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4. Mai 2010 - Luz Maria de Stefano de Lenkait:

Offener Brief an 

Kerstin Müller, MdB, Sprecherin der Grünen für Außenpolitik und
Omid Nouripour, MdB, sicherheitspolitischer Sprecher der Grünen

anlässlich des Iran-Atomkonfilkts

Die von dem hebräischen Staat seit vielen Jahren praktizierte aggressive und provokative Politik der „Judifizierung“ der heiligen islamischen Orte, geht weiter und nichts scheint sie zu stoppen. Beherrscht von der religiösen extremen Rechten bezweckt die Regierung Netanjahu jede Idee eines palästinensischen Staates zu annullieren und stattdessen „das große Israel“ weiter zu bauen. Palästina untersteht weiter einer unhaltbaren Okkupation, um nicht Gaza zu erwähnen, das an einer inhumanen infamen Isolierung zugrunde geht, eine Isolierung, die es einer humanitären Katastrophe von Tag zu Tag näher bringt. Selbst der UNO-Generalsekretär Ban Ki-Moon hat sich während seines Besuchs am 21.3.2010 darüber erschüttert geäußert.

Es ist die Stunde gekommen, die Mohammedaner der ganzen Welt zu mobilisieren, insbesondere die im Westen, die friedlich aber bestimmt dieses skandalöse absolut inakzeptable Verhalten anklagen und verurteilen können. Diese neue Apartheid im 21. Jahrhundert und die wiederholten Verletzungen des internationalen Rechts. Es ist kein religiöser Konflikt. Es ist von Anfang an eine willkürliche Kolonisierung: Ost-Jerusalem und alle anderen palästinensischen Territorien sind seit 1967 von Israel illegal besetzt. Der US-Präsident Barack Obama ist entschlossen den Nahost-Konflikt auf den Weg eines stabilen und gerechten Frieden zu führen. Seine Beharrlichkeit ist bewundernswert. Die hochmütige Sturheit der Netanjahu-Regierung ist nicht mehr zu dulden. Hier ist das Weiße Haus an einen blinden Punkt angekommen, wo ernsthafter wirksamer Druck längst fällig und auszuüben ist. Sonst haben alle Bemühungen des Vermittlers George Mitchell keinen Sinn. Die gescheiterte jüngste Reise des Vizepräsidenten Joe Biden ist ein weiterer eklatanter Beweis der inakzeptablen Sturheit Netanjahus. Realistisch und zutreffend bewertet Peter Münch die Gefährlichkeit der anhaltenden labilen Krisensituation im Nahen-Osten mit verheerenden Konsequenzen für die ganze Region. 

Zwischen Obama und Netanjahu gibt es gegensätzliche politische Orientierungen. Der Unterschied zwischen beiden Staatsmännern ist sowohl persönlich als auch politisch. Die Spannungen in dieser Region nehmen gefährlich zu. Die meisten Beobachter und Diplomaten haben Israel desavouiert und sehen seine Verschlossenheit als zynische Farce an. Die ganze Welt ist vor der manifestierten Schwäche der USA erschrocken. Das Ansehen der USA ist dadurch wieder beschädigt worden, als der US-Präsident den Eindruck erweckt, nicht fähig zu sein, den israelischen Extremisten die Stirn zu bieten. Nicht nur die Palästinenser, sondern auch die gesamte arabische und islamische Welt sind dadurch schockiert und enttäuscht. Netanjahu gibt jedoch mit seiner Stärke an. Er hat seine zahlreichen Unterstützer in den USA mobilisiert: Pro-israelische Lobbies, Think-Tanks, populäre Zeitungen und selbst Mitglieder im Kongress, um die größten politischen Zielen des amerikanischen Präsidenten anzugreifen: Die Gesundheitsreform, die Zwei-Staaten-Lösung, um den israelisch-palästinensischen Konflikt zu lösen, sein Vorhaben, sich an dem Iran anzunähern und die Versöhnung mit der arabischen und islamischen Welt. So hat Netanjahu immer wieder versucht, die Welt für einen Kreuzzug gegen den Iran zu bewegen. 

Jedoch ist Israel mit seinem verhängnisvollen Versuch, den Iran zu isolieren, absolut gescheitert. Im UN-Sicherheitsrat sind zur Zeit bis mindestens Ende des Jahres folgende Staaten als nicht-ständige Mitglieder vertreten: Bosnien-Herzegowina, Brasilien, Gabun, Japan, Libanon, Mexiko, Nigeria, Österreich, Türkei und Uganda. Libanon führt derzeit im Mai den monatlich wechselnden Ratsvorsitz. Die Türkei, Libanon und Brasilien haben sich bisher deutlich gegen neue Sanktionen und gegen die Isolierung des Iran ausgesprochen. Israels Plan zur Isolierung Teherans hat wenig Aussicht auf Erfolg trotz der gigantischen westlichen Medienpropaganda. Genauso wie Syriens Außenminister erkennt auch der Rest der Welt darin die "gleiche Verleumdungskampagne" der USA wie vor dem Irak-Krieg. Russland und China sind auch nicht an Sanktionen interessiert. Der ägyptische Botschafter bei den Vereinten Nationen erklärte, eine Lösung des Iran-Problems hinge „zu einem großen Teil von der Errichtung einer atomwaffenfreien Zone im gesamten Mittleren Osten ab“, womit die Einbeziehung der Nuklearmacht Israel gefordert wird. 

Dem US-Präsidenten Barack Obama ist es gelungen, seine Gesundheitsreform erfolgreich durchzusetzen und ein Abrüstungsabkommen mit dem russischen Präsidenten Dmitri Medwedew auch erfolgreich abzuschließen. 

Die Ablehnung des israelischen Ministerpräsident Netanjahu, sich aus den besetzten Gebieten zurückzuziehen, verschärft natürlich die gegenwärtige Kontroverse mit Washington weiter, denn US-Präsident Obama beharrt auf einem solchen Schritt. Der israelische Verteidigungsminister, Ehud Barak, manifestierte sich besorgt darüber: „Die Entfremdung vom engsten Verbündeten USA ist nicht gut für Israel.“ Es handelt sich diesmal nicht darum, Friedensaktivitäten vorzutäuschen. In den Beziehungen beider Länder kündigt sich ein Paradigmenwechsel an. Sogar die Neokonservativen in Washington drängen die Netanjahu-Regierung zu echten ernsthaften Kompromissen. Der ehemalige US-Botschafter in Israel, Martin Indyk, der zuvor eine Führungsposition in AIPAC, der mächtigsten zionistischen Lobby-Organisation in Washington innehatte, äußerte sich vor kurz öffentlich: „die Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts ist für die USA zu einem strategischen Imperativ geworden“. (New York Times in der dritten Woche April.) Unter Berücksichtigung der „israelischen Abhängigkeit von den USA“ sei es daher „die Aufgabe des israelischen Ministerpräsidenten, die wachsende Kluft zu überbrücken. Leider scheint es „als ob in Jerusalem noch keiner die veränderte amerikanische Wahrnehmung bemerkt“ habe. Derselbe ehemalige US-Botschafter in Israel, Martin Indyk, warnte Israel, im israelischen Armeerundfunk am 20.4.2010, dass falls es glaube, selbst eine Supermacht zu sein und keine amerikanische Hilfe zu brauchen, es dann weiter seine eigenen Entscheidungen treffen könne. „Wenn ihr aber die USA braucht, dann müsst ihr auch die amerikanischen Interessen berücksichtigen.“ Der US-Diplomat trifft den Nagel auf den Kopf. 

Der Chef des gesamten Zentralkommandos der US-Streitkräfte für den „Größeren Mittleren Osten“, General David Petraeus, hatte Mitte April seiner Regierung eine eindeutige Botschaft übermittelt durch seinen Bericht an den Kongressausschuss für die Streitkräfte. Darin stellt er fest, dass der israelisch-palästinensische Konflikt die größte „Wurzel der Instabilität“ in der Region sei. Diese Erklärung einer der obersten Kommandeure der USA, nachdem der anhaltende israelisch-palästinensische Konflikt alle Bemühungen zur Durchsetzung der US-Kerninteressen im „größeren Mittleren Osten“ konterkariert, schlug in der amerikanischen Öffentlichkeit ein wie ein Blitz. Die Nationale Sicherheit ist oberste Priorität für die US-Gesellschaft und zu dieser Priorität ist die Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts erhoben worden. Washington sollte letztendlich die einseitige Unterstützung für die israelische Regierung aufgeben und Jerusalem eine Friedenslösung aufzwingen. 

Publizisten meinen, die meisten Sympathisanten der israelischen Regierung in den USA werden nichts tun, weil sie sich nicht dem Verdacht aussetzen wollten, die Sicherheit der USA in Gefahr zu bringen. Deshalb sei auch General Petraeus noch nicht von der israelischen Lobbyisten angegriffen worden. Andere, wie der US-Diplomat Indyk, unterstützen sogar öffentlich die Sicht des Generals. Man fragt sich allerdings, ob diese Unterstützung echt oder nur eine Taktik ist, um sich nicht dem Verdacht der Illoyalität auszusetzen, dass ihnen (den Lobbyisten) die Sicherheit Israels wichtiger ist als die der USA. 

In Washington hört man, Obama würde bevorzugen, der israelische Premier könne zum Rücktritt animiert werden oder mindestens dazu, seine Koalition anders zusammenzusetzen, so dass er sich von der extremen Rechten trennt und die mäßigere Partei Kadima von Tzipi Livni einzieht. In den Vereinigten Staaten und noch mehr in Europa hat die Ungeduld zugenommen angesichts der Brutalität Israels, seiner Verachtung des Menschenlebens, angesichts seiner Sperrung des Gaza-Streifens, seiner Morde an politischen Gegnern und seine ständige territoriale Expansion in Palästina. Für viele internationale westliche Beobachter scheinen die ultraorthodoxen israelischen Fanatiker allmählich so gefährlich für ihre Interessen im Nahen Osten wie die radikalen Islamisten der arabischen Welt. Aber niemand, weder in Israel noch im Westen, ist bisher gegen diese israelischen Extremisten vorgegangen, trotz ihrer Gewalttätigkeit. Weil sie in der Tat ein integrativer Teil der Regierung Benjamin Netanjahus sind. 

Die sogenannte unentbehrliche Verbindung zwischen Israel und den Vereinigten Staaten wurde erneut im Aipac-Kongress (Israels Public Affairs Committee) glorifiziert. Infolgedessen wird der amerikanische Einfluss auf die arabische Welt geschwächt. Die arabischen Staatschefs werden jetzt dafür aktiv, ihre Allianzen mit anderen Staaten zu vermehren, wie die Teheraner Abrüstungskonferenz am 17.-18. April zeigte, wo 60 Länder repräsentiert waren, unter ihnen Regierungsvertreter aus Irak, Libanon, Syrien, der Türkei und Saudi-Arabien. Die Integration Irans in die reale Weltgemeinschaft ist vor allem deutlich in der Stellungnahme der bündnisfreien Staatengruppe (Non-Aligned Members NAM), die aus 118 Staaten besteht, die überwältigende Mehrheit der 192 Mitglieder der Vereinten Nationen. Diese bündnisfreien Staaten unterstützen Irans Recht auf friedliche Nutzung der Atomenergie, fordern eine Konfliktlösung mit friedlichen Mitteln und treten für eine atomwaffenfreie Zone im gesamten Nahen Osten ein. Einzige Nuklearmacht der Region ist Israel.

Die Welt wartet jetzt, um zu sehen, ob der US-Präsident Obama verstärkt bereit ist, zu kämpfen. Der Frieden im Nahen-Osten, lebenswichtig für die industrialisierten Länder, muss auf die eine oder andere Weise durchgesetzt werden. In dieser Hinsicht bedeuten die nächsten drei Jahre die größte internationale Herausforderung für Barack Obama. 

Luz María De Stéfano de Lenkait