Menü

6. September 2015 - Luz Maria de Stefano de Lenkait:

Die Außenpolitik Deutschlands und der anderen EU-Staaten ist schon lange überholungsbedüftig, aber angesichts der Flüchtlingsdramen ganz dringend - Anlass zu folgender Stellungnahme zu

Kommentar in Süddeutsche Zeitung (SZ) vom 4.9.2015:
"Asylpolitik - Europas Problem" von Stefan Kornelius,

SZ vom 5.9.2015:
"Moskau erwägt Eingreifen in Syrien" von Julian Hans und
"Macht" von Carolin Emcke,
"Syrien - Putins Plan" von Paul-Anton Krüger

Merkel vorbildlich, Obama perfide

Die Bundeskanzlerin Deutschlands, die deutsche Regierung insgesamt stellt sich dem größten menschlichen Problem seit dem Zweiten Weltkrieg. Vorbildlich für die anderen europäischen Länder zeigt Deutschland seine Bereitschaft, Flüchtlinge, Menschen in extremer Not, aufzunehmen. Eine gigantische Herausforderung, die, wie die Kanzlerin sagt, uns alle verpflichtet, zusammen zu halten. Extremistische, radikale Stimmen, die Fremdenfeindlichkeit schüren, sind mit aller Kraft des Rechts zum Schweigen zu bringen. Extremistische Untaten gehören bestraft und die Täter ins Gefängnis. Die friedliche hilfsbereite deutsche Bevölkerung verurteilt und lehnt solche Untaten kategorisch ab, denn sie steht mit überwältigender Mehrheit hinter ihrer Kanzlerin und ihren Mitmenschen in dieser Not-Lage. Nicht verwunderlich, dass die in Budapest festgehaltenen Flüchtlinge hoffnungsvoll skandieren "Merkel, Merkel, Deutschland, Deutschland". Die deutsche Kanzlerin füllt in Europa ein politisches Vakuum, ein schändliches EU-Vakuum.

Nach dem meisterhaften Beispiel der deutschen Regierung haben sich endlich andere europäische Staatschefs zur menschlichen Solidarität entschlossen, die sich bisher dazu verweigerten. So zeigt auch der britische Premier David Cameron unter dem Druck seiner eigenen Bevölkerung und Vertreter seiner eigenen Partei Bereitschaft, mehr Flüchtlinge, besonders schutzbedürftige Flüchtlinge aufzunehmen. Hauptsächlich haben sich Frankreich und Deutschland geeinigt, eine Verteilungsquote in Europa zu vereinbaren, um die Flüchtlingstrecks solidarisch zu handhaben. Aber "nicht die Quantität der Flüchtlinge, die nach Europa kommen, ist historisch, sondern die Qualität der Zuwendung, mit der viele ihnen begegnen" bemerkt zutreffend Carolin Emcke ("Macht", SZ, 5.9.2015) In dieser Hinsicht hat sich Deutschland ausgezeichnet.

Die EU zeigt sich jedoch gespalten angesichts der ominösen Haltung von egoistischen Staaten wie Ungarn, Polen, Tschechien und die Slowakei, die sich an den Rand der Humanität und EU-Solidarität stellen. Es wäre unangebracht, Solidarität und Humanität mit dem Druck von Sanktionen zu fordern, aber solche seltsamen Staaten haben sich in der Tat durch ihre inhumane unsolidarische Haltung von Europa schon getrennt. Dagegen sind Länder wie Deutschland, Österreich und die Schweiz schwesterlich verbunden und vorbildlich für die gesamte EU und auch für die USA. Ein Menschen diskriminierendes Polen ist vom Vatikan und von allen Katholiken anzumahnen, denn Diskriminierung von Menschen ist überhaupt nicht christlich. Ein solches angeblich katholisches Land bringt den Katholizismus in Misskredit. Das verlangt, dass sich der Vatikan eindeutig dagegen einschaltet, um Polen zur Menschlichkeit zu ermahnen.

Angesichts der Flüchtlinge manifestiert sich Ungarn schamlos rückständig und inkompetent. Das Land scheitert daran, ein enormes menschliches Problem human und vernünftig zu meistern. Leider ist Ungarn historisch in einer faschistischen Tradition verankert. Es war das erste faschistische Land schon vor Mussolinis Italien. "Einmal faschistisch, immer faschistisch" könnte man hier für einige Gesellschaftsgruppen sagen. Faschistisch handelt eine ungarische Polizei, die brutal eine Frau mit ihrem Kind auf einem Bahngleis schlägt. Die aktuelle Regierung Orban scheint von diesem Mob gewählt worden zu sein. Ultrarechte wollen Menschen nicht helfen. So auch der von Ultra-Rechten manövrierte US-Präsident Obama, der sich erlaubte, sich über das Problem Ungarn in Bezug auf die Flüchtlinge zu äußern. Aber er war nicht bereit, humanitäre Hilfe anzubieten trotz der diesbezüglichen Mahnung der Vereinten Nationen. Weder für Ungarn noch für Italien oder Griechenland, oder für Deutschland. Kein Angebot von Hilfe seitens Obama, der mit seinem wiederholten Bruch des internationalen Rechts durch seine gewaltsame Interventionspolitik die Hauptverantwortung für dieses menschliche Problem trägt. Er sollte selbst vor ein Strafgericht kommen. Er mit seiner Regierung schuldet zuerst allen Völkern Entschädigung, deren Länder die USA mit ihrer Terror-Intervention in Krieg und Chaos gestürzt haben.

Was will Obama mit seinem merkwürdigen Verhalten erreichen? Diese Frage sollte er vor den Vereinten Nationen, vor der internationalen Öffentlichkeit beantworten und vor einem Strafgericht. Selbstverständlich fliehen Menschen aus einem verwüsteten Land. Die chaotische Lage in Budapest und die entsetzliche Verwüstung Syriens sind das sichtbare Werk der Obama-Regierung. Obama muss dort ansehen, was seine kriminelle Politik geschaffen hat. Eines ist klar: Obama mit seiner Regierung ist ein Gegner, kein Freund Europas. Die US-Politik destabilisiert Europa, wie selbst US-Historiker schon erkennen. Der investigative US-Historiker Eric Zuesse wirft den USA vor, mit ihrer aggressiven Politik auch Europa zu zerstören (Strategic Culture Foundation, 7.8.2015). Hier auszugsweise:

US-Präsident Barack Obama hat mit seiner Politik der Destabilisierung, mit Bombenangriffen und anderen Militäreinsätzen in Libyen, Syrien, der Ukraine und in weiteren Ländern an der Peripherie oder in der Nachbarschaft Europas Millionen Menschen zu Flüchtlingen gemacht, die alle nach Europa wollen. Damit hat Obama Öl in die von Rechtsextremisten und Ausländerfeinden (in Flüchtlingsunterkünften) gelegten Feuer gegossen und in ganz Europa bis in den hohen Norden Unruhe gestiftet.

Am 3. August 2015 hat der Journalist Shamus Cooke im "Off-Guardian" einen Artikel mit der Überschrift "Obamas 'Flugüberwachungszone soll Syrien in ein neues Libyen verwandeln" veröffentlicht. Darin berichtet er, Obama habe der Türkei jetzt US-Luftunterstützung für eine von ihr gewünschte, aber allein nicht durchsetzbare Flugverbotszone über Syrien zugesagt.

Ob es Plan der ultra-radikalen Rechten in den USA ist, Europa zu destabilisieren, muss der Bundesnachrichtendienst gründlich und scharfsinnig nachforschen, damit die Politik der Bundesrepublik nicht weiter an Illusionen gegenüber dem großen "Partner" klebt, sondern angemessene Maßnahmen dem US-Gegner gegenüber ergreift. In dieser perfiden Konstellation agieren die Ultra-Rechten Ungarns als Teil dieser feindseligen Maschinerie gegen Deutschland.

Das Flüchtlingsproblem ist ein europäisches und US-amerikanisches Problem, weil sein Ursprung in dem US-amerikanischen Interventionismus in den Herkunftsländern der Flüchtlinge liegt. Die Obama-Regierung ist deshalb verpflichtet, Hilfe zu leisten. Gemäß der US-Größe und Macht sollte sie mindestens zwei Drittel der Menschen aufnehmen, die sie entwurzelt hat. Zu aller erst müsste die Obama-Regierung ihre Beziehungen mit den betroffenen Regierungen im Nahen Osten normalisieren, die ungerechten unmenschlichen Sanktionen gegen Syrien und Iran aufheben und den notwendigen Aufbau anfangen. Auf diese Weise wird es ermöglicht, dass Syrer wieder in ihrer Heimat zurückkehren mit einer Lebensperspektive von Würde, Stabilität, Frieden und Arbeit.

Leider haben wir es mit einer irrationalen, unzuverlässigen Obama-Regierung zu tun, deren Hybris durch ihr ergebene Medien publik ist. Nicht einmal Obamas angebliches Vorhaben von normalen diplomatischen Beziehungen mit Kuba hat sich in konsequenten Taten verwirklicht. Washington öffnete seine Botschaft in Havanna vor einem Monat und der US-Außenminister Kerry nutzte die Gelegenheit, um vor der internationalen Presse zu erscheinen. Allerdings sprach er kein Wort darüber, ob die USA ihre feindselige Politik gegenüber Kuba aufgeben würden, kein Wort über ein Ende von Boykott und Sanktionen gegen Kuba. Die feindseligen Maßnahmen gehen munter weiter.

Diese Perfidie der US-amerikanischen "Diplomatie" hat der alte erfahrene Staatsmann Fidel Castro längst durchschaut und entsprechend reagiert. Fidel Castro würdigte mit keinem Wort den Besuch von US-Außenminister Kerry zur Einweihung der US-Botschaft in Havanna. Er hatte auch keine Zeit übrig für den US-Amerikaner: "Ich traue den Amerikanern nicht und habe kein Wort mit ihnen gewechselt," sagte Fidel klipp und klar. Das ist die angemessene realistische Reaktion eines soliden Staatschefs gegenüber einem perfiden Politiker und Lügner, der sich anmaßt hinter "diplomatischer" Fassade den Boykott gegen die kubanische Insel weiter zu betreiben. Vollkommen zu Recht erneuerte auch Fidel Castro die Forderung Kubas nach Reparationen wegen des seit 1961 geltenden Embargos. Genauso schulden die USA Reparationen an die Länder, die sie bekriegt und vernichtet haben: Irak, Syrien, Libyen, Serbien unter anderen. Die Verantwortungsträger der EU sollten endlich anfangen, sich hinsichtlich der Aggressionen des US-Gegners zu wehren. Dazu sind die rechtlichen Institutionen da.

Die in Syrien akkreditierte deutsche Journalistin Karin Leukefeld berichtet:

Der syrische Parlamentspräsident Mohammed Dschihad Al-Laham wirbt für eine engere Zusammenarbeit nationaler Parlamente und Parlamentsauschüsse für den Frieden. Auf der vierten Weltkonferenz der Parlamentsprecher am Sitz der Vereinten Nationen in New York sagte Laham am 1. September, die Abgeordneten sollten aktiver gegen Krieg und ausländische Einmischung in die internen Angelegenheiten von Staaten vorgehen. ... Laham verwies darauf, dass Syrien immer wieder innersyrische Initiativen zur Beilegung von Konflikten und Kampfhandlungen gestartet habe, während Nachbarstaaten wie die Türkei und Saudi-Arabien "den Terrorismus" in seinem Land unterstützten. ... Die parlamentarische Diplomatie müsse angesichts (der Gewalt-Entwicklung) mehr Gewicht bekommen, um Konflikte durch politischen Dialog, Verhandlungen und den Respekt vor dem Völkerrecht zu lösen. ... der Besuch von Parlamentarierdelegationen aus Europa in Syrien sei wichtig und willkommen. Mit den EU-Sanktionen werde darauf abgezielt, den Austausch zu blockieren, doch sei jeder Abgeordnete frei, eine Einladung nach Damaskus anzunehmen, um sich selbst ein Bild von der Lage zu machen. ... Syrien sei bekannt als ein säkulares Land, dessen Muslime stets in guter Nachbarschaft mit allen anderen Religionsgruppen gelebt hätten. Das Anheizen des Krieges in Syrien stärke die radikalen Kräfte, was auch nicht im Interesse Europas sein könne. Die Europäische Union sei sich offenbar nicht über die Gefahren im klaren, die von einem politischen und dogmatischen Islam ausgingen, wie ihn die Wahabiten Saudi-Arabiens oder andere islamische Parteien auch in Europa propagierten.

Syrische Abgeordnete waren in den vergangenen Jahren wiederholt von der Teilnahme an der Interparlamentarischen Versammlungen ausgeschlossen worden, weil die Staaten, in denen die Treffen stattfanden, sich der US-amerikanischen und europäischen Sanktionspolitik gegen Damaskus angeschlossen hatten.
("Einladung nach Damaskus: Parlamentarier sollen sich eigenes Bild machen" von Karin Leukefeld, Junge Welt, 5.9.2015)

Der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, sollte bereit sein, diese Einladung nach Damaskus anzunehmen. Damit würde er eine konstruktive Diplomatie für den Frieden in Syrien auslösen und könnte sich wirksam für ein Ende von Leid und Schrecken der syrischen Menschen zusammen mit der syrischen Regierung engagieren. Der deutsche Außenminister Walter Steinmeier sollte auch unverzüglich nach Damaskus reisen, um mit dem Wahn gegen den syrischen Präsidenten definitiv zu brechen.

Die US-Regierung Obama treibt ihre Perfidie jetzt auf die Spitze, indem sie unter der Tarnung, IS-Stellen treffen zu wollen, verdeckte Luft-Angriffe auf Syrien fliegen lässt. Den US-Interessen ergebene Journalisten wie Paul Anton Krüger und Julian Hans entlarven selbst die lügnerische US-Haltung. Großmäulig wendet sich Obama gegen den IS-Terror, aber wenn Russlands Präsident Wladimir Putin eine kongruente gemeinsame arabische Initiative gegen den IS-Terror, Syrien eingeschlossen, tatsächlich lanciert, ist der IS-Terror für Obama kein Problem mehr, sondern Russland, das in Syrien eingreift! Das lässt jedenfalls die Süddeutsche Zeitung durchblicken. Diese mediale Verdrehung, die auf US-Kommando agiert, ist die perfide Zuspitzung der US-Politik Obamas, der nicht mehr imstande ist, sich von seiner Hybris zu entfesseln. Es bleibt ihm nur die Desinformation der Medien. Nur kann dieses perfide mediale Spiel höchstens bei oberflächlichen Lesern verfangen, zu krass widersprüchlich ist die Sache. Einer der reaktionärsten Diktatoren im Nahen Osten, König Salman aus Saudi Arabien ist am Freitag 4.9 zu seinem Antrittsbesuch in die USA gekommen und von Präsident Barack Obama mit Pomp im Weißen Haus empfangen worden:

Bei dem Treffen sollte es unter anderem um den Krieg gegen Syrien gehen. Riad und Washington sind dafür maßgeblich verantwortlich. Die saudischen Öl-Milliardäre finanzieren islamistische Gruppen, die Syriens Bevölkerung terrorisieren und auf einen Sturz von Präsident Baschar Al-Assad abzielen. Das Weiße Haus teilt das Kriegsziel. ... Auch für seine brutale Kriegführung im Jemen hat Saudi-Arabien freie Hand.... Die Hälfte der Bevölkerung Jemens leidet infolge der Militärintervention mittlerweile an Hunger. Washington gibt den Partnern am Golf Rückendeckung.

Russland ist derweil bemüht, eine internationale Koalition im Kampf gegen den IS zu schmieden. ... Notwendig sei, dass auch die syrische Armee an dem Bündnis beteiligt wird. Das sagte Präsident Wladimir Putin am 4.9.2015 bei einem Wirtschaftsforum in Wladiwostok. Dies lehnen die NATO-Staaten und deren Alliierten am Golf sowie die von diesen ausgehaltene syrische Exilopposition weiter ab.
("Syrien-Krieger im Weißen Haus" von Rüdiger Göbel, Junge Welt, 5.9.2015)

Flüchtlingspolitik beginnt mit Außenpolitik erkennt Stefan Kornelius richtig. Zur europäischen Außenpolitik gehört, den Interventions-Krieg als Ursache für das Flüchtlingsproblem endlich zu erkennen und zu stigmatisieren. Das haben Kornelius wie andere Journalisten und Redakteure endlich auf die Tagesordnung zu bringen.

Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait