend der Amerikaner Denison, als ob er nicht wüsste, auf welche Art, unter welchem amerikanischen Druck bzw. unter welcher USA-Erpressung die deutsche Wiedervereinigung zustande kam. Angela Merkel sei mit Obama "Schulter am Schulter zur Position gekommen". Das war auch eine unzutreffende tendenziöse Bemerkung im Sinne des US-amerikanischen Establishments. Mit großem Erstaunen musste man beobachten, dass Obama auf der Pressekonferenz anlässlich des Besuchs der Bundeskanzlerin Angela Merkel anfängt, von Sanktionen gegen Russland zu schwärmen, wohl wissend, dass die deutsche Bundeskanzlerin von Sanktionen gegen Russland nicht sprechen wollte (2.5.2014). Angela Merkel widersprach Obama nicht öffentlich, weil die Kooperation mit den USA ihr wichtig war. Sie müsste aber mehr Mumm und Courage zeigen in Bezug auf die unerträgliche Spionage, welche die USA in Deutschland weiter betreiben, denn die Obama-Regierung ist nicht bereit, damit aufzuhören, sondern will offensichtlich Deutschland weiter ausspionieren. Gerade diese Spionage ändert grundsätzlich die deutschen Beziehungen zu den USA und lässt sie als Gegner klar anerkennen, als Feind Deutschlands und Europas. Die Bundeskanzlerin hat eine exzellente Rede vor der amerikanischen Handelskammer gehalten, also vor einer Institution, die zu den schärfsten Kritikern Präsident Obamas gehört. Angela Merkel tritt also bei der wirtschaftlichen Organisation auf, die in Amerika den gegenwärtigen Präsidenten am schärfsten kritisiert. Das hat Obama bestimmt nicht gefallen, aber er musste den Auftritt der Bundeskanzlerin akzeptieren und richtig deuten. So viel zur Illusion "Angela Merkel sei mit Obama "Schulter am Schulter zur Position gekommen".

Mehr als die Hälfte der Deutschen haben Verständnis für die Aufnahme der Krim in die Russische Föderation. Eine überwältigende deutsche Mehrheit ist auch gegen Sanktionen. Wir leben in Europa, nicht in Amerika. Wirtschaftliche Sanktionen sind ein Schritt zur Eskalation. Können wir den USA vertrauen? Bis in die 90er Jahre hinein war die Sache klar: Für die Hälfte der Westdeutschen stand fest, dass ihr bester Freund Amerika sei. Nach dem Irak-Krieg, nach dem sogenannten Krieg gegen den Terror und nach dem NSA-Skandal hat sich das Verhältnis nachhaltig getrübt. 61% der Deutschen halten Amerika nicht für einen vertrauenswürdigen Partner. Heute hat sich bei dem bürgerlichen Spektrum auch eine zunehmende Distanz zu Amerika entwickelt. Man spricht deshalb von einer schleichenden Entwestlichung. Das will aber der US-amerikanische Teilnehmer bei "Maybrit Illner" nicht wahrnehmen: "Deutschland sei tiefer als je zuvor im Westen verwurzelt. Ostdeutschland hat sich vielmehr an den Westen angenähert, als der Westen an den Osten." Er wich auffällig der Frage von Gregor Gysi aus, ob Washington jemals den Irak-Krieg mit seiner falschen Grundlage ausgewertet habe. Anstatt sich vom Völkerbruch der Bush-Regierung zu distanzieren, vertrat Denison sinngemäß den Standpunkt, es sei wichtiger, wie viele Staaten an der Seite eines Kriegs der USA seien, egal ob sie damit einen eklatanten Rechtsbruch begehen wie beim Irak-Krieg. So plump ein Vertreter des USA-Establishment, der sein Land damit sehr schadet.

Die einzige deutsche Partei, die die Position der deutschen Bevölkerung vertritt, nie wieder Krieg und nie wieder Faschismus in Europa, ist DIE LINKE. Deshalb gibt es keine andere Alternative für alle friedlichen Wahlberechtigten in Deutschland, als am 25. Mai diese Partei in das Europäische Parlament zu wählen. Auf ihrem Parteitag in Berlin hat sich die Partei DIE LINKE auch eindeutig für die Auflösung der NATO positioniert und die Schuld der NATO und der EU an der Eskalation in der Ukraine festgestellt. (Phönix-Übertragung am 10.5.2014)

Die Forderung nach Härte gegen Obama findet mehr Zustimmung bei der deutschen Bevölkerung als die nach Härte gegen Putin, die Obama und seine Gallionsfigur Hollande mit Irrationalität anstreben. Zweifellos muss sich Europa von den USA emanzipieren. Das haben die US-Amireikaner einfach zu akzeptieren. Und Stefan Kornelius auch. Seine kindische US-Abhängigkeit lässt ihn als ein Junge wahrnehmen, der nie gelernt hat, alleine, ohne elterliche Hilfe zu denken und zu schreiben.

In diesem Jahr hat die Schweiz den Vorsitz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE). Die Schweiz ist weder Mitglied der NATO noch der EU. Aber die USA sind Mitglied der OSZE. Seit der peinlichen Militär-Operation unter Führung der Bundeswehr in der Ukraine, die vorgeblich im Namen der OSZE stattfand, hat sich diese Organisation als Vermittler völlig diskreditiert, indem sie sich im dunklen Schatten einer NATO-Infiltration bloßstellte. Bisher hat die Bundesregierung nicht die Frage des CSU-Abgeordneten Dr. Peter Gauweiler beantwortet, was deutsche Soldaten in der Ukraine zu suchen hatten. Was hatte eine Militär-Mission dort zu suchen, wenn schon eine Zivil-Mission offiziell tätig war?

Die Bundesregierung hat mit dem Einsatz militärischer Beobachter in der Ostukraine unter Führung der Bundeswehr einen weiteren schweren Fehler begangen. Das war keine OSZE-Mission. Auch die OSZE distanziert sich davon. Militärbeobachter aus OSZE-Mitgliedsstaaten, die nicht ganz zufällig alle auch NATO-Staaten sind, sollten ausschließlich die ukrainische Armee inspizieren. Das hat die echte OSZE-Mission, nämlich die zivile, gefährdet. Es geht um eine Art militärische Aufklärung, die man natürlich auch als Spionage bezeichnen kann. Gerade durch diese Beobachtung oder Inspizierung habe man nun festgestellt, dass keine russischen Streitkräfte in der Ostukraine sind. Dann haben sie Aufklärung betrieben. So etwas nennt man Spionage. Nun kommt noch hinzu, dass der BND daran beteiligt war. Was denn nun? Soll das ein Beitrag zur Deeskalation sein? Ganz im Gegenteil!

Wir benötigen jetzt eine andere Herangehensweise. Das Land ist tief gespalten. Die Überlegungen in der NATO, sich dauerhaft in Europa zu stationieren, sind ein Beitrag zur Eskalation statt zur notwendigen Deeskalation. Man darf die Rolle der USA, der EU und letztlich auch der NATO dabei nicht unterschätzen.

Zu Recht sind EU und NATO dabei auseinanderzufallen. Und sie werden auseinanderfallen trotz allem Lamento von Stefan Kornelius in der SZ-Redaktion.

Frau Merkel empfängt einen Präsidentschaftskandidaten der Ukraine. Nun ist dieser Mann ein Oligarch, fordert schärfere Sanktionen gegen Russland, leistet also auch einen Beitrag zur Eskalation, anstatt zunächst einmal sein Vermögen der ukrainischen Gesellschaft wieder zurückzugeben. Dieser Empfang durch Frau Merkel geht politisch und diplomatisch völlig daneben.
(Gregor Gysi am 7.5.2014 im Bundestag,
"Deeskalation ist das Gebot der Stunde", Junge Welt vom 8.5.2014)

Solange der deutsche Außenminister sich von der illegitimen Kiew-Regierung nicht distanziert, ist er nicht in der Lage, konstruktive Richtlinien für eine glaubwürdige Außenpolitik vorzuschlagen. Er hat die Chance in unverantwortlicher Weise verpasst, sich mit seinem russischen Kollege Sergej Lawrow zu verständigen in einer Angelegenheit, die nicht nur historisch, sondern auch gegenwärtig Russland zu aller erst trifft. Keine Neuauflage der Genfer-Konferenz und keine Vermittlung der OSZE sind realistische Vorschläge, sondern eine Vermittlung von hohen Persönlichkeiten, wie Kofi Annan oder Ban Ki Moon, wie die Partei DIE LINKE es vorschlägt. Gregor Gysis Besuch in Moskau (Abreise 11.5.2014) wird sicherlich dazu beitragen, zum Thema Ukraine mehr Besonnenheit, Klarheit und Verantwortungsbewusstsein in die deutsche und die anderen europäischen Regierungen zu bringen.

Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait