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20. Dezember 2016 - Wolfgang Behr:

Offener Brief an die Verantwortlichen der sog. Bank für Sozialwirtschaft:
Sehr geehrte Frau Rüth
c/o Bank für Sozialwirtschaft
Ihre Antwort vom 12. Dez.16 auf mein Schreiben vom 9. Dez.16 verdient eine Antwort:
Zunächst möchte ich Ihnen sagen, dass ich es verantwortungslos finde, dass Sie sich auf Grund unüberprüfter Falschinformationen zu der Kündigung des Bankkontos der Jüdischen Stimme haben hinreissen lassen. Schliesslich bekleiden Sie eine leitende Position.
Die Verbrechen der israelischen Besatzung Palästinas sind tausendfach dokumentiert durch diverse UNO-Organisationen, den Internationalen Gerichtshof, religiöse Organisationen und internationale wie auch israelische NGOs. Sie müssten sich nur einmal die Mühe machen, sich zu informieren, statt sich auf einen von der Israellobby gesteuerten FAZ-Artikel zu berufen.
Wie kann man zu diesem Unrecht mit in Ihren Worten: "eine andere Position vertreten". Es ist das Gleiche, wie wenn man anderen Verbrechen gegen die Menschlichkeit ine andere Meinung haben würde. Es sei denn, dass ethisch-moralische Grundsätze keinen Platz in Ihrem Leben haben.
Dass sich die Bank für Sozialwirtschaft gemäss Ihrer Aussage "der Aussöhnung zwischen Deutschland und Menschen jüdischen Glaubens verpflichtet sieht" ist anerkennenswert. Das schliesst sicher aber nicht ein, dass die Verbrechen von 50 Jahren israelischer Besatzungspolitik in Palästina gedeckt sind. Sie machen den Fehler, die Politik Israels und das gesamte weltweite Judentum in einen Topf zu werfen. Die israelkritischen Aktivitäten z.B. der Jüdischen Stimme und jüdischer Organisationen in den USA könnten es Ihnen eigentlich klar machen.
Bevor Sie die BDS-Campagne verurteilen, sollten Sie sich besser einmal mit deren Satzungen vertraut machen. Da ist nirgends von einer Delegitimierung Israels die Rede. Der Boykott Israels ist ein legitimes demokratisches Mittel, um dem humanitären  Völkerrecht auch in diesem Staat Geltung zu verschaffen, so wie das einst in Südafrika der Apartheid von Erfolg gekrönt war. Dass sich „der BDS-Ansatz ausserhalb des üblichen demokratischen Diskurses bewegt“ wie Sie behaupten, zeigt, dass Sie von Demokratie wenig verstehen. Der Diskurs, den Sie wohl meinen, hat seit Jahrzehnten keinerlei Fortschritte im Palästina/Israel-Konflikt gebracht und das Unrecht nur noch  zementiert. Auf die „Anerkennung der Existenzberechtigung Israels“, die Sie von der BDS-Bewegung einfordern - ohnehin ein international nicht üblicher Standard - dürfte der mächtigste Staat im Nahen Osten, sicher nicht angewiesen sein.
Der jüdische Israeli Daniel Bar Tal ist ein Sozial-Psychologe, der bis zu seiner Emeritierung Wissenschaftler an der Universität Tel Aviv war. Für seinen Einsatz im Palästina/Israel-Konflikt erhielt er zahlreiche Auszeichnungen. Im November dieses Jahres reiste er für sein Projekt Save Israel Stop Occupation (SISO) durch viele europäische Länder und warb in zahlreichen jüdischen Gemeinden dafür, sich für ein Ende der Besetzung Palästinas einsetzen: „Die Fortsetzung der Besetzung ist eine grobe Verletzung der Normen der Menschheit, der Moral und der demokratischen Werte,“ sagt er. Die BDS-Bewegung sagt nichts anderes aus! Ein durchaus ehrenwertes Ziel, das eine Diffamierung nicht rechtfertigt. Dass Sie Menschen, die sich gegen Unrecht wehren, wie die Jüdische Stimme, auch noch durch die Kündigung ihres Bankkontos bestrafen, ist im höchsten Masse skandalös.
Wegschauen wo Unrecht geschieht, zahlt sich am Ende nicht aus, auch wenn es  bequem ist und die eigene Karriere fördert.
Ich wünsche Ihnen erholsame Feiertage mit Zeit zum Nachdenken und verbleibe mit freundlichen Grüssen.
Wolfgang Behr